Fußball-EM

Die Tops und Flops der EURO 2024

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Die Tops und Flops sowie Gesprächsstoff der Fußball-EM 2024 in Deutschland:

Tops

Spanien: Die mit Abstand überzeugendste Mannschaft des Turniers. Nur als einer von vielen Titelkandidaten angetreten, begeisterte die Auswahl von Teamchef Luis de la Fuente mit einem neuen Spielstil, der mehr auf Ballgewinne, Gegenstöße und Tempo ausgerichtet ist, als man es von Spanien je gesehen hat. Das "Tiki-Taka", der Ballbesitzfußball, mit dem "La Roja" von 2008 bis 2012 drei große Titel holte, ist abgelöst. 13 Tore erzielten die Spanier in den ersten sechs EM-Spielen - und gingen damit auch als leichter Favorit ins Finale gegen England.

Lamine Yamal: Am Vortag des Endspiels gerade einmal 17 Jahre alt geworden, ist das Ausnahmetalent des FC Barcelona die Entdeckung des Turniers. Der Flügelspieler avancierte nicht nur zum jüngsten Spieler der EM-Geschichte, sondern im Halbfinale gegen Frankreich (2:1) auch zum jüngsten Torschützen. Neben seinen Rekorden begeisterte das Wunderkind mit seiner Unbekümmertheit auf ganz großer Bühne. Dabei musste Yamal während des Turniers erst noch das Schuljahr abschließen. Der Teenager bildete mit dem dynamischen Nico Williams und Edeltechniker Dani Olmo eine bemerkenswert gefährliche Offensivreihe.

Deutschland: Auch der Gastgeber hatte in der Offensive viel zu bieten. Die Jungstars Jamal Musiala und Florian Wirtz, von den Medien zu "Wusiala" zusammengefasst, ließen die Deutschen an ihren vierten EM-Titel glauben. Ab dem 5:1-Auftaktsieg gegen Schottland herrschte Euphorie pur. Die Trendwende war unter dem im Vorjahr eingesetzten Teamchef Julian Nagelsmann erst 2024 gelungen. Das DFB-Team forderte Spanien im Viertelfinale voll, am Ende riss Deutschland ein Treffer von Mikel Merino in der vorletzten Minute der Verlängerung aus seinen Titelträumen.

Georgien: Der EM-Neuling präsentierte sich als absolute Bereicherung. Das 1:3 gegen die Türkei war eine der aufregendsten Partien dieser EURO, der Aufstieg ins Achtelfinale gelang dank eines sensationellen 2:0 über Portugal. Überragender Mann der Georgier war Torhüter Giorgi Mamardashvili, der mit Abstand die meisten Paraden des Turniers zeigte, nämlich 29. Im Achtelfinale ging der Außenseiter gegen Spanien sogar in Führung, am Ende war der spätere Finalist aber zu stark. Auch Mamardashvili stemmte sich vergeblich gegen das 1:4.

Nachspielzeit: Viele Partien drehten sich in der Schlussphase. Nicht weniger als 13 Turniertore vor dem Finale fielen in der Nachspielzeit der zweiten Hälfte. England, Deutschland und die Türkei schafften da gleich zwei Tore, wobei die "Three Lions" jeweils in der K.o.-Phase zuschlugen: Im Achtelfinale rettete Jude Bellingham sein Team gegen die Slowakei in die Verlängerung, im Halbfinale fixierte Ollie Watkins mit seinem Tor gegen die Niederlande den englischen Finaleinzug. Am spätesten traf der Ungar Kevin Csoboth, der in der 100. Minute gegen Schottland das 1:0 für die Magyaren schoss.

Rangnicks Entertainer: Das ÖFB-Team begeisterte in der Gruppenphase mit seinem körperbetonten, auf schnellen Ballgewinnen fußenden Spielstil. "Es waren vier megaunterhaltsame Spiele, megaintensiv. Dagegen gab es andere Spiele, wo ich vor dem TV Mühe hatte, mich wach zu halten", hielt Teamchef Ralf Rangnick treffend fest. Die Darbietungen der Österreicher fanden auch international Anklang. Am Ende kam dennoch im Achtelfinale gegen die Türkei (1:2) das Aus.

