ÖOC
Affäre um Olympia-General
27.02.2009
Nach 26 Jahren warf Heinz Jungwirth als Olympia-Generalsekretär das Handtuch. Er scheiterte an seinem luxuriösen Lebensstil - und ÖSV-Boss Schröcksnadel.
Olympia, Turin, 18. Februar 2006. Blaulicht vor den Olympia-Quartieren der österreichischen Langläufer und Biathleten in Pragelato und San Sicario. Dutzende Beamte einer italienischen Anti-Drogen-Einheit durchsuchen die Zimmer unserer Sportler und Betreuer und beschlagnahmen diverse Utensilien, die sich zum Blutdoping eignen könnten. Zehn ÖSV-Athleten werden zu Doping-Tests abgeführt.
Der Auftrag für die Razzia kam von der Staatsanwaltschaft Turin – und der Mann, der eigentlich gesucht wurde, entkam in einer wilden Autoflucht: Walter Mayer, der lebenslang gesperrte Langlauf-Trainer, der aus Italien flüchtet und in Kärnten betrunken in eine Polizeisperre rast.
Machtkampf
Der „Fall Mayer“ wurde zwischen dem Österreichischen
Olympischen Comité (ÖOC) und dem ÖSV wie eine heiße Kartoffel hin- und
hergeschoben – keiner wollte die Verantwortung für den Olympia-Aufenthalt
des Skandal-Trainers übernehmen. Ein Machtkampf zwischen ÖOC-General
Jungwirth, „Chef de Mission“ in Turin, und ÖSV-Präsident Schröcksnadel
entbrannte. Sogar Schröcksnadels Rücktritt als ÖSV-Präsident stand im Raum.
1-Mio.-Dollar-Strafe
Im April 2007 wurden sechs ÖSV-Athleten
(Rottmann, Perner, Tauber, Pinter, Eder, Diethart) vom Internationalen
Olympischen Comité (IOC) gesperrt. Und wie ein Damokles-Schwert schwebte
plötzlich ein Olympia-Ausschluss über Österreich.
Hier trat Jungwirth als „Retter“ in Aktion, indem er – so die ÖOC-Darstellung – das Schlimmste mit einer Bußzahlung von einer Million Dollar abwendete. Folge: Schröcksnadels Rückzug als ÖOC-Vizepräsident. Was Schröcksnadel aber fast noch schlimmer traf: Bei dieser ÖOC-Sondersitzung am 29. Mai 2007 wurde das lebenslange Olympia-Akkreditierungsverbot von 13 ÖSV-Betreuern, das einer Olympia-Sperre gleichkommt, beschlossen. Schröcksnadel: „Nur um beim IOC gut dazustehen, hat man willkürlich alle gesperrt. Dabei können die Biathlon-Betreuer gar nix dafür. Die sind von der jungen Partie.“
Biathlon-Helden
Die eine Million Dollar Strafe, die im ÖSV-Budget
fehlte, traf in erster Linie die Biathleten. Die wuchsen aber trotz
drastischer Sparmaßnahmen über sich hinaus. Erfolgen im Weltcup folgten am
vergangenen Wochenende Gold und zweimal Silber bei der WM in Südkorea.
Unsere Biathleten sind plötzlich wieder Helden – doch um ihren Olympia-Start
2010 müssen sie zittern. Grund: Ihre Betreuer sind ja gesperrt, und
Jungwirth war nicht bereit, einzulenken.
Privatdetektiv
Doch Schröcksnadel gab nicht auf. Er interessierte
sich brennend für Jungwirths Machenschaften. Sogar ein Privatdetektiv war im
Spiel. Auf Schröcknadels Seite: Sportminister Norbert Darabos, der den einst
so mächtigen General unter Druck setzte: „Ich habe kein Vertrauen in die
operative Geschäftsführung des ÖOC.“ Heikelster Punkt: Wo sind 150.000 Euro
im Zusammenhang mit Salzburgs erfolgloser Olympiabewerbung 2014
hingeflossen? Darabos lässt alle Geldflüsse der vergangenen 4 Jahre noch
einmal prüfen: „Ich verlange eine lückenlose Aufklärung.“
Rücktritt
Dem Druck hielt Jungwirth nicht mehr stand. Er
übergab sein Amt interimistisch an ÖOC-Sportdirektor Matthias Bogner.
Großer Sieger: Peter Schröcksnadel, dessen Biathleten nun doch nächstes Jahr um Olympiagold kämpfen dürften. Und Jungwirth-Nachfolger Bogner verspricht: „Ich will, dass wieder Ruhe einkehrt und im Sinne des Sports gearbeitet wird.“