Vor EM-Finale
Darum ist Cristiano Ronaldo so (un)beliebt
09.07.2016
Hier der Blutspender, da der Selbstdarsteller - die zwei Seiten von CR7.
Cristiano Ronaldo polarisiert: Die einen lieben ihn, die anderen halten ihn für arrogant und selbstverliebt. Am Sonntag greift der Superstar mit Portugal nach Europas Krone. Im Finale wartet Gastgeber Frankreich - ein Sieg wäre für Ronaldo die Erfüllung eines Kindheitstraum: "Ich wollte mit dem Nationalteam immer einen großen Titel holen."
+++ Ronaldos besonderer Final-Schwur +++
Daran, dass über den 31-Jährigen die Meinungen weit auseinander gehen, wird eine Sternstunde im Stade de France nichts ändern. Aber warum ist das so? Wir haben je drei Argumente für und gegen CR7.
PRO
- Selfie-Star: Als nahbares Idol hat Ronaldo bei dieser EM viele Sympathiepunkte gewonnen. Erst nahm er sich trotz eines verschossenen Elfmeters nach dem Spiel gegen Österreich Zeit für ein Foto mit einem Fan, der auf den Platz gerannt war. Dann ließ er sich vor dem Halbfinale gegen Wales von einem Jugendlichen umarmen, der Teil der Eröffnungszeremonie war. Einem weiteren Burschen, der sich kurz danach auf das Mannschaftsfoto der Portugiesen schmuggelte, strich er grinsend über den Kopf. Ronaldo hat ein Herz für Kinder!
- Blutspender: Und er hat mehr als Fußball und Geld im Kopf. Seit Jahren spendet der Modellathlet Blut, um Menschen in Notsituationen zu helfen. Zum ersten Mal tat er das im Alter von 24 Jahren, weil der Sohn eines Mitspielers eine Knochenmarkspende brauchte, wie es auf einer Webseite des Pharmakonzerns Abbott heißt, für die Ronaldo als Botschafter auftritt. Das Blutspenden ist übrigens der Grund dafür, warum Ronaldo anders als viele Mannschaftskollegen nicht tätowiert ist.
- Erfolg: Das beste Argument für seine Fans ist und bleibt die überragende sportliche Leistung. Drei Mal Weltfußballer. 260 Tore in der spanischen Primera Division, 93 in der Champions League, 84 in der englischen Premier League. Auch bei jeder seiner vier EM-und drei WM-Teilnahmen traf Ronaldo. Nur eines fehlt noch: Ähnlich wie beim argentinischen Dauer-Rivalen Lionel Messi reichte es bisher nicht für einen Titel mit der Nationalmannschaft.
(c) Gepa
CONTRA
- Freistoß-Drama: Fußball ist Show, Fußball ist Unterhaltung - und kaum ein anderer Spieler steht dafür so sehr wie Ronaldo. Legt er sich den Ball zum Freistoß zurecht, beginnt ein Ritual, das zu seinem Markenzeichen geworden ist: ein paar Schritte rückwärts, breitbeinige Pose und die Hände am imaginären Colt. Allein, ein direktes Freistoßtor bei einer WM oder EM gelang ihm noch nicht. Kritiker sind von der andauernden Theatralik des Portugiesen genervt.
- Mikrofon-Affäre: Bisweilen zeigt der Weltstar, der immer unter Beobachtung steht, Nerven. So auch bei dieser EM. Stunden vor dem entscheidenden Vorrundenspiel gegen Ungarn ließ Ronaldo einen TV-Reporter auflaufen: Kommentarlos nahm er ihm das Mikrofon ab und schleuderte es in einen See. Kritiker sahen sich in ihrer Vorstellung des abgehobenen Millionärs bestätigt. Die bessere Antwort gab Ronaldo im Spiel. Zwei Tore erzielte er selbst, ein weiteres legte er auf.
- Egoismus: Seine Tricks beherrschen nur wenige, seine Effizienz ist herausragend - aber muss er das ständig nach außen tragen, fragen sich viele. Bei der aktuellen EM gestikulierte er auf dem Platz so wild, dass es schien, er wolle seine Kollegen am liebsten wie an der Playstation fernsteuern. Zwar hat Ronaldo bis zum Finale auch drei Tore vorbereitet. Aber ein Fußballer, der sich als Unterwäsche-Model ablichten lässt, und das auch noch für seine eigene Marke, gilt eben schnell als Selbstdarsteller.
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