Nicolas Seiwald: Bei RB Leipzig kein Stammspieler, aber aus dem ÖFB-Team von Ralf Rangnick nicht mehr wegzudenken. Österreichs Dauerbrenner hatte die 15 Länderspiele vor dem Turnier alle durchgespielt und rackerte auch in den vier EM-Partien im Mittelfeldzentrum über die volle Distanz. Der 23-jährige Salzburger verzeichnete im Turnierverlauf die meisten Ballgewinne der ÖFB-Auswahl, nämlich 26 - und beging dabei in 360 EM-Minuten nicht ein einziges Foul.

Reklamieren ist nicht mehr: Die neue Regel, dass bei der EM nur die Kapitäne mit dem Schiedsrichter diskutieren dürfen, hat sich bewährt. Rudelbildungen um den Unparteiischen fielen auch nach strittigen Szenen praktisch weg, da den Spielern sonst eine Gelbe Karte und womöglich eine Sperre gedroht hätte. Nationale Ligen dürften sich bald daran ein Beispiel nehmen.

Fan-Comeback: Drei Jahre nach der von der Corona-Pandemie geprägten EM 2021 gaben die Zuschauer dem Turnier eine wichtige Note zurück. Die zehn Stadien im Fußball-Land Deutschland waren fast zur Gänze ausgelastet. Rund 52.000 Zuschauer pro Spiel sind der höchste Schnitt bei einem EM-Turnier seit 2012. Es war eine bunte Angelegenheit, an den Spielorten wurde größtenteils friedlich gefeiert - auch mit großen Fanmärschen. Aus Österreich reisten jeweils rund 20.000 Fans zu den ÖFB-Partien im Nachbarland.

Flops

Träge Schwergewichte: Ballgeschiebe war auch mit hochtalentierten Individualisten ausgestatteten Teams nicht fern. Einige K.o.-Spiele lebten eher von der Spannung als von fußballerischer Finesse. Vizeweltmeister Frankreich murkste sich zwar ins Halbfinale, erzielte aber erst dort sein erstes Tor aus dem Spiel heraus. Zwei der vier französischen Turniertreffer waren Eigentore. Belgien, der ewige Geheimfavorit, war nur in einem von vier Spielen erfolgreich. Auch Portugal wurde den Erwartungen mit Altstar Cristiano Ronaldo im Sturmzentrum nicht gerecht.

Italien: Die "Squadra Azzurra" rettete sich als Titelverteidiger nur dank eines Treffers in der 98. Minute ins Achtelfinale, dort war sie gegen die Schweiz völlig chancenlos. Die EM-Krone von 2021 erscheint wie ein ungewöhnlicher Ausschlag nach oben in einer Phase eines hartnäckigen Tiefs. Für die jüngsten beiden Weltmeisterschaften war Italien nicht einmal qualifiziert, in den zwei Weltturnieren davor war nach der Gruppenphase Endstation.

Kroatien: WM-Zweiter 2018, WM-Dritter 2022 - aber bei der EURO 2024 hieß es bereits nach der Gruppenphase Abschied nehmen. Späte Gegentore gegen Albanien und Italien besiegelten das vorzeitige Aus. Dass Luka Modric gegen die Italiener im Alter von 38 Jahren und 289 Tagen zum ältesten Torschützen der EM-Geschichte avancierte und damit Ivica Vastic ablöste, war für den Kroaten kein Trost.

Goalgetter: Erstmals seit der Aufstockung auf 24 Team könnten drei Tore für die EM-Torschützenkrone reichen. Starstürmer wie Frankreichs Kylian Mbappe, der im Auftaktspiel gegen Österreich (1:0) einen Nasenbeinbruch erlitten hatte, oder Polens Robert Lewandowski trafen nur per Elfmeter, aber nicht aus dem Spiel heraus. Cristiano Ronaldo ging überhaupt leer aus - ebenso wie Belgiens Romelu Lukaku, dem gleich drei Treffer vom VAR aberkannt wurden.

