Die Chance auf den Aufstieg lebt trotz des verschenkten Siegs weiter.
Die Überraschung ist ausgeblieben. 79 Minuten lang stand die Austria im Gastspiel der Europa League in Alkmaar vor einem faustdicken Coup. 2:0 lagen die Violetten voran, ehe der niederländische Spitzenreiter noch ein schlussendlich gerechtes 2:2-Remis herausholte. Vor dem zweiten Vergleich mit AZ in zwei Wochen in Wien darf die Austria deshalb weiter vom Aufstieg aus der Gruppenphase in die K.o.-Runde träumen.
Hängende Köpfe
Mit hängenden Köpfen gingen die Austrianer nach Schlusspfiff vom Feld. Nach ein paar Minuten überwog trotzdem die Freude mit dem Wissen, einem im Vorfeld stark eingeschätzten Gegner Paroli geboten zu haben. "In der ersten Emotion ist mir zum Weinen. Aber wir dürfen nicht größenwahnsinnig sein. Wenn wir das vorher gewusst hätten, hätten wir das unterschrieben", meinte Verteidiger Georg Margreitter. Und Nacer Barazite, der in seiner Heimat wieder zu großer Form auflief, fasste die violette Gemütslage treffend zusammen: "Es fühlt sich wie eine Niederlage an, wenn man lange Zeit 2:0 führt. Aber wenn man realistisch ist, ist es ein gutes Resultat."
Die Sensation war eigentlich in Griffweite. Eine halbe Stunde war im AFAS-Stadion von Alkmaar gespielt, als sich der Großteil der 17.000 Zuschauer im falschen Film wähnten. Torschütze Alexander Gorgon hatte soeben nach dem 2:0 jubelnd abgedreht, bis auf die Gesänge der mitgereisten Wiener Fans war es mucksmäuschenstill in der schmucken Arena. AZ, in zuvor sieben Heimspielen der Saison bei sieben Siegen haltend, stand ausgerechnet gegen den Außenseiter aus "Oostenrijk" vor einer Niederlage.
Starkes Alkmaar-Finish
"Vielleicht haben sie uns unterschätzt und wir haben davon Nutzen gezogen", erklärte Barazite. Dass es am Ende doch nicht zum zweiten Sieg in Gruppe G reichte, war mit der klaren Leistungssteigerung von Alkmaar nach dem Seitenwechsel erklärbar. "Wir waren in der ersten Spielhälfte zu unkonzentriert", sah AZ-Trainer Gertjan Verbeek eher Versäumnisse seiner Mannschaft als starke Gäste. Verbeek gab aber auch zu: "Wir hatten 75 Minuten lang keine Antwort auf das Spiel von Austria."
Die niederländische Presse sah ebenfalls eine schwache erster Spielhälfte der Hausherren. AZ habe aber den Kopf noch einmal aus der Schlinge gezogen. "Erleichterung in Alkmaar", titelte "De Telegraaf". Das "Algemeen Dagblad" schrieb: "Eine verrückte Schlussoffensive hat AZ vor einer peinlichen Niederlage gerettet."
Konsequente Spielweise
Festgehalten wurde aber auch von der Presse, dass sich die Wiener vor allem dank ihren konsequenten Spielweise wacker schlugen. Alkmaar fand lange Zeit keine Mittel gegen die gut gestaffelte Hintermannschaft um Kapitän Manuel Ortlechner und Georg Margreitter. Die Austria-Fans wähnten ihre Mannschaft nach einer Stunde gar als "bestes Team der Welt" - im Europacup ein in den letzten Jahren selten gehörter Choral. Erst im Finish kassierte die Daxbacher-Elf durch ein Eigentor von Peter Hlinka (80.) und einen Kopfball des Schweden Pontus Wernbloom (83.) nach einem Eckball zwei eigentlich billige Gegentore.
Trainer Karl Daxbacher sprach von einem gerechten Remis, das seinen Schützlingen in der Gruppe noch alle Chancen lässt. Aktuell liegt die Austria auf Platz drei, einen Zähler hinter Alkmaar und drei hinter Metalist Charkiw. Die Ukrainer setzten sich Donnerstag trotz über einer Spielhälfte in nummerischer Unterlegenheit bei Schlusslicht Malmö 4:1 durch.
Zwei Heimspiele
Auf die Austria wartet in den ausstehenden drei Spielen zunächst die Heimpartie gegen Alkmaar in zwei Wochen. "Ich denke, dass wir noch Chancen haben, auf uns warten jetzt noch zwei Heimspiele und eine Partie auswärts. Wir wollen zu Hause punkten und um den zweiten Platz mitreden", erklärte Daxbacher die Ausgangslage. Charkiw - in die Ukraine reist die Austria Ende November - scheint aktuell der Favorit auf den ersten Platz.
Positiv war in Alkmaar auch zu vermerken, dass die Austria an einem guten Tag gegen die internationale Konkurrenz bestehen kann. "Es war wichtig zu sehen, dass wir durchaus mithalten können", sagte Zlatko Junuzovic. Offenbar scheint es, dass sich die Favoritner mit der Aufgabe steigern können. Siege gegen Sturm Graz, Malmö FF und Salzburg in den vergangenen Wochen steht dann eine Niederlage in Ried gegenüber. An Motivation sollte es zumindest in der anstehenden Partie nicht mangeln: Am Sonntag empfängt die Austria im 299. Wiener Derby den Erzrivalen Rapid.