Neo-Teamchef bewies bei seinen Nachnominierungen gutes Gespür - Janko erzielte einen Treffer, Scharner war an beiden Toren der ÖFB-Elf beteiligt.
Marc Janko blickt auf eine turbulente Woche zurück. Zunächst kam die Enttäuschung über die ausbleibende Einberufung in den Kader des österreichischen Fußball-Nationalteams, dann der "Frustabbau" mit zwei Elfertoren in der UEFA-Cup-Qualifikation gegen Suduva Marijampole, die überraschende Nachnominierung und schließlich ein Platz in der Startformation beim 2:2 im Testspiel in Nizza gegen Italien, in dem der 25-Jährige sein erstes Tor in der ÖFB-A-Auswahl erzielte.
"Die letzten Tage waren eine Achterbahn der Gefühle", gab der Niederösterreicher zu. "Ich habe erst am Samstagnachmittag erfahren, dass ich doch zur Nationalmannschaft einrücken muss. Umso überraschter war ich, dass ich von Beginn an spiele."
Vergleiche mit Jan Koller
Der Salzburg-Kicker lieferte gegen den
regierenden Weltmeister den wohl stärksten seiner nunmehr vier
Länderspiel-Auftritte ab, brachte die italienische Defensive vor allem gegen
Ende der ersten Hälfte allein an vorderster Front einige Male ins Schwitzