Laut Zeugen
Priklopil wollte Natascha heiraten
04.08.2010
Vernehmungsprotokolle des Priklopil-Freundes gewähren tiefe Einblicke.
Knalleffekt im Fall Kampusch: Ihr Entführer Wolfgang Priklopil hatte Natascha heiraten wollen. Das geht aus Vernehmungsprotokollen von Priklopil-Freund Ernst H. hervor, aus denen das Magazin News Passagen veröffentlichte.
Nach den Schilderungen von H. vergötterte Priklopil Natascha, die er „Bibi“ genannt haben soll. Um ihre „Beziehung“ zu legalisieren, plante er, Kampusch als tschechische Einwanderin auszugeben.
Natascha mit getürkter Identität zur Ehefrau
Er wollte
ihr falsche Papiere besorgen und sie in der Wohnung einer Verwandten
unterbringen. „Und wenn sie dann in Österreich unter einer getürkten
Identität einige Zeit registriert gewesen wäre, hätte er sie ganz offiziell
heiraten wollen“, so H. in den Vernehmungsprotokollen.
Wolfgang Priklopil hatte nach Nataschas Flucht einige Stunden mit Ernst H. verbracht, bevor er sich vor einen Zug geworfen hat. Stundenlang fuhren die beiden Männer in einem Pkw durch die Stadt.
Glaubt man den Protokollen, hat Priklopil seinem Freund und Geschäftspartner eine Art Lebensbeichte abgelegt. So erklärte er, Natascha deshalb entführt zu haben, weil er selbst nie eine Freundin hatte. Als Grund für sein Versagen sah er seine „krumme Nase“. Von Jugend an habe er an extremen Minderwertigkeitskomplexen gelitten.
Laut News überlegte Priklopil sogar, eine Schönheitsoperation vornehmen zu lassen. Da ihm diese aber keine Frau garantierte, entschied er sich, „diese Ausgaben in den Bau eines Bunkers zu investieren“, so H. in den Protokollen.
H. erklärt auch, warum Priklopil gerade Kampusch entführte. Das Opfer musste „unberührt“ sein, deswegen musste es ein Kind sein. Lange habe er „gefahndet“, dann sei ihm Natascha aufgefallen. Ihr Typ habe ihm extrem gut gefallen. Weil er dachte, „dass sie später einmal so ausschauen könnte, wie er sich seine Wunschgefährtin vorstellt“.
H. berichtet in den Protokollen auch, dass Priklopil ihm Anweisungen für seinen möglichen plötzlichen Tod gegeben habe. Er sollte in diesem Fall in den Tresor im Keller schauen. Laut H. gab Priklopil an, dort Akten zu bewahren. In Wahrheit wollte Priklopil, dass H. „Bibi“ dort findet, wenn ihm etwas passiert.
H. muss sich jetzt vor Gericht verantworten
Ernst H. steht am 30.
August wegen Begünstigung vor Gericht. Er hatte während der Lebensbeichte
sein Mobiltelefon ausgeschaltet, obwohl er von der Fahndung nach Priklopil
wusste. H.s Anwalt Manfred Ainedter weist die Vorwürfe zurück: „Der
Tatbestand der Begünstigung ist weder objektiv noch subjektiv erfüllt. Mein
Mandant wollte Priklopil nicht der Polizei entziehen, sonst hätte er ihn ja
nicht mitten auf der Straße aussteigen lassen“, meinte Ainedter bei
Bekanntwerden der Anklage.
ÜBER Eine Heirat: „Er vergötterte Bibi (Kampusch, Anm.), und er dachte, dass sie ihn auch liebte. Sein Vorhaben war also, die Beziehung zu legalisieren. Wenn sie unter getürkter Identität einige Zeit registriert gewesen wäre, hätte er sie ganz offiziell heiraten wollen.“ ÜBER seine Komplexe: „Wolfi hat mir erzählt, dass er schon von Jugend an sehr unglücklich gewesen ist, weil er es nie schaffte, eine Frau dazu zu bringen, sich in ihn zu verlieben. (…) Der Grund für dieses Versagen: seine krumme Nase. Er begann darüber nachzudenken, sich bei einer Schönheits-OP unters Messer zu legen.“ ÜBER den Bau des Bunkers: „Nach Abwägung des Für und Wider ist Wolfi schlussendlich zu der Ansicht gelangt, dass es aus Kostengründen (…) vermutlich besser wäre, diese Ausgaben in den Bau eines Bunkers zu investieren. Und ein weibliches Wesen zu entführen …“ |