Nationalismus/Rassismus: In Österreichs Fan-Sektor war im Gruppenspiel gegen Polen kurz ein Transparent mit der offensichtlich rechtsextremen Parole "Defend Europe" zu sehen, dazu grölten Anhänger vor dem Achtelfinal-Aus gegen die Türkei "Ausländer raus". Bei den Türken machte der Wolfsgruß die Runde. Albaniens Offensivmann Mirlind Daku wurde für zwei Spiele gesperrt, weil er per Megafon Schlachtrufe gegen Nordmazedonien angestimmt hatte. Englische Teamspieler mussten Affenlaute hinnehmen, von serbischer Seite gab es Vorwürfe nach angeblich feindseligen Gesängen kroatischer und albanischer Fans. Auch bei diesem Fußball-Großevent zeigte sich, dass der Sport als Bühne für das Zurschaustellen nationalistischer Tendenzen missbraucht werden kann.

Flitzer: Cristiano Ronaldo war das beliebteste "Selfie"-Opfer von auf den Platz stürmenden Fans. Das Sicherheitsrisiko bekam die UEFA als Veranstalter bis zuletzt nicht in den Griff. Alvaro Morata kam nach dem Finaleinzug mit dem Schrecken davon, als ein Sicherheitsmann beim Versuch, den Flitzer abzufangen, mit Spaniens Kapitän kollidierte.

Öffentlicher Verkehr: Das Image der Deutschen Bahn als unzuverlässiges Transportmittel wurde bestätigt. Züge fuhren gar nicht, mit großer Verspätung oder wurden auf halbem Wege einfach eingezogen. Besonders symbolträchtig: Die niederländische Nationalmannschaft musste wegen einer Streckensperrung aufs Flugzeug ausweichen, die Ankunft im Hotel verzögert sich um etwa vier Stunden. Auf den Flugverkehr war ebenfalls kein Verlass, Flüge wurden ohne Angaben von Gründen annulliert oder auf den nächsten Tag verschoben. Manche Fans verpassten daher ihre Spiele.

Gesprächsstoff

Österreichs Abschneiden: Mit dem Gruppensieg vor Frankreich und den Niederlanden ließ das ÖFB-Team das Land von historischen Heldentaten träumen. Der Rolle des Geheimfavoriten, die ihr einige internationale Medien und Experten zugeschrieben hatten, wurde die Auswahl von Teamchef Ralf Rangnick dann aber nicht gerecht. Mit einer bitteren 1:2-Niederlage gegen die Türkei kam wie vor drei Jahren unter Franco Foda im Achtelfinale das Aus. Es bleibt die Gewissheit, dass in der vermeintlich leichteren der beiden Hälften des Turnierbaumes mehr möglich gewesen wäre.

Politische Begleiterscheinungen: Einmal mehr wurde offensichtlich, dass Sport und Politik nicht zu trennen sind. Frankreichs Teamspieler, vor allem Mbappe vor dem Österreich-Match, gaben flammende Appelle gegen einen drohenden Rechtsruck bei den Wahlen in Frankreich ab. ÖFB-Stürmer Michael Gregoritsch forderte Distanzierung von rechtem Gedankengut und Teamchef Rangnick mahnte, man müsse "auf dem rechten Auge sehr, sehr wachsam sein". Der Türke Merih Demiral zelebrierte sein zweites Tor gegen das ÖFB-Team mit dem in Österreich verbotenen, als rechtsextrem geltenden Wolfsgruß. Die Folge waren eine Zwei-Spiele-Sperre für den Verteidiger und diplomatische Verwerfungen zwischen Deutschland und der Türkei.

Modus: 24 teilnehmende Teams bringen seit der EM 2016 zwar mehr Spiele und damit Geld, sorgten aber einmal mehr für unübersichtliche Rechenspiele und schwierige Turnierplanungen. Dass vier von sechs Gruppendritten ins Achtelfinale einziehen, spannte einige Teams besonders lange auf die Folter. Die Ungarn etwa warteten nach ihrem letzten Gruppenspiel gegen Schottland (1:0) drei Tage, um am Ende wegen des Sensationssieges von Georgien gegen Portugal (2:0) doch noch die Heimreise antreten zu müssen.

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