ÖFB-Teamlager
Arnautovic ist als Mensch gereift
22.03.2011
Legionär zeigt sich bei PK als Spaßvogel, aber deutlich gereifter und erwachsener.
Liebe ist… unterschiedlich definierbar. Auch für Marko Arnautovic. Vor allem, wenn er sich einmal in Höchstform geredet hat. So geschehen bei der täglichen Pressekonferenz des ÖFB im Hinblick auf den EM-Quali-Showdown gegen Belgien am Freitag.
„Werde Ehefrau nicht mehr lieben als den Ball“
Ein belgischer Journalist berichtet Arnautovic, dass Teamchef Georges Leekens seine Arroganz auf dem Platz lieben würde.
Nun muss man wissen, dass der Werder-Legionär – aus Schaden wird man klug – beim Wort „Arroganz“ grundsätzlich hellhörig wird, selbst wenn es wie in diesem Fall positiv gemeint ist.
Sein humorvoller Konter: „Ich provoziere nicht! Ich liebe Fußball! Wenn ich einmal irgendeine Frau heirate, werde ich sie nicht mehr lieben als den Ball. Ich liebe diesen Sport!“
Der Schlusspunkt einer ebenso unterhaltsamen wie vom Fokus auf das Duell mit den „Roten Teufeln“ geprägten Fragestunde.
„Lieblingsgegner Alderweireld“
So bekam etwa Toby Alderweireld, seines Zeichens Rechtsverteidiger der Belgier, sein Fett ab. Beim 4:4 in Brüssel hatte der 22-Jährige mit Arnautovic seine liebe Not, in seiner Heimat wurde der Ajax-Kicker als Schwachpunkt ausgemacht.
„Ich kenne den Jungen schon lange. Ich habe in Holland in der Jugend und auch in der ersten Mannschaft gegen ihn gespielt. Ein sehr guter Verteidiger, aber wenn ich gut drauf bin, wird es schwierig für ihn…“
Trotz seiner Vielseitigkeit rechnet Arnautovic, dass er gegen Belgien wieder auf der linken Seite zum Einsatz kommt. Warum? „Weil Alderweireld mein Lieblingsgegner ist…“
Es sei ausdrücklich betont, dass gerade die letzte Aussage mit einem Augenzwinkern zu nehmen ist. Denn bei aller guten Laune und großem Selbstvertrauen nahm der 21-Jährige auch zu ernsthafteren Themen Stellung.
„Da ist der Teufel im Ball!“
So etwa zu seinen angeblichen Provokationen gegen die Belgier nach dem Ausgleichstreffer zum 4:4. „Nach dem Tor zum 3:4 haben ein paar Belgier gemeint, sie müssen uns provozieren. Das habe ich ihnen nach dem 4:4 zurückgegeben. Wenn jemand etwas gegen meine Mannschaft sagt, stehe ich hinter meiner Mannschaft. Aber das war während des Spiels, nach dem Spiel herrscht wieder gegenseitiger Respekt.“
Oder zur Leekens-Aussage, dass er beim 4:4 seinen Spaß mit den Belgiern hatte: „Schlecht, dass er das gesagt hat. Belgien ist eine sehr gute Mannschaft, vor der ich sehr viel Respekt habe. Aber ich werde auch jetzt wieder versuchen, Schwächen zu finden.“
Oder zu seiner Torflaute bei Arbeitgeber Bremen, für den er seit seinem Doppelpack am 2. Spieltag nicht mehr getroffen hat:
„Da ist ein Teufel im Ball! Es kann nicht sein, dass ich entweder die Stange treffe oder der Goalie jeden Ball abwehrt. Ich muss viel mehr Tore machen, mit zwei Treffern kann ich nicht zufrieden sein. Ich hoffe, im Puma-Ball ist ein Engel drinnen!“
„In die Disco darf ich nicht gehen“
Die Chancen, dass er am Freitag das Spielgerät des Nationalteam-Ausrüsters im Netz versenkt, stehen nicht so schlecht. In den vier Länderspielen seit seinem ÖFB-Comeback hat Arnautovic immerhin vier Treffer erzielt.
Dass er im Dress des Nationalteams zuletzt stets aufblühte, führt er scherzhaft auf das „österreichische Flair“ zurück, und ernsthaft auf die offensiven Freiheiten, die er am Platz genieße: „Ich arbeite jedoch auch nach hinten. Aber sobald ich den Ball bekomme, schaue ich, dass es gefährlich wird.“
Wobei jedoch auch die von Teamchef Didi Constantini gestatteten Freiheiten – natürlich – ihre Grenzen hätten:
„In die Disco darf ich nicht gehen, die Freiheit habe ich nicht. Von dem her ist Bad Tatzmannsdorf gut ausgesucht…“
„Das kann niemand, bestenfalls Messi“
In der Abgeschiedenheit des Südburgenlands kann man sich in der Tat gut auf Belgien und die Türkei konzentrieren, auch wenn Werder-Kollege Per Mertesacker zuletzt behauptete, dass Arnautovic von nichts anderem mehr als dem Bruder-Duell mit Deutschland Anfang Juni sprechen würde.
Eine Aussage, die der Bremen-Legionär so nicht stehen lassen will: „Ich bin voll auf Belgien und die Türkei fokussiert. Aber wenn man in Deutschland spielt, tauscht man, wie ‚Merte‘ sagt, seine Meinung aus. Die sagen, dass es schwer für uns wird. Ihr wisst, was meine Antwort ist…“
Werder stand im Abstiegskampf lange Zeit das Wasser bis zum Hals. Inzwischen ist die Gefahr zwar nicht gebannt, die Situation dennoch ein wenig entspannter.
„Wir haben gemerkt, dass man als Spieler nicht alleine gewinnen kann. Das kann niemand, bestenfalls Messi. Wenn nur einer aus dem Kreis tritt, geht es nicht mehr. Das ist wie beim Nationalteam: Hier sind wir wie eine Familie. Aber wenn einer den Kreis verlässt, wird es schwierig.“
„Die Tür zur EURO steht offen“
In den letzten Monaten präsentierte sich die ÖFB-Elf als verschworene Einheit. Weshalb der Traum von der Teilnahme an der EURO 2012 in Polen und der Ukraine lebt.
„Das ist nicht nur mein Traum, sondern sicher auch von euch Journalisten. Ihr wollt ja auch dort hinfliegen und mit Österreich bei einem Turnier dabei sein. Das ist seit 1998 nicht mehr gelungen. Jetzt steht die Tür offen. Wenn wir so zusammenhalten wie in den letzten Spielen, werden wir es schaffen.“
Die hohe individuelle Klasse und das ansteckende Selbstvertrauen des Marko A. könnten die lange Zeit fehlenden Teile im ÖFB-Puzzle gewesen sein. Seit seiner Rückkehr präsentiert sich das rot-weiß-rote Spiel definitiv varianten- und ideenreicher.
„Bin als Mensch ruhiger geworden“
Und auch Arnautovic selbst hat dazu gelernt: „Ich bin als Mensch ruhiger geworden, habe mich langsam selbst im Griff. Da haben auch mein Bruder und meine Eltern ihren Anteil - und meine Freundin, ich bin nimmer frei.“
Nimmt sich Arnautovic gar die Freiheit, erwachsen zu werden? „Ich bin mit 22 immer noch jung. Wenn man so jung ist, probiert man in meinem Alter natürlich sein Leben zu leben.“
Kleiner Einwand - bis 21. April ist der Jungstar noch 21: „Dann habe ich noch einen Monat zu leben…“