Hochzeitsinsel
Honeymoon in Bagdad
15.10.2008
Luxushotels, Wellnessanlagen, Golfplätze: Irak will mit "Hochzeitsinsel" Luxustouristen locken.
Luxushotels, Wellnessanlagen, Golfplätze - das sind nicht unbedingt die ersten Assoziationen, die mit dem Namen Bagdad verbunden sind. Doch genau diese sollen in der irakischen Hauptstadt entstehen, wenn es nach dem Tourismusverband des Landes geht. Geplant ist eine touristische Nobeladresse: Die "Hochzeitsinsel" mitten im Tigris soll innerhalb der nächsten fünf Jahre für Flitterwöchner und andere Luxustouristen ausgebaut werden. Eine bis drei Milliarden Dollar (730 Millionen bis 2,2 Milliarden Euro) will Verbandschef Hamud el Jakubi für den Bau dieses Komplexes zusammenbringen. Dazu appelliert er an Investoren, ihre Vorbehalte angesichts Bagdads angespannter Sicherheitslage zu überwinden.
Luxushotel und Golfplatz
"In den 80er Jahren war die
Hochzeitsinsel ("Dschasirat el A'arass") bei Paaren beliebt für
Eheschließungen und Flitterwochen", sagt Jakubi. Das etwa zwei
Quadratmeter große Eiland im Süden der Stadt hat seiner Einschätzung nach "das
Potenzial, zukünftig eine der touristischen Hauptattraktionen Bagdads zu
werden". Der Komplex soll ein Luxushotel umfassen, Anlagen für
Badegäste und Wassersport, einen Golfplatz, Villen und Restaurants. Jakubi
betont, beim Bau neuer Gebäude müssten Investoren den traditionellen
osmanischen Stil beachten.
Beliebt bei Bagdadern
Die Insel ist nach wie vor beliebt bei den
Bagdadern, die hier für ein Eintrittsgeld von umgerechnet 30 Euro-Cent am
Ufer flanieren können. "Es gibt heutzutage keine
Unterkunftsmöglichkeit auf dieser Insel", klagt ihr Verwalter,
Faik Achmed. "Aber es kommen immer noch viele Besucher." Von dem
geplanten Projekt pharaonischen Ausmaßes weiß er noch nichts. Umgeben ist
die Insel von Mauern aus Betonblöcken, auf denen verblichene
Comiczeichnungen von Micky Maus, Tom und Jerry oder Pu dem Bären zu sehen
sind. Waffen sind hier verboten, da die Insel gleich neben der schwer
gesicherten Grünen Zone der irakischen Hauptstadt liegt. Auch dort plant die
Regierung den Bau eines Fünf-Sterne-Hotels mit 300 Zimmern für umgerechnet
70 Millionen Euro in unmittelbarer Nähe zu Saddam Husseins einstigem Palast.
Keine internationale Hotelkette im Irak
Bis heute ist im Irak
keine internationale Hotelkette vertreten, der durch die Sanktionen der
Vereinten Nationen seit den 90er Jahren vom Massentourismus abgeschnitten
ist. Seit der US-geführten Invasion 2003 müssen die sechs Millionen
Einwohner Bagdads täglich mit Anschlägen rechnen, für Touristen ist das Land
zwischen Euphrat und Tigris praktisch nicht zugänglich.
Grüne Zone
Zur Umsetzung ihrer ehrgeizigen Vorhaben hoffen
die irakischen Behörden nun auf eine Stabilisierung der Lage. Der Standort
der Insel nahe der schwer gesicherten Grünen Zone mit der US-Botschaft und
den meisten Regierungsgebäuden werde auf ausländische Gäste beruhigend
wirken, glaubt Jakubi. "Es gibt immer Sicherheitsprobleme, aber das
wird besser", verspricht er. "Die Investitionen sind garantiert,
die Besitzverhältnisse der Insel für 50 Jahre gesichert mit Option auf eine
Verlängerung, und die Gewinne können voll abgeschöpft werden",
seien also steuerfrei, wirbt Jakubi für sein Projekt.
Hohe Investitionen
"Irak ist jetzt offen für Investitionen",
sagt auch der Vorsitzende des irakischen Investitionsausschusses, Achmed
Ridha. Eine Milliarde Dollar für den Ausbau der Insel seien nicht zu hoch
gegriffen, betont er, angesichts von 74 Milliarden Dollar direkter
ausländischer Investitionen in den vergangenen sechs Monaten. Gelder aus
Großbritannien, Frankreich, Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen
Emiraten und den USA fließen vor allem in den Aufbau der Ölstadt Basra im
Süden des Landes, den internationalen Flughafen von Bagdad sowie die heilige
Stadt Nadschaf in Zentralirak.
Tourismus als Haupteinnahmequelle?
Ridha glaubt, der Tourismus
werde Öl als Haupteinnahmequelle des Landes ablösen, eine optimistische
Einschätzung angesichts der Tatsache, dass die Ölindustrie bisher mehr als
93 Prozent der Einnahmen liefert. "Wir wollen Öl an die zweite Stelle
schieben und Tourismus nach oben. Wir haben mit Euphrat und Tigris zwei
große Flüsse, wir haben Wüsten, Sumpfland und 10.000 historische Stätten."
Foto: (c) sxc