FIFA-Ermittlungen
Blatter muss vor Kommission aussagen
28.05.2011
Auch sein Präsidentschafts-Konkurrent bin Hammam wird morgen verhört.
Als Joseph Blatter vor einigen Tagen eine schlagkräftigere Ethikkommission für die Zukunft ankündigte, hatte er diese Volte in dem immer bizarrer anmutenden FIFA-Wahlkampf kaum im Sinn. In der wohl schwersten Krise des Fußball-Weltverbandes muss Blatter an diesem Sonntag in Zürich selbst vor dem Gremium aussagen.
Auch bin Hammam wird verhört
Der 75-jährige Schweizer ist dabei nicht alleine auf der Seite der Verhörten. Auch gegen Blatters Herausforderer bei den für Mittwoch geplanten Präsidentschaftswahlen, den Katarer Mohamed bin Hammam, und FIFA-Exekutivmitglied Jack Warner aus Trinidad und Tobago hat die FIFA Untersuchungen eingeleitet - noch nie stand die Kommission in ihrer fünfjährigen Geschichte so im Fokus der Weltöffentlichkeit wie in diesen Tagen.
Bin Hammam muss sich wegen des Verdachts der Bestechung verantworten. Seinem Rivalen Blatter wirft er vor, von angeblichen Zahlungen an FIFA-Mitglieder aus der Karibik gewusst, aber nichts dagegen unternommen zu haben. Bin Hammam soll gemeinsam mit FIFA-Vizepräsident Warner bei einem Treffen der Karibischen Fußball-Union (CFU) am 10. und 11. Mai in Trinidad versucht haben, Stimmen der karibischen Funktionäre zu kaufen.
Blatter-Konkurrent weist Vorwürfe zurück
"Niemand hat jemals versucht zu leugnen, dass Herr bin Hammam die Reise- und Unterbringungskosten der Delegierten sowie die Kosten für das Treffen übernommen hat", hieß es dazu auf der Internetseite bin Hammams. Den Vorwurf, damit Stimmen kaufen zu wollen, wies er zurück.
"Ich bin froh, dass am 1. Juni die Wahlen stattfinden und die Delegierten der 208 Mitgliedsverbände ihre Entscheidung treffen können", war noch am Samstag in bin Hammams Blog zu lesen. Doch die Forderungen nach einer Verlegung der Abstimmung am kommenden Mittwoch in der Züricher Messehalle werden immer lauter - und prominenter.
Times: Auch Cameron will Wahl-Verschiebung
Nach Informationen der englischen "The Times" (Samstag) soll sich auch der britische Premierminister David Cameron für eine Verschiebung ausgesprochen haben. Die seriöse Tageszeitung titelte am Samstag, dem Tag des Champions-League-Endspiels zwischen dem FC Barcelona und Manchester United im Londoner Wembley-Stadion, mit den Worten: "Großbritannien fordert FIFA auf, die Wahl zu stoppen."
Laut einer nicht genannten "Times"-Quelle soll Cameron "öffentlich und privat klargemacht haben, dass er glaube, die Geschäfte der FIFA seien ziemlich schmuddelig geworden". Sportminister Hugh Robertson sagte, die Wahlen "verkommen zu einer Farce". Die Engländer hoffen nun, dass auch andere Länder diese Auffassung teilen.
FA wird sich enthalten
Der englische Verband FA hatte bereits angekündigt, weder für den einen noch den anderen Kandidaten stimmen zu wollen. Die Blatter-Abneigung auf der Insel ist mittlerweile bekannt, doch auch bin Hammam traut man hier nicht die erhoffte Erneuerung der FIFA zu.
Deren Mitgliedsverbände hatten auf dem Kongress am 7./8. Juni 2006 in München mit 188:6 Stimmen beschlossen, eine unabhängige Ethikkommission in Ergänzung zur Disziplinar- und Berufungskommission als drittes Rechtsorgan zu schaffen. Die FIFA orientierte sich am Internationalen Olympischen Komitee (IOC), das seit 1999 als Reaktion auf den Skandal von Salt Lake City einer Ethikkommission vertraut.
Ethikkommission im Blickpunkt
Das Gremium stand zuletzt mehrfach im Blickpunkt, hat nun aber die bisher schwerste FIFA-Krise zu bewältigen. Im Oktober 2010 wurden zwei Mitglieder der Exekutive wegen Korruptionsvorwürfen suspendiert. Im Dezember sorgte das einzige deutsche Mitglied der Ethikkommission, der ehemalige Bundesgerichtshof-Präsident Günter Hirsch, mit seinem sofortigen Rücktritt für Wirbel.
"Die Ethikkommission muss einen anderen Stellenwert erhalten. Die hat im Moment mit diesen ganzen Vorwürfen mehr zu tun als die Disziplinarkommission. Die großen Diskussionen, die dem Image des Fußballs schaden, beziehen sich auf Vorkommnisse außerhalb des Spielfeldes", hatte Blatter vor kurzem in einem dpa-Interview gesagt. Nun beziehen sich die Diskussionen - wieder einmal - auch auf ihn.