Millionentransfers, internationale Erfolge und ansehnlicher Fußball: Sturm erlebt derzeit eine Renaissance glorreicher Tage. Im Hintergrund dafür verantwortlich ist Andreas Schicker, der als Geschäftsführer Sport der Grazer seit fast zweieinhalb Jahren einen eindeutigen Plan verfolgt.
"Wir haben den Verein mit einer klaren Spielidee und einem klaren Scouting auf eine andere Ebene gebracht. Wirtschaftlich haben wir einen riesigen Schritt gemacht", sagte Schicker.
Nach den Rekordverkäufen von Kelvin Yeboah (6,5 Mio. Euro) im Jänner und dessen Nachfolger Rasmus Höjlund (17 Mio. Euro) im Sommer müssen die Steirer nicht mehr jeden Euro zweimal umdrehen. Dazu kommen für den Vizemeister um Trainer Christian Ilzer noch die Millionen-Einnahmen aus der Europa League. "Wir haben viel richtig gemacht. Das Wichtigste ist, dass du weiterhin investierst", betonte Schicker im APA-Gespräch. "Sowohl in Spielerqualität und Potenzial, als auch in Infrastruktur."
Investitionen in Infrastruktur voll im Gange
Die ersten Schritte diesbezüglich sind bereits gemacht. Im Trainingszentrum Messendorf wurden die Rasenplätze erneuert, ab Februar soll zudem eine neue Rasenheizung mit einem energiesparenden Modell aus der Schweiz zum Einsatz kommen. Ein weiteres großes Projekt auf Schickers To-Do-Liste ist ein Trainingszentrum für die Jugend- und Frauenabteilung, speziell beim Thema Akademie habe Sturm viel Aufholbedarf. "Da sind wir in guten Gesprächen mit der Politik", bekräftigte Schicker mit Blick auf ein mögliches Grundstück. Eine finale Entscheidung solle zeitnah erfolgen, Ende 2023 oder Anfang 2024 das neue Gelände bezogen werden.
Das große Kapital bleibt allerdings der Kader der Kampfmannschaft. Hier sollen sich Talente wie William Böving (19) oder Emanuel Emegha (19) auf internationaler Bühne präsentieren und Begehrlichkeiten wecken. "Wir müssen konsequent unseren eingeschlagenen Weg weitergehen", sagte Schicker mit Nachdruck, dann ergebe sich vieles von selbst. Besonders bei der Suche nach Talenten hat der 36-Jährige ein klares Bild vor Augen. Die Basis für gutes Scouting sei zu wissen, welchen Fußball das Team spielt.
"Wenn ich das weiß, kann ich für jede Position ein Anforderungsprofil machen. Dann brauche ich nicht mehr im großen Meer fischen, sondern im kleinen Teich. Da sind wir klar und aktiv unterwegs", sagte Schicker. Täglich bekommt der Sportchef der Steirer etwa 30 Spieler von Beratern angeboten, für ihn "Zeitverschwendung". Viel lieber sondiert er gemeinsam mit den beiden Chefscouts Christoph Leitgeb und Paul Pajduch den Markt, ehe am Ende in enger Abstimmung mit Ilzer eine Entscheidung getroffen wird. "Fast zu hundert Prozent sind wir da immer einer Meinung. Die Zusammenarbeit mit dem Trainerteam ist großartig", sagte Schicker.
Erfolgreiche Talentsuche in Skandinavien
Besonders in Skandinavien hatten die Grazer zuletzt Erfolg bei der Talentsuche, und dieser Teich ist noch nicht ausgefischt. Dänemark habe Österreich in der Ausbildung "ganz klar" überholt, außerdem besitzen die Spieler laut Schicker eine "sehr gute" Persönlichkeit und Mentalität. Weitere Verpflichtungen sind bei Sturm in diesem Winter aufgrund der "gesunden" Kaderbreite aber nicht zu erwarten. Die Verträge von Kapitän Stefan Hierländer, Tormann Jörg Siebenhandl oder Stammspieler Jusuf Gazibegovic laufen im Sommer aus. Erste Gespräche mit Beratern führte Schicker bereits, finale Entscheidungen über Verlängerungen werden in der spielfreien Zeit während der WM fallen.
Mit einem qualitativ hochwertigen Kader wollen sich die Grazer jedenfalls langfristig an der Ligaspitze etablieren. Serienmeister Salzburg scheint trotzdem unantastbar. "Man braucht sich nur den Salzburger Kader anschauen, der hat mehr Marktwert als die gesamte restliche Liga", erklärte Schicker. "Solange es so ist, ist es sehr schwierig." Aber: Falls die "Bullen" schwächeln sollten, solle es schon so sein, "dass wir nicht irgendwo unnötig Punkte liegen lassen", betonte er. "Natürlich darf man träumen, aber man muss es immer richtig einschätzen."
Denn in den vergangenen zweieinhalb Jahren sei es beim SK Sturm eben schon "sehr, sehr gut gelaufen", merkte Schicker an, auch in schwierigen Zeiten dürfe man sich deshalb nicht direkt aus der Ruhe bringen lassen. "Dann darf man nicht alles infrage stellen, sondern muss versuchen, der Linie treu zu bleiben." Generell, forderte der Ex-Kicker, müsse man "ein bisschen weggehen vom ständigen Tabellenplatz-Denken".