Aufregunng
Garics will ungarische Hymne mitsingen
09.06.2016
Der Ex-Rapidler wurde in Ungarn geboren, nun trifft er auf seine alte Heimat.
Bei György Garics werden im ersten Fußball-EM-Spiel des ÖFB-Teams zwei Herzen in einer Brust schlagen. Der Rechtsverteidiger trägt am Dienstag in Bordeaux die Dress seiner Wahlheimat Österreich - und das gegen sein Geburtsland Ungarn, wo nach wie vor seine Eltern wohnen. "Das wird etwas ganz Besonderes sein", prophezeite der Deutschland-Legionär.
Zwei Herzen
Garics ist auf eine Hochschaubahn der Gefühle eingestellt. "Es werden schon besondere Emotionen kommen. Ich habe noch nie die ungarische Hymne auf dem Rasen gehört." Wie er sich beim Abspielen der beiden Hymnen verhalten wird, weiß Garics selbst noch nicht genau. "Die österreichische singe ich auf jeden Fall mit. Wenn ich vielleicht auch bei der ungarischen mitsinge, kann mir das keiner übel nehmen. Deswegen würde ich auch nicht zurückziehen, wenn es drauf ankommt."
Allerdings ist es eher unwahrscheinlich, dass Garics gegen die Magyaren überhaupt spielen wird. In der gesamten EM-Qualifikation hatte er gegenüber Florian Klein das Nachsehen, in den beiden jüngsten Testmatches gegen Malta und die Niederlande war der Darmstadt-Profi neben Kevin Wimmer der einzige aktuelle ÖFB-Internationale ohne Einsatzminuten.
"Ich würde lügen, wenn ich sage, ich würde nicht gern spielen, aber die Entscheidung trifft der Teamchef. Ich versuche, im Training immer meine Leistung zu bringen", meinte der 32-Jährige und ergänzte: "Jeder möchte spielen, doch wenn wir Erfolg haben wollen, gibt es keinen Platz für Egoismen."
Auch von der Ersatzbank aus wird Garics in den 90 Minuten in Bordeaux voll auf einen österreichischen Sieg fokussiert sein. "Ich würde mich freuen, wenn wir in dieser Partie drei Punkte holen. Und danach hoffe ich, dass beide Mannschaften weiterkommen." Im Zweifelsfall würde Garics aber naturgemäß ein Weiterkommen Österreichs präferieren. "Ich habe diesem Land am meisten zu verdanken, sowohl als Mensch als auch als Fußballer."
Wenig Kontakt
Allzu viel Bezug zur ungarischen Auswahl hat der 41-fache Internationale (2 Tore) nicht. Deren Goalie Gabor Kiraly kennt er, weil der 40-Jährige bei Haladas Szombathely gemeinsam mit Garics senior spielte. "Aber der Kontakt ist seither ein bisschen verloren gegangen."
Garics wuchs in Szombathely nahe der österreichischen Grenze auf, sein Vater war als Spieler und Trainer bei einigen Clubs im Burgenland tätig. Als 14-Jähriger wurde der Defensivspieler von Rapid entdeckt und übersiedelte nach Wien - ohne Eltern und mit rudimentären Deutschkenntnissen.
Vier Jahre später maturierte er im Gymnasium Maroltingergasse mit Auszeichnung. "Sprachen haben mich schon immer interessiert, deswegen war das auch keine große Hürde für mich", sagte der seit seiner Italien-Zeit auch fließend italienisch sprechende Garics.
Etwas schwerer fiel schon die Trennung von der Familie. "Als ich als 14-Jähriger alleine nach Wien gekommen bin, war das keine einfache Zeit. Aber im Endeffekt habe ich alles richtig gemacht." Garics etablierte sich bald in Rapids Kampfmannschaft, wurde mit den Hütteldorfern 2005 Meister und qualifizierte sich für die Champions League. Im Oktober 2006 folgte das Nationalteam-Debüt beim 2:1 in Liechtenstein, wo ihm prompt ein Tor gelang. Damals stand Garics bereits bei Napoli unter Vertrag, weitere Stationen in Italien waren Atalanta Bergamo und Bologna.
Vor einem Jahr machte der Rechtsverteidiger den Sprung zu Darmstadt und schaffte mit dem Underdog den Verbleib in der deutschen Bundesliga. "Anfangs sind wir als schwarzes Schaf belächelt worden. Den Klassenerhalt haben uns nur wenige zugetraut, aber wir haben immer daran geglaubt", meinte Garics.
Der Ex-Rapidler zählte die meiste Zeit zur Stammformation, ehe er im März und April wegen Knieproblemen pausieren musste und danach eine Zeit lang auf der Bank saß. "Aber in der entscheidenden Phase zu Saisonende hat der Trainer wieder auf mich gesetzt, das hat mich sehr gefreut", erzählte Garics. "Eine bessere Saison hätte ich mir nicht vorstellen können."