Rund um die Vorfälle beim Wiener Derby hat sich die Polizei nun geäußert.
Das 328. Wiener Derby wird noch lange für Gesprächsstoff sorgen. Nicht nur wegen des fulminanten 6:1-Sieges der Wiener Austria über den Erzrivalen, sondern auch aufgrund der Vorfälle vor der Partie. Beim Fanmarsch der Rapidler zum Austria-Stadion wurden Wurfgeschosse auf die angrenzende Südost-Tangente geworfen. Es wurden "sowohl pyrotechnische Gegenstände als auch Getränkeflaschen und -dosen sowie Schneebälle verwendet", teilte die Polizei mit.
Die A23 wurde daraufhin gesperrt und es kam zu einem massiven Polizeieinsatz: "Durch diese Vorgehensweise ist der strafrechtliche Tatbestand der Gemeingefährdung erfüllt, da eine Gefahr für das Leben oder das Eigentum einer größeren Zahl von Menschen herbeigeführt wurde." Es kam zu Identitätsfeststellungen bei mehr als 1.300 angehaltenen Rapid-Fans. Eine langwierige und umstrittene Aktion, die erst lange nach Schlusspfiff gegen 22 Uhr beendet wurde.
Die "Rechtshilfe Rapid" verfolgte den Einsatz live via Twitter, sprach gar von Folter. Teilweise mussten die Fans eingekesselt von der Polizei sieben Stunden in der Kälte ausharren. "Leute kippen bereits um und müssen ärztlich versorgt werden", heißt es von der Rechtshilfe. Frauen würde der Zugang zu Toiletten verwehrt. Auch Rapid selbst hat sich zu den Vorfällen geäußert. Hier mehr:
Das sagt Rapid-Boss zu Derby-Eklat
Rapid prangerte mangelnde Verhältnismäßigkeit an und sprach von einem "skandalösen Vorgehen". Laut Polizei sei der Einsatz ohne gröbere Zwischenfälle abgelaufen. Es mussten "lediglich drei Personen von der Rettung abtransportiert werden". Laut Rechtshilfe Rapid wurde der zur medizinischen Versorgung zwischenzeitlich angerückte Katastrophenzug des Roten Kreuzes aber unverrichteter Dinge wieder weggeschickt. "Die Polizei verweigert eine medizinische Versorgung", heißt es in einem diesbezüglichen Tweet. Dies deckt sich mit Club-Angaben. "Den perlustrierten Personen, darunter auch Kinder, Frauen und ein Mädchen, das aufgrund einer Diabetes-Erkrankung insulinpflichtig ist, mussten ohne Versorgung (Getränke oder Essen) und ohne Möglichkeit sanitäre Anlagen aufzusuchen, dort verharren."
Der Einsatz endete mit zwei Anzeigen. Laut Polizei gab es eine Anzeige wegen vorsätzlicher Gemeingefährdung und eine verwaltungsrechtliche Festnahme. Zahlreiche pyrotechnische Gegenstände, darunter "eine Rauchgranate polnischen Fabrikats" seien sichergestellt worden. Krammer: "Egal ob ein Gegenstand oder mehrere, so eine Aktion ist natürlich ohne Wenn und Aber zu verurteilen."
In Fankreisen und in den sozialen Netzwerken wurde über eine geplante Retourkutsche der Polizei auf eine Anti-Polizei-Choreografie gemutmaßt. Vor dem Anpfiff des Europa-League-Spiels am vergangenen Donnerstag - dem 13.12. - hatte die organisierte Fanszene tribünenübergreifend in großen, grünen Lettern den Schriftzug "1312" präsentiert. Ein Code für die Abkürzung "ACAB", die für die Beschimpfung "All Cops Are Bastards" steht. Die Justiz stellte am Montag gegenüber der APA klar, dass der Einsatz nicht von ihr angeordnet worden sei.
Wiens Landespräsident Gerhard Pürstl hatte sich noch am späten Sonntagabend in einer Aussendung zu Wort gemeldet. "Gewalt hat auch beim Fußball nichts verloren. Die Wiener Polizei ist dieser entschieden entgegengetreten", wurde Pürstl zitiert. Er wünscht sich nun, dass der Verein "gegen alle gewaltbereiten Fans, soweit sie ihm bekannt sind, konsequent, auch mit Stadionverboten, vorgeht".
