Interview
Adriaanse: "Janko-Entscheidung war richtig"
19.02.2009
Im großen Interview spricht Bullen-Dompteur Co Adriaanse über Starstürmer Janko und wer im Frühjahr der Hauptkonkurrent sein wird.
Wie zufrieden waren sie mit der Vorbereitung?
Adriaanse: "Die
Vorbereitung war nicht optimal, weil wir in beiden Trainingslagern zu viele
verletzte Spieler hatten. Meine Absicht war, dass möglichst alle Spieler die
sechs Wochen Vorbereitung mitmachen können, um die Gruppe noch besser zu
machen. Ich hatte auch Tage mit nur zehn oder zwölf Spielern. Daher konnte
ich taktisch nicht so viel machen."
Könnte das im Auftaktspiel gegen Rapid ein Nachteil sein?
Adriaanse:
"Das weiß man nicht. Dänemark hat sich gar nicht vorbereitet
auf die EM 1992 und hat sie dann gewonnen."
Warum hat Salzburg nur vier Vorbereitungsspiele absolviert?
Adriaanse:
"Das war meine Absicht, weil, wenn man viel spielen muss, kann man auch
nicht ausreichend trainieren. Im Training kann ich taktisch besser
trainieren als in einem Spiel, weil ich laufend unterbrechen und korrigieren
kann."
Gegen Partizan Belgrad und Dinamo Zagreb offenbarten sich erschreckende
Defensivschwächen. Bereitet ihnen das Kopfzerbrechen?
Adriaanse:
"Ich kann mit dieser Mannschaft sehr einfach 0:0 spielen. Wenn Janko
nur auf der Mittellinie spielt und nie in den Strafraum kommt, kann er kein
Tor schießen. Das haben wir bei der Nationalmannschaft gegen Schweden
gesehen. Mein System ist aber sehr auf Angriff ausgerichtet. Wir sind jedoch
am Ball noch zu unruhig und haben unnötige Ballverluste. Deshalb sind wir
konteranfällig. Aber so lange wir gewinnen, sehe ich dabei kein
Problem. Ich habe diese Philosophie und deswegen bin ich auch von Mateschitz
und Hochhauser geholt worden."
In der Winterpause mussten fünf Spieler den Verein verlassen, darunter
auch die hoffnungsvollen Nationalspieler Pamic und Traoui. Warum?
Adriaanse:
"Mit 28 Spielern war der Kader zu groß, um optimal arbeiten zu
können. Wir haben bei den abgegebenen Spielern gezielt auf die
Positionen geachtet. Pamic und Traoui konnten sich bisher nicht durchsetzen.
Sie müssen aber spielen, um sich entwickeln zu können. Deshalb haben
wir sie auch nur verliehen."
Wie beurteilen sie den neuen Torhüter Eddy Gustafsson?
Adriaanse:
"Wenn man Meister werden will, braucht man zwei erfahrene Tormänner.
Eddy ist dritter Tormann von Schweden. Er ist sehr stark bei Flanken und
beim Herauslaufen und kann das Spiel schnell machen. Es war ein großes
Problem, einen Torhüter mit dieser Qualität zu finden. Das haben
Hochhauser und Linke sehr gut gemacht. Ich habe ihn gar nicht gekannt. Zudem
war er auch ablösefrei."
Kann Andreas Ulmer das Problem auf der linken Abwehrseite lösen?
Adriaanse:
"Er ist kein typischer Verteidiger. Er ist mehr ein offensiver Spieler,
der im Aufbau und Angriff sehr gut ist. Er ist laufstark, hat eine präzise
Flanke und ein gutes Passspiel. Aber auch Ronnie Gercaliu hat sich zuletzt
gut verbessert. Er weiß natürlich, sein Vertrag läuft aus, er will
weiterkommen. Mit Andy hat er einen zusätzlichen Konkurrenten und das hat
ihn gut motiviert."
Sie gelten ja seit ihrer Zeit bei Ajax Amsterdam, wo sie viele Spieler
geformt haben, als Entwicklungstrainer.
Adriaanse: "Das ist die
erste Aufgabe eines Trainers. Nicht die Fans sind die wichtigsten Kunden
eines Trainers, sondern die Spieler. Diese besser zu machen, das ist meine
wichtigste Aufgabe. Daran arbeite ich jeden Tag. Ich muss aus Ulmer noch
einen besseren Spieler formen. Einen Kovac oder Zickler kann ich nicht mehr
verbessern. Die zweite Aufgabe ist, eine Mannschaft zu formen, die nach
meiner Philosophie spielt."
War die Entscheidung von Marc Janko, in Salzburg zu bleiben, richtig?
