Rio de Janeiro

"Carnavalescos" trotzen der Finanzkrise

20.02.2009

Kreativität statt Pomp. Geldnot auch in den Sambaschulen und weniger Gäste erwartet.

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Geldnot in den Sambaschulen, weniger Gäste aus dem Ausland und Sparprogramme der Kommunen - die Finanzkrise macht auch vor dem legendären brasilianischen Karneval nicht Halt. Doch die "Carnavalescos" sind entschlossen, der Flaute zu trotzen und sich die Party nicht verderben zu lassen. "Der Karneval in Brasilien mit Sonne, Stränden, Samba und Mädchen wird strahlen, ob mit oder ohne Krise", sagt Cagiza Acides Paixao, der im Sambadrom von Rio de Janeiro ein Lokal betreibt.

Weniger Urlauber erwartet
In diesem Jahr erwartet die Tourismusbehörde bei den rauschenden Paraden deutlich weniger Ausländer als in den Jahren zuvor. Ihr Anteil soll vermutlich von 50 Prozent auf etwa 30 Prozent sinken. "Dieses Jahr kommen viel weniger Gringos, und diejenigen, die kommen, werden weniger Geld ausgeben", meint auch Paixao. Im Gegenzug werden aber mehr Besucher aus dem Inland erwartet, so dass die Gesamteinnahmen sogar leicht steigen könnten - die Stadt Rio hofft auf 521 Millionen Dollar nach 510 Millionen Dollar 2008.

Seit Wochen beherrschen düstere Schlagzeilen die brasilianischen Zeitungen: Berühmte Sambaschulen haben kein Geld, um ihre Paraden für die Umzüge fertigzustellen. Mehrere kleinere Städte im Landesinneren haben ihre Karnevalfeiern ganz abgesagt.

Sambaschulen sparen
Die Sambaschulen hatten in diesem Jahr große Probleme, Sponsoren zu finden, um ihre im Durchschnitt 2,5 Millionen Dollar teuren Shows zu finanzieren, wie Cahe Rodrigues von der berühmten Gruppe Grande Rio sagt. "Das wird ein Jahr der Kreativität, denn die Künstler müssen ihre Anstrengungen verdoppeln, um ins Rennen um die Meisterschaft gehen zu können," erklärt Rodrigues. Zu seiner Show gehören in diesem Jahr mehrere hundert Trommler und eine 30 Meter hohe Nachbildung des Moulin Rouge. "Dieses Jahr zwingt die Carnavalescos dazu, ihre Fantasie einzusetzen."

Einige der besten Schulen griffen Berichten zufolge in diesem Jahr aus Kostengründen zu einfachem Baumaterial für ihre Motivwagen, anstatt diese wie sonst üblich pompös und verschwenderisch zu schmücken. Die Gruppe Imperio Serrano etwa baute für ihr Motto "Geheimnisse des Meeres" eine riesige Krake aus 5.000 Plastikflaschen.

Thematisch wollen sich die Gruppen diesmal offenbar nicht auf Kontroverses einlassen und feiern unter anderem die Freundschaft zwischen Brasilien und Frankreich. Im vergangen Jahr hatte noch ein Motivwagen zum Thema Holocaust international für Empörung gesorgt.

Besucher lassen sich nicht schrecken
Die Besucher, die zum Teil schon vor Beginn der Feierlichkeiten am Freitag in Rio eintrafen, wollen sich von der Finanzkrise nicht schrecken lassen. "Karneval ist Karneval", sagte die 30-jährige Cristiane Estrello aus dem Süden des Landes. "Keine Krise der Welt kann das Feuer dieser Party auslöschen." Auch Paula Gregorio de las Heras aus Chile, sie habe sich die Reise nach Rio trotz der Krise nicht nehmen lassen: "Man muss sein Leben genießen."

Ausnahmezustand
Und die Carnavelescos sind entschlossen, ihren Zuschauern während des fünftägigen Ausnahmezustands trotz Wirtschaftsflaute etwas zu bieten: Was an Geld fehlt, wollen sie durch Einfallsreichtum wettmachen. "Wenn wir keinen guten Karneval feiern, wird die ganze Welt das sehen und denken, wir hätten unser Feuer verloren", sagt der Sambalehrer Manoel Dionisio. Dass dies nicht der Fall ist, wollen die Schulen auch diesmal wieder mit viel nackter Haut, farbenfrohen Kostümen und feuriger Musik beweisen.

Doch zugleich stellen sich die Geschäftsleute wie Paixao auf einen Rückgang ihrer Einnahmen ein. "Normalerweise verdiene ich in den Monaten vor dem Karneval 3.000 Dollar zusätzlich", sagt er. Das Geld habe er immer für eine Reise nach Angola verwendet, um seine Familie zu besuchen. "In diesem Jahr stelle ich mich darauf ein, dass ich auf die Reise verzichten muss. Die Party hier mag immer noch großartig sein, aber das Geld ist es nicht mehr."

Foto: (c) APA

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