Interview

"Schade, wenn man auf Schüssel verzichtet ..."

07.12.2006

Außenministerin Ursula Plassnik spricht sich im ÖSTERREICH-Interview für einen Verbleib des ÖVP-Chefs in der Regierung aus.

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ÖSTERREICH: Wolfgang Schüssel steht vor der Entscheidung über seine politische Zukunft. Was würden Sie als seine wichtigste Mitarbeiterin raten?
PLASSNIK: Ich rate nichts. Aber ich habe eine Meinung - und die heißt: Es wäre schade, wenn man auf die politische Erfahrung und den politischen Weitblick von Wolfgang Schüssel verzichten würde.

ÖSTERREICH: Darf man das so interpretieren, dass Sie sich für einen Verbleib von Wolfgang Schüssel in der Regierung einsetzen?
PLASSNIK: Das kann jeder interpretieren, wie er will. Aber es ist doch einleuchtend: Wolfgang Schüssel hat für dieses Land Großes geleistet. Es wäre klug, wenn man die politische Erfahrung und den politischen Weitblick von Wolfgang Schüssel auch in Zukunft nützen würde - in welcher Form auch immer.

ÖSTERREICH: Halten Sie es für denkbar, dass nach diesem knappen Wahlergebnis ein Vizekanzler Schüssel sozusagen auf Augenhöhe mit einem Kanzler Gusenbauer regiert?
PLASSNIK: Faktum ist, dass SPÖ und ÖVP nur durch einen Prozentpunkt getrennt sind. Das ist keine Interpretationsfrage. Die Frage nach dem Vizekanzler beantworte ich nicht. Es gibt in der ÖVP Gott sei Dank mehrere kompetente Kandidaten. Ich sage nur: Es wäre schade, wenn man in dieser Situation auf Wolfgang Schüssel, auf seine Erfahrung, auf seinen Weitblick verzichten würde. Das wäre schade.

ÖSTERREICH: Man hat derzeit das Gefühl, die Koalitionsverhandlungen stocken.
PLASSNIK: Ich würde nicht sagen, dass sie stocken - aber wir könnten um einiges rascher verhandeln.

ÖSTERREICH: Sie meinen, es könnte schneller gehen?
PLASSNIK: Frühere Regierungsverhandlungen, an denen ich teilgenommen habe, sind intensiver abgelaufen. Für mein Gefühl sind die Koalitionsverhandlungen, die die SPÖ derzeit führt, nicht intensiv genug. Bei früheren Verhandlungen haben wir drei-, viermal pro Woche verhandelt - mit Open End. Jetzt trifft man sich einmal pro Woche - und dann fliegt der SPÖ-Vorsitzende nach zwei Stunden nach Portugal.

ÖSTERREICH: Sie meinen, die SPÖ verhandelt zu wenig ernsthaft?
PLASSNIK: Alfred Gusenbauer will und soll eine Regierung bilden. Er muss wissen, wie er diesem Auftrag nachkommt. Wenn man ein Ergebnis haben will, dann muss man sich darum intensiv bemühen. Dazu gehören viele Faktoren: Dass man intensiver verhandelt als derzeit. Dass man sich bewusst für ein positives Klima einsetzt. Dass man wirklich große Projekte angeht - und nicht nur unfinanzierbare „Wünsch Dir was“-Ideen hat. Und dass man rechtzeitig die Finanzierbarkeit aller Vorschläge klärt.

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