Unglaubliche Statistik: Elf Eigentore hat es bei der EURO 2020 bislang gegeben, mehr als bei den 15 EM-Turnieren zuvor zusammen.
Die Europameisterschaft wird zu einer echten Torrekord-Show, doch leider im negativen Sinne. Noch nie zuvor hat es bei einer EURO so viele Eigentore gegeben wie in dieser. In 15 EM-Endrunde waren es bisher nur neun Eigentore. Dänemarks Simon Kjaers sorgte im Halbfinale gegen England für das elfte Eigentor des Turniers. Ob im großen Finale zwischen England und Italien eines dazu kommt, wird sich zeigen.
Der Blogger Tobias Escher analysiert die Entstehungen gegenüber der "Sportschau".
Torwartfehler und Taktiktrend
Für Escher lassen sich die Eigentore vor allem in zwei Kategorien einteilen:
1. Torwartfehler: Vier der neun Eigentore haben Torhüter erzielt. Bei Lukas Hradecky (Finnland) und bei Wojciech Szczesny (Polen) prallte der Ball vom Pfosten an die Torhüter und von dort ins Tor. Der slowakische Torwart Martin Dubravka faustete sich den Ball selbst ins Tor, Spaniens Unai Simón traf bei einem Rückpass von Pedri den Ball nicht richtig, der dann ins Tor kullerte. "Die Torhüter machen bei dieser EM viele Fehler", sagt Escher.
2. Scharfe, halbhohe Flanken: Die zweite Kategorie von Eigentoren fällt laut Escher in einen taktischen Trend. "Vier Eigentore sind nach sehr ähnlichen Spielzügen gefallen", sagt der Taktikexperte. Dabei habe die angreifende Mannschaft jeweils das Spiel auf den anderen Flügel verlagert und so einen Seitenwechsel vollzogen. "Die Bälle kamen in die letzte Linie, so dass der Spieler außen mit dem ersten oder zweiten Kontakt sofort scharf und halbhoch flankte. Die Verteidiger beförderten den Ball dann in das eigene Tor", sagt Escher.
"Das kann ein gutes Mittel sein. Durch den Seitenwechsel müssen sich die Verteidiger drehen, gleichzeitig auf die Spieler hinter sich achten und mit der Flanke umgehen." Das sorge für Desorientierung in der Verteidigung, was zu Fehlern führe. "Vor allem Deutschland setzt auf diese Taktik", sagt Escher. Es gebe häufig Seitenwechsel zwischen den Außenverteidigern Robin Gosens und Joshua Kimmich.
Zwei Portugal-Eigentore gegen Deutschland
Die beiden portugiesischen Spieler Ruben Dias und Raphael Guerreiro trafen auf diese Weise gegen Deutschland ins eigene Tor. Der türkische Spieler Merih Demiral erzielte per Eigentor in diesem Muster beim Eröffnungsspiel gegen Italien das erste Tor des Turniers. Aber auch Mats Hummels unterlief ein solches Eigentor gegen Frankreich.
In keine der beiden Kategorien passen diese drei Eigentore: Kjaers Eigentor gegen England war keine Folge eines Richtungswechsels, er rutschte einfach in den Ball. Der Treffer des Schweizers Denis Zakaria ins eigene Tor gegen Spanien war schlicht ein zu entscheidendes Abfälschen. Und dem Slowaken Juraj Kucka unterlief gegen Spanien ein eher unglücklicher Treffer ins eigene Tor.
Alle 11 Spieler, die Eigentore bei der EURO 2020 erzielten:
Merih Demiral (Türkei) - Italien 0:3
Wojciech Szczesny (Polen) - Slowakei 1:2
Mats Hummels (Deutschland) - Frankreich 0:1
Ruben Dias (Portugal) - Deutschland 2:4
Raphael Guerreiro (Portugal) - Deutschland 2:4
Lukas Hradecky (Finnland) - Belgien 0:2
Martin Dubravka (Slowakei) - Spanien 0:5
Juraj Kucka (Slowakei) - Spanien 0:5
Pedri (Spanien) - Kroatien 5:3 n. V.
Denis Zakaria (Schweiz) - Spanien 2:4 i. E. (1:1)
Simon Kjaer (Dänemark) - England 1:2 n. V.