Kopftuchpflicht
Scharia-Hotels sind im Kommen
07.07.2008
Kopftuch statt Nachtclub! In diesen Hotels herrschen strenge Übernachtungsregeln.
Der saudische Scheich fackelt nicht lange. Kurz entschlossen weist Abdulasis al-Brahim das Personal des Grand Hyatt Hotels in Kairo an, 2.500 Flaschen Alkohol zu vernichten. Französische Weine, Champagner, Whiskey und Grappa. Alles landet innerhalb weniger Stunden in den Abwasserkanälen der ägyptischen Metropole. Seitdem der Hotelbesitzer aus Saudi-Arabien, ein Verwandter von König Abdullah, im vergangenen Frühjahr sein Gewissen als frommer Muslim erleichtert hat, heißt es in dem Luxushotel am Nil: "Wir bedauern, aber momentan servieren wir keinen Alkohol."
Sterne-Entzug
Die Hotelmanagement-Firma Hyatt International mit
Sitz in Chicago war alles andere als begeistert von dieser puritanischen
Tabula rasa. Die ägyptische Regierung hat noch nicht entschieden, ob sie das
Fünf- Sterne-Haus wegen dieser Entscheidung nun zum Vier-Sterne-Hotel
degradieren soll, oder ob sie ihm sogar zwei Sterne entziehen will.
Hotels im Kommen
Trotz dieses Eklats sind Hotels, die damit
werben, dass sie sich an die Regeln des islamischen Rechts (Scharia) halten,
in der arabischen Welt im Kommen. Einige Hotelketten wollen mit diesem
Konzept sogar langfristig in Europa Fuß fassen, wo man die No-Drinks-
Strategie allerdings eher als "gesund und familienfreundlich" vermarkten
will und nicht als Frömmigkeit im Sinne des Propheten Mohammed.
Kempinski macht mit
Kempinski, eine der traditionsreichsten
Luxus-Hotelketten Europas, will gemeinsam mit dem islamischen
Finanzunternehmen Guidance Financial Group in den kommenden acht Jahren 30
Scharia-konforme Hotels mit dem Namen "Shaza" in Nahost, in Nordafrika und
in Europa eröffnen. Denn erstens wächst durch die Renaissance der
Frömmigkeit in der islamischen Welt bei den Gästen die Nachfrage nach Hotels
ohne Spielcasinos, Nachtclubs und Bars. Zweitens steigt aber auch die Zahl
der muslimischen Investoren, die ihr Geld nur auf "tugendhafte" Art und
Weise anlegen wollen.
Wachstumsmarkt
Hani Laschin, der Geschäftsführer der
sittenstrengen Jawhara- Hotels in Dubai, ist überzeugt, dass die
Scharia-Hotels ein Wachstumsmarkt sind. "In Dubai gehören derzeit weniger
als fünf Prozent der Hotels zu diesem Segment, aber ich bin sicher, dass wir
bis 2015 mindestens ein Viertel des Marktes besetzen werden", erklärt der
Ägypter.
Scharia-konform
Allerdings meint nicht jeder Hotelier das
Gleiche, wenn er sagt, sein Hotel sei Scharia-konform oder habe eine
islamische Atmosphäre. Im Jawhara-Gardens-Hotel, das in Dubais Stadtteil
Deira neben einem der größten Einkaufszentren der Stadt liegt, gibt es
beispielsweise nicht nur keine Bar. Auch das Mitbringen von Alkohol ist
verboten. "Wir hatten einmal eine Iranerin zu Gast, die ihre Reservierung
stornierte, als wir ihr sagten, dass wir ihre Alkohol-Flaschen aus dem
Duty-Free-Shop bis zu ihrer Abreise einschließen würden", erzählt Laschin.
"Sie sagte mir, bei uns im Iran ist alles verboten, was glaubst du, warum
ich hergekommen bin, ich will auch mal Freiheit riechen."
Nur für Verheiratete
Im Jawhara arbeiten nur Frauen, die
Kopftuch tragen, obwohl einige von ihnen nicht einmal Musliminnen sind.
Muslimische Gäste dürfen hier nur übernachten, wenn sie verheiratet sind.
Der Kofferträger grüßt nicht mit "Guten Morgen", sondern mit "Al-Salamu
Aleikum" ("Friede sei mit Dir"). Im Restaurant gibt es nur Fleisch von
Tieren, die nach den islamischen Vorschriften geschlachtet wurden. Und neben
dem Gemeinschaftspool gibt es ein überdachtes Außenbecken nur für Frauen.
Jedes Jahr, wenn die Bilanz geschrieben ist, gibt die Firma Almosen nach
islamischer Vorschrift: 2,5 Prozent des Nettogewinns werden an
Wohltätigkeitsorganisationen gespendet.
Keine Kleidervorschriften
Kleidervorschriften für die Gäste gibt
es im Jawhara-Gardens-Hotel allerdings nicht. Die chinesischen Piloten und
Flugbegleiterinnen, die regelmäßig in dem Vier-Sterne-Haus in Flughafennähe
absteigen, laufen neben einer tiefverschleierten Araberin unbehelligt mit
Bermudashorts durch die Lobby. Und im Pool auf der Dachterrasse spielen an
diesem brüllend heißen Sommertag ein Mann und eine Frau im Bikini zusammen
Wasserball.