Ex-EU-Abgeordnete wegen Betrugs und Untreue nicht rechtskräftig verurteilt.
Die frühere Grazer Rechtsanwältin und ehemalige EU-Abgeordnete Hella Ranner (ÖVP) ist am Donnerstag im Grazer Straflandesgericht von einem Schöffensenat wegen schweren Betrugs und Untreue für schuldig befunden worden. Die Strafe lautete auf zweieinhalb Jahre unbedingte Haft. Ranner meldete sofort Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an, das Urteil ist nicht rechtskräftig.
EU-Abgeordnete für ÖVP
Hella Ranner (63) war von 2009 bis 2011 EU-Abgeordnete (ÖVP). Zuvor arbeitete sie ab 2004 für die Anwaltskanzlei Saxinger, Chalupsky & Partner (SCWP) und betreute den Grazer Standort des oberösterreichischen Unternehmens. In diesem Zusammenhang soll sie ungerechtfertigterweise Honorare einbehalten haben. Staatsanwältin Carolin Weißenbacher sprach von 35 Fällen und erweiterte die Schadensumme am letzten Verhandlungstag auf 414.533 Euro. Vor ihrer Tätigkeit für SCWP war Ranner bereits durch ihre Beteiligung an der Sanierungsfirma Revita in die Pleite geschlittert. Sie soll außerdem ein Privatdarlehen in der Höhe von zweimal 50.000 Euro, das sie 2008 und 2009 bekommen hat, nie zurückbezahlt haben.
Beim Prozess ging es vor allem immer wieder um die Frage, ob die Ex-Anwältin trotz ihrer Anstellung bei der oberösterreichischen Kanzlei noch weiterhin eigene Klienten hätte haben dürfen und ob sie sich ungerechtfertigt Geld auf ihr Privatkonto überwiesen hat. Ranner erklärte sich in allen Punkten für nicht schuldig und betonte, sie habe die mündliche Erlaubnis zur Fortführung eigener Geschäfte gehabt.
Die Sachverständige Claudia Pertl hatte zur Erstellung des Gutachtens nur die Unterlagen von SCPP verwendet, daher konnte sie die Honorare auch nicht einzelnen Klienten zuordnen, da sie nur die Rechnungsnummern, aber keine Namen hatte. Unterlagen von Hella Ranner waren in die Expertise nicht eingeflossen. Die Höhe der Zahlungen ohne Rechnung "für private Befindlichkeiten" belief sich auf rund 87.000 Euro. Diesen Betrag hatte Ranner von 2004 bis 2009 entnommen.
Die Verteidigung führte unter anderem an, dass bei den Berechnungen die Gewinnbeteiligung nicht berücksichtigt worden ist. Es wurden keine Honorarnoten angefordert und überprüft, sondern nur das Erlöscontrolling als Basis hergenommen. Der Verteidiger beantragte eine Vertagung, um einen Privatgutachter zuziehen zu können, doch der Richter lehnte dies ab.
Schwerer Betrug
Der Schöffensenat (Vorsitz: Karl Buchgraber) befand die Angeklagte des schweren Betrugs und der Untreue für schuldig und verurteilte die 63-Jährige zu zweieinhalb Jahren unbedingter Haft. Sie meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an, die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.