Adriaanse:
"Ja. In der Mitte einer Saison wegzugehen ist sowieso schwierig. Sich
anzupassen am Anfang einer Saison ist viel einfacher. Er passt jetzt
hundertprozentig in diese Mannschaft. Er kann sich vielleicht noch
weiterentwickeln. Und, wenn er seine Leistung fortsetzt, dann kann er im
Sommer oder nächstes Jahr weggehen."
Janko hatte im Herbst einen unglaublichen Lauf. Kann er den im Frühjahr
fortsetzen?
Adriaanse: "Ich habe noch nie einen Spieler mit so einer Trefferquote
gehabt. Eine Fortsetzung ist schwierig. Dann müsste er um die 50 Tore
schießen und das ist unmöglich. Aber diesen Rekord von Krankl (41
Tore; Anm.) zu übertreffen muss möglich sein, wenn er verletzungsfrei
bleibt und wieder seine Form findet. Aber das ist für einen Verteidiger
einfacher als für einen Stürmer, der nur zwei, drei, vier Momente
im Spiel bekommt und da muss er dann bereit sein."
Alex Zickler scheint wieder erstarkt zu sein.
Adriaanse: "Er hat
unglaubliche Arbeit für die Mannschaft geleistet und deswegen konnte
auch Marc so viele Tore schießen. Er hat jetzt eine andere Rolle und
ist genauso gut wie er immer war."
Wäre ein Sieg gegen Rapid eine Vorentscheidung im Titelkampf?
Adriaanse:
"Nein. Den Nachtrag in Kärnten, ein sehr schwieriges Spiel, haben
wir noch nicht gewonnen. Ich habe jetzt die Erfahrung von einem halben Jahr.
Und da ist es für uns nicht einfach gelaufen. Die Qualität von Sturm,
von Rapid und auch von der Austria ist in etwa die gleiche wie die unsere.
Wir haben noch so viele schwierige Spiele vor uns. Man kann auch dreimal
hintereinander verlieren und der ganze Vorsprung wäre dann wieder weg."
Rapid, Sturm oder Austria, wer ist für Sie der gefährlichste Konkurrent?
Adriaanse:
"Ich denke Rapid. Sie spielen zu Hause sehr stark vor 18.000
begeisterten Zuschauern, die sie immer unterstützen. Das ist ein großes
Plus. Die Spieler haben die Erfahrung, dass sie schon einmal Meister
geworden sind. Sie wissen, wie sie Meister werden können. Das sitzt im Kopf
fest. Auch beim Trainer und im ganzen Verein."
Zuletzt wurden sie als möglicher Nachfolger von Huub Stevens bei PSV
Eindhoven gehandelt. Ist da etwas dran?
Adriaanse: "Offiziell nicht.
Aber das ist bei Ajax, bei Feyenoord, bei Alkmaar oder bei der
Nationalmannschaft so. Immer, wenn die Topmannschaften einen Trainer suchen,
dann bin ich unter den Kandidaten."
Ihr Vertrag bei Red Bull endet im Sommer. Gab es schon Gespräche wegen
einer Verlängerung?
Adriaanse: "Wir haben ein Gespräch gehabt.
Nicht mit Mateschitz. Red Bull ist mein erster Ansprechpartner. Diese
Verabredung haben wir gemacht, als ich hierherkam. Der Club und insbesondere
Mateschitz wollten einen Trainer für zwei oder drei Jahre haben."
Provokant gefragt, macht es überhaupt noch Spaß in einem Land zu
arbeiten in dem der Fußball immer mehr zur Bedeutungslosigkeit verkommt?
Adriaanse:
"Ich bin nicht einverstanden mit bedeutungslos. Ich sehe viele gute
Talente in Österreich. Ich kenne den Fußball in Holland und
Portugal sehr gut. Rapid, Austria, Sturm und Red Bull könnten dort
gegen starke Mannschaften bestehen. Ich denke, dass das Niveau in Österreich
ziemlich gut ist. Für einen Trainer ist es auch wichtig, unter welchen
Bedingungen er arbeiten kann. Dieses Trainingszentrum von Red Bull gibt es
nirgends in Holland. Nicht einmal bei Ajax. Und Red Bull ist ein Weltkonzern
mit vielen Möglichkeiten. Der Unterschied zu Holland ist, dass dort die
Stadien fast immer ausverkauft sind. Dann ist es auch die Aufgabe eines Trainers
den Fußball zu popularisieren und so zu spielen, dass die Zuschauer
mobilisiert werden. Damit war und bin ich immer sehr beschäftigt."
Wie würden sie in Prozent die Chancen einschätzen, Ende Mai als Meister
festzustehen?
Adriaanse: "Das kann ich nicht sagen. Wir haben
natürlich eine gute Chance, weil wir Nummer eins sind und vier Punkte
Vorsprung haben. Aber das ist im Fußball nicht viel. Nach dem Spiel gegen
Rapid kann es schon ganz anders ausschauen."