Rapid-Boss Krammer prangerte hingegen den Generalverdacht gegenüber über 1.300 Personen an. "Ich stimme dem Landespolizeipräsidenten absolut zu, dass Gewalt auch im Fußball nichts verloren hat. Daher sollten jene zur Verantwortung gezogen werden, die sich in diesem Zusammenhang strafbar machen, aber nicht über 1.300 Personen unter Generalverdacht gestellt und über Stunden unter menschenunwürdigen Umständen festgehalten werden."
Landes-Polizeipräsident Gerhard Pürstl sprach sich zudem für Stadionverbote aus: "Zusätzlich werden die Straftäter, die wegen konkreter gefährlicher Angriffe ausgeforscht werden, der Bundesliga zur Prüfung eines Sportstättenbetretungsverbotes gemeldet. Ich erwarte mir aber - wie alle friedfertigen Fußballfans - darüber hinaus auch, dass der Verein gegen alle gewaltbereiten Fans, soweit sie ihm bekannt sind, konsequent, auch mit Stadionverboten, vorgeht. Den eingesetzten Kräften gilt für die Bewältigung dieses schwierigen Einsatzes mein besonderer Dank!"
Die Polizei-Aktion wird wohl ein juristisches Nachspiel haben. Die "Rechtshilfe Rapid" kündigte bereits ein Vorgehen an.
Die gesamte Erklärung der Polizei im Wortlaut:
Einige Tatverdächtige waren der Polizei bereits von früheren Amtshandlungen namentlich bekannt. Einerseits um weitere gefährliche Angriffe zu verhindern, andererseits um alle mutmaßlichen Täter anzeigen zu können, wurden 1338 Fans im Bereich des Tatorts von der Polizei angehalten und Identitätsfeststellungen unterzogen. Anschließend wurden alle bereits kontrollierten Personen gemäß den Bestimmungen des SPG aus dem Sicherheitsbereich weggewiesen.
Zahlreiche Wurfgegenstände wurden sichergestellt und werden auf mögliche Spuren untersucht. Auch während der Perlustrierung konnten bei den angehaltenen Personen eine erhebliche Menge pyrotechnischer Gegenstände sowie eine Rauchgranate polnischen Fabrikats sichergestellt werden, die grundsätzlich nur für militärische Zwecke verwendet wird und laut österreichischem Recht als Sprengmittel eingestuft ist. Bei den anderen Sicherstellungen handelt es sich vorwiegend um verbotene Pyrotechnik der Klasse F3 und höher, sowie Blitzknallsätze und Notsignalfackeln.
Die Amtshandlung gegenüber den angehaltenen Fans konnte um 21:55 Uhr abgeschlossen werden. Neben einer Anzeige wegen vorsätzlicher Gemeingefährdung kam es zu einer verwaltungsrechtlichen Festnahme. Entgegen kolportierten Behauptungen bezüglich zahlreicher Rettungseinsätze wird nach Rücksprache mit der Wiener Berufsrettung angemerkt, dass während der Dauer des gesamten Einsatzes lediglich drei Personen von der Rettung abtransportiert werden mussten. Ein Mann klagte über Knieprobleme, eine Frau über Kreuzschmerzen und ein dritter Patient über Kreislaufbeschwerden.
Der Landespolizeipräsident von Wien, Dr. Gerhard Pürstl, nimmt zu den heutigen Vorfällen rund um das Wiener Derby wie folgt Stellung: „Gewalt hat auch beim Fußball nichts verloren. Die Wiener Polizei ist dieser entschieden entgegengetreten. Zusätzlich werden die Straftäter, die wegen konkreter gefährlicher Angriffe ausgeforscht werden, der Bundesliga zur Prüfung eines Sportstättenbetretungsverbotes gemeldet. Ich erwarte mir aber - wie alle friedfertigen Fußballfans - darüber hinaus auch, dass der Verein gegen alle gewaltbereiten Fans, soweit sie ihm bekannt sind, konsequent, auch mit Stadionverboten, vorgeht. Den eingesetzten Kräften gilt für die Bewältigung dieses schwierigen Einsatzes mein besonderer Dank!“
Insgesamt standen im Zusammenhang mit dem heutigen Fußballmatch 550 Polizistinnen und Polizisten der Wiener Polizei im Einsatz.