Deutscher Teamkapitän kritisiert Personalpolitik im Team. Bundestrainer Löw zeigt sich "verwundert und enttäuscht".
In der deutschen Fußball-Nationalmannschaft ist ein öffentlich ausgetragener Disput ausgebrochen. Nach der überraschend deutlichen Kritik von Michael Ballack an der Personalpolitik von Joachim Löw wies der Bundestrainer den Kapitän in die Schranken. "Von den Aussagen von Michael Ballack bin ich total überrascht. Dass er nun über die Medien solch kritischen Töne äußert, verwundert und enttäuscht mich", sagte Löw in einer vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) verbreiteten Stellungnahme.
Ballacks Kritik
Ballack hatte in einem Interview mit der "Frankfurter
Allgemeinen Zeitung" den Umgang mit dem im DFB-Team zuletzt auf die
Ersatzbank verbannten Torsten Frings kritisiert. "Wenn man einen nicht
mehr will, sollte man das ehrlich ansprechen. Respekt und Loyalität ist doch
das Wenigste, was man als verdienter Nationalspieler erwarten kann",
hatte der Chelsea-Akteur gemeint.
Löw: "Aufstellung mache ich"
Löw reagierte
resolut und unmissverständlich auf die indirekten Vorwürfe. "Als
Kapitän ist er ein wichtiger Ansprechpartner für mich und daran wird sich
auch nichts ändern. Aber die Aufstellung und die Personalpolitik ist in
letzter Konsequenz die Entscheidung von mir und meinem Trainerteam."
Man behandle "alle Nationalspieler, ob jünger oder älter, mit dem
nötigen Respekt". Knapp einen Monat nach dem offiziell beendeten
Zwist zwischen Ballack und DFB-Teammanager Oliver Bierhoff hängt in der
DFB-Auswahl damit erneut der Haussegen schief.
Persönliches Gespräch
Michael Ballack muss jedenfalls
mit Konsequenzen rechnen. Der Bundestrainer kündigte ein "sehr
zeitnahes" Gespräch mit seinem Kapitän an. "Ich werde
mit ihm sprechen, das ist klar." Über die Vorgehensweise "bin
ich mir noch nicht bewusst", sagte Löw in der "Bild"-Zeitung
und ergänzte: "Jeder Spieler kennt bei uns die Regeln, was
öffentliche Kritik angeht. Und Personaldiskussionen sind dem Trainer
vorbehalten." Laut Löw soll die grundsätzliche Aussprache "so schnell wie
möglich" über die Bühne gehen. Löw: "Ich werde mit Michael telefonieren und
ihn zu einem Gespräch in Deutschland auffordern, um ihm zu sagen, dass ich
von dem Weg, den er gewählt hat, maßlos enttäuscht bin und die inhaltlichen
Aussagen von ihm nicht akzeptabel sind."
Konsequenzen
Über eine weitere Vorgehensweise werde der
Ex-Austria- und Tirol-Coach erst nach dem Vier-Augen-Gespräch mit dem
Chelsea-Legionär entscheiden. "Wir haben Michael in der Vergangenheit des
Öfteren dazu aufgefordert, als Kapitän die Dinge anzusprechen, die er
kritisch oder anders sieht. Dass er nun den Weg über die Medien mit seiner
Kritik an unserer Arbeit gewählt hat, ist schlichtweg falsch und nicht
nachzuvollziehen", betonte Löw.
Zudem lasse sich das Trainerteam mangelnden Respekt niemals vorwerfen. "Offenbar hat sich in unseren Reihen so eine Stimmung breit gemacht, dass man Respekt automatisch mit einer Stammplatzgarantie verbindet. Doch das eine sind menschliche Dinge und das andere taktische Dinge, die ein Trainer eben auch berücksichtigen und danach seine Entscheidung treffen muss", äußerte sich Löw, der auch gleich klarstellte: "Es hat kein Spieler, auch nicht der Kapitän, das Recht, in Sachen Aufstellung oder Personalpolitik den Trainer zu kritisieren oder sogar öffentlich Stimmung gegen das Trainerteam zu machen."
"Kaiser" kritisiert Spieler
Mit harscher Kritik an der
Mentalität einiger Nationalspieler hat sich auch Franz Beckenbauer in die
jüngste verbale Auseinandersetzung eingeschaltet. "Jeder meldet
sich zu Wort, ob das ein Kuranyi ist, der plötzlich verschwindet oder ein
Frings, der meint, zurücktreten zu müssen. Jetzt kommt Michael Ballack als
Kapitän. Man sollte diese Unebenheiten, wenn es solche gibt, intern
bereinigen", kommentierte der Ex-Bundestrainer im Pay-TV-Sender
Premiere.
"Das ist ein Mimosenhaufen geworden, das ist schier unglaublich. Die sollen ihren Mund halten und Fußball spielen", meinte der "Kaiser". Grundsätzlich werde im Nationalteam "zu viel geredet", meinte Beckenbauer.