Katerstimmung beim ÖFB: Jetzt spricht Koller erklärt das EM-Aus.
Marcel Koller nahm am Donnerstag ein letztes Mal im Pressezentrums in Mallemort Platz. Nach der 1:2-Niederlage gegen Island galt es, eine Bilanz der aus ÖFB-Sicht enttäuschend verlaufenen EM zu ziehen. Dabei führte der Schweizer Gründe an, die nach der Auftakt-Niederlage gegen Ungarn zu hören waren. Die Systemumstellung zählte er nicht dazu.
+++ So spottet das Netz über Alaba und Co. +++
Erstmals in seiner viereinhalbjährigen Amtszeit setzte Koller auf eine Dreierkette, zudem stellte er David Alaba zwischen den beiden Flügelstürmern Marcel Sabitzer und Marko Arnautovic quasi als "falschen Neuner" auf. Der gewünschte Erfolg dieser Maßnahme blieb aus, die Österreicher wirkten phasenweise desorientiert und brachten über weite Strecken keinen geordneten Spielaufbau zustande.
"Ein System hat noch nie ein Spiel gewonnen, ein System hat nie ein Spiel verloren. Die Jungs füllen ein System aus", so Koller. Er stellte sich damit gegen die Debatte, die in der Öffentlichkeit geführt wird: "Es lag nicht am System, die Dreierkette hatten wir schon lange im Kopf."
Koller über die System-Debatte
Entscheidungen im Nachhinein zu hinterfragen sei immer leicht. Sie selbst zu treffen und dafür gerade zu stehen nicht - darüber definiere sich aber sein Job: "Wir können über vorher und nachher diskutieren. Für Journalisten ist das einfach. Ich lade Euch gerne ein, mal die Elf aufzustellen und danach dafür die Verantwortung zu tragen."
Kapitän Christian Fuchs sprang ihm zur Seite: "Wir dürfen nicht alles schlecht reden. Dagegen werde ich mich stellen." Er verwies auf den steilen Aufstieg der Mannschaft in der jüngeren Vergangenheit: "Wir haben es leider nicht geschafft, unsere Leistung auf den Punkt zu bringen."
Die Verantwortlichen wollen nun ihre Lehren ziehen. Koller sieht jedoch ebenso seine Schützlinge in der Pflicht, die nie zur Selbstsicherheit aus der herausragenden Quali, die man ohne Niederlagen bestritten hatte, fanden.
Koller über den Erwartungsdruck
"Ich bin Trainer, ich bin abhängig von den Spielern", betonte Koller. Jeder müsse im Urlaub aufarbeiten, warum man nicht imstande war, sein Potenzial abzurufen. Statt gegenseitig mit dem Finger aufeinander zu zeigen, forderte er Selbstreflexion und deutete in diesem Zusammenhang Differenzen innerhalb des Teams an.
"Dass es Spannungen gibt, ist völlig normal, wenn man vier, fünf Wochen beisammen ist. Da ist es wichtig, bei sich selbst zu beginnen", erklärte der Coach. "Jeder Einzelne muss sich Gedanken machen, was mentale Dinge betrifft, ihre mentale Vorbereitung auf Partien, die eigene Erwartungshaltung."
Fakt ist: Österreich hinkte den Ansprüchen hinterher. Womöglich lastete der Druck zu schwer. Koller: "Wir haben nichts Außergewöhnliches verlangt, nur solch ein Turnier, mit allem Drumherum, war eine neue Erfahrung."
Koller über die Lehren der Spieler
Erst in der zweiten Halbzeit gegen Island wirkten die ÖFB-Kicker freier. Koller ist das aufgefallen: "Erst als alles drohte, den Bach runterzugehen, haben sie nicht über die Erwartungen von Familie, von Freunden, von der Öffentlichkeit oder von sich selbst nachgedacht. Dann haben sie einfach Fußball gespielt."
David Alaba und Co. müssten sich vor allem eine Frage stellen, so Koller: "Wie kann ich meinen Fokus auf den Platz bringen? Wenn das gelingt, sind wir bereit." Denn auf höchstem Niveau entscheiden Kleinigkeiten. "Wenn man drei Spiele hat und nur in der letzten Halbzeit so spielt, wie man es kann, reicht es einfach nicht."
Im September startet für den ÖFB die WM-Qualifikation. Erster Gegner ist Georgien. Bis dahin, hofft Koller, machen sich Medien, Fans und Spieler von der Vergangenheit frei. "Die Zukunft zählt, das hat uns die EURO gezeigt", appellierte Koller und warnte davor, nach schlechteren Leistungen alles in Frage zu stellen. Wie nach der EM.