Anlässlich des EM-Finales mit spanischer Beteiligung wandten sich baskische Vertreter einmal mehr an die UEFA. Ziel: ein eigenes Nationalteam.
Ricardo Mendiguren hat einen Traum. Eines Tages sollen baskische Sport-Auswahlen auf Augenhöhe mit jener Spaniens, Schottlands oder Hongkongs stehen und mit ebensolcher Selbstverständlichkeit an internationalen Bewerben teilnehmen können. Gemeinsam mit anderen Aktivisten der baskischen Plattform "esait" hat der ehemalige Athletic-Bilbao-Fußballer deshalb einen Brief an UEFA-Präsident Michel Platini adressiert und diesen zur Mithilfe bei der Verwirklichung dieses Traumes aufgefordert.
Recht des Volkes
Am Freitag präsentierte Mendiguren vor dem
Hintergrund des deutsch-spanischen EM-Finales am Sonntag das Schreiben, in
das "esait" wohl kaum echte Hoffnungen setzt. Die eigenen Angaben nach
unabhängige Organisation, die sich ausschließlich für sportliche Belange
zuständig fühlt, will aber zumindest ein weiteres Signal setzen. Darin
bringt man den "Wunsch einer Mehrheit der Einwohner des Baskenlandes nach
einer baskischen Auswahl, die auf internationalem Niveau antreten darf" zum
Ausdruck. "Gemäß unseren Rechten als Volk", wie es heißt.
Basken, die für die Teams Spaniens oder Frankreichs spielen wollen, könnten das auch tun. Aber man habe ein Recht, "in den eigenen Farben, den Farben der baskischen Auswahl" anzutreten. Die übrigens rot-grün-weiß sind und stets auch bei Spielen der spanischen National-Elf auf den Rängen flattern.
Frage der Autonomie
Auch hier zeigt sich: Der Sport, gerne zum
höchst unpolitischen und verbindenden Element stilisiert, schert sich nicht
immer um den schönen Schein. Denn die Frage einer eigenen baskischen Auswahl
ist engstens mit dem jahrzehntelangen, zähen Ringen um möglichst
weitreichende Autonomie bzw. den klaren sezessionistischen Tendenzen samt
den blutigen Aktionen der Terrorgruppe ETA (Euskadi Ta Askatasuna/Baskenland
und Freiheit) verknüpft. Eine Aufnahme in die UEFA, die indirekt vom
Einverständnis der spanischen Regierung abhängig ist, müsste denn auch als
politisches Zugeständnis gewertet werden.
Das weiß auch Mendiguren. "Das Problem liegt darin, dass uns sowohl Spanien als auch Frankreich unter Kontrolle haben wollen. Es ist ein rein politisches Problem", erklärte der 39-Jährige und verwies auf seine eigene Laufbahn: "Ich habe auch in der spanischen U21-Mannschaft gespielt. Auf der sportlichen Ebene gibt es da auch überhaupt keine Probleme."
Staat nicht Pflicht
"Es heißt immer, dass man einen eigenen Staat
haben muss, um anerkannt zu werden", sagte Mendiguren. Aber was sei mit
Schottland, Nordirland oder Wales, die ebenfalls keine eigenen
Nationalstaaten sind, doch bei Welt- und Europameisterschaften
startberechtigt sind? "Da liegt eine ähnliche politische Geschichte
dahinter", betonte Mendiguren, der sich gerne auf diese Beispiele bezieht.
Es gebe indes genug baskische Sportler, die das Ansinnen "esaits" unterstützten. So hätten bei den jüngsten Spielen der baskischen Fußball-Auswahl, die traditionellerweise in der Weihnachtszeit gegen Teams der anderen autonomen spanischen Regionen Kataloniens und Galiciens antritt, 30 baskische Kicker der spanischen Primera Division ihren diesbezüglichen Wunsch öffentlich kundgetan.
"Es ist der Wunsch von vielen, für baskische Mannschaften an internationalen Bewerben teilzunehmen. Wir haben auch nicht vor, Sportler, die sich nicht für das Baskenland entscheiden würden, zu kritisieren", so Mendiguren.