Unfälle sind zu 80 Prozent auf menschliches Versagen zurückzuführen.
Schifffahrtsexperten haben Kreuzfahrt- und Fährschiffe trotz der jüngsten Unglücke als insgesamt sehr sichere Reisemöglichkeit bezeichnet. Wenn es zu Unfällen komme, sei in etwa 80 Prozent der Fälle menschliches Versagen der Grund, betonten die Experten am Dienstag in Kiel bei einer Podiumsdiskussion zu dem Thema "Die Havarie der Costa Concordia und die Folgen".
Teamführung verbessern
Um eventuelles Versagen etwa des Kapitäns oder eines hohen Offiziers aufzufangen, sollte vor allem die gemeinsame Teamführung auf der Brücke verbessert werden. Das Konzept des "Bridgeteambuilding" werde seit 2001 an deutsche Seefahrtsschulen unterrichtet, betonte die Kapitänin Runa Jörgens vom Verband Deutscher Reeder.
Schnelle Entscheidung wichtig
Wichtig ist nach Auffassung der Experten vor allem eine schnelle Entscheidung, ob ein Schiff evakuiert werden muss. Moderne Schiffe hätten zahlreiche Kameras an Bord, so dass das Ausmaß eines Unfalls wie auf der "Costa Concordia" praktisch sofort nach dem Rammen des Felsens feststellbar gewesen sei, erläuterte Jörn Wasmuth, leitender Kapitän der Reederei Scandlines.
Das Schiff sei auf etwa 70 Metern Länge aufgeschlitzt worden und mehr als drei Schiffsabteilungen seien umgehend voll Wasser gelaufen. "Das muss auf der Brücke sofort erkannt worden sein, dann muss auch schnell die Evakuierung angeordnet werden", sagte Wasmuth. Auch Kapitän Gerald Immens von den Kieler See- und Hafenlotsen nannte als zentralen Fehler bei der Havarie der "Costa Concordia" die späte Entscheidung zum Evakuieren.
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Die 188 Meter lange und 28.597 Tonnen schwere Costa Allegra wurde 1992 zum Kreuzfahrtschiff umgebaut.
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Das Schiff mit acht Decks zählt 399 Kabinen und kann bis zu 1400 Personen an Bord haben.
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An Bord befanden sich 636 Passagiere verschiedener Staatsangehörigkeit, darunter 97 Österreicher, und 413 Crewmitglieder
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Ein französischer Fischtrawler schleppt das nach einem Brand manövrierunfähige italienische Kreuzfahrtschiff zu einer nahe gelegenen Insel im Indischen Ozean.
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Wie der britische Sender BBC am Dienstag meldete, können die mehr als 600 Passagiere dort von Bord gehen. Sie würden dann auf die Seychellen gebracht
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Evakuierung
Als eine weitere Konsequenz aus den Unfällen nannten die Experten eine Überprüfung der Architektur von Schiffen, um eine Evakuierung im Notfall in den vorgeschriebenen maximal 60 Minuten besser schaffen zu können. Ob Notrutschen ähnlich wie bei Flugzeugen auch bei Schiffen eingeführt werden könnten, sollte ebenfalls geprüft werden, hieß es.
Das Sprachenwirrwarr der internationalen Besatzungen - auf der "Costa Concordia" sollen etwa 40 Nationen vertreten gewesen sein - stellt nach Meinung der Experten eher ein geringeres Problem dar. Denn Sicherheitshinweise seien in acht Sprachen durchgegeben worden. Zudem sei vorgeschrieben, dass alle Besatzungsmitglieder sich in mindestens einer Sprache verständigen können.
Zum Brand auf der "Costa Allegra" vor den Seychellen meinte Wasmuth, der Feuerschutz auf Kreuzfahrtschiffen sei sehr hoch. So gebe es zahlreiche automatische Sprinkleranlagen. Der Einsatz ferngesteuerter Löschanlagen sei nicht vorgeschrieben, sie seien aber nur auf offenen Decks sinnvoll.