Heftige Kritik an der Vollstreckung des Todesurteils an Saddam Hussein übt der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (BZÖ).
Dass die Exekution auch noch gefilmt worden sei, bezeichnete Haider als "makabre Provokation der gesamten arabischen Welt".
Dies werde weitere Terroranschläge, Gewalt und Instabilität auslösen, befürchtet Haider, der noch am Freitag appelliert hatte, das Todesurteil nicht zu vollstrecken. Mit dieser Hinrichtung stelle sich George Bush auf eine Stufe mit diktatorischen Regimes, attackierte der Landeshauptmann neuerlich den US-Präsidenten, den er am Freitag als "Kriegsverbrecher" bezeichnet hatte.
Haider war im Jahr 2002 insgesamt drei Mal in den Irak gereist und zwei Mal von Saddam Hussein empfangen worden.
Sorgen um Diktator vor dessen Tod
Vor Saddams Tod machte sich
Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider Sorgen um den Diktator. Haider, der
Saddam besuchte, als dieser noch in Amt und Würden war, plädierte für eine
Aufhebung des Todesurteiles. "So erschafft man nur einen Märtyrer",
sagt er im ÖSTERREICH-Interview.
Das komplette Gespräch im Wortlaut:
ÖSTERREICH: Was sagen Sie zur bevorstehenden Hinrichtung
Saddams?
JÖRG HAIDER: Ich appelliere an die besonnenen
Kräfte Europas, sich massiv dafür einzusetzen, dass dieses sinnlose Urteil
nicht vollstreckt wird. Saddam Hussein sollte die Möglichkeit erhalten, in
irgendeiner Ecke der Welt Asyl zu finden.
ÖSTERREICH: Eine humanitäre Geste?
HAIDER: Nein,
ein Akt der Vernunft. Diese Hinrichtung nützt keinem. Nur dem Bush-Regime,
das mit einem Menschenopfer einen sinnlosen Angriffskrieg, das es längst
verloren hat, rechtfertigen will. Der Tod Saddams würde nur einen verehrten
und gefeierten Märtyrer für den gesamten arabischen Raum schaffen und dafür
sorgen, dass seine Ära im Irak verklärt gesehen wird.
ÖSTERREICH: Zur Verklärung besteht kein Anlass ...
HAIDER:
Es hat sich immerhin herausgestellt, dass er ein stabilisierender Faktor
in dieser Region war und jenen Bürgerkrieg verhindert hat, der im Irak tobt
und Tausenden Menschen das Leben kostet ...
ÖSTERREICH: Er war ein blutiger Diktator und Völkermörder ...
HAIDER:
Das sind doch in dieser Region nur graduelle Unterschiede. Auch bei den
Freunden der Amerikaner, den Saudis, gibt es täglich Hinrichtungen, werden
Frauen gesteinigt. Ich bleibe dabei: Er war ein Garant der Stabilität. Die
wahren Kriegsverbrecher sind US-Präsident Bush und Ex-Außenminister
Rumsfeld. Sie haben einen Angriffskrieg gegen ein friedliches Land geführt,
gemordet, gefoltert, Frauen vergewaltigt und ein Land ins Chaos gestürzt.
Wenn die Zuständigen in der UNO nur einigermaßen konsequent sind, gehören
diese beiden vor ein Kriegsverbrecher-Tribunal und verurteilt. Bush ist ein
Verbrecher, ein dummer noch dazu.
ÖSTERREICH: Halten Sie das für realistisch?
HAIDER: Warum
nicht? Das Umdenken beim amerikanischen Volk und die neuen Verhältnisse im
Kongress könnten dazu führen, dass die Verantwortlichen angeklagt werden.
ÖSTERREICH: Soll sich auch Österreich dafür einsetzen, Saddam
zu begnadigen?
HAIDER: Natürlich sollte sich Österreich nicht
verschweigen. Ich mache mir aber keine Illusionen darüber, dass
Außenministerin Plassnik bei der USA-Hörigkeit der ÖVP den Mut dazu
aufbringen wird. Feigheit geht oft vor Mut bei uns.
ÖSTERREICH: Wo soll Saddam unterkommen. In Österreich?
HAIDER:
Ich glaube nicht, dass es ihn hierher zieht. Er hat ja ausreichend
Freunde im arabischen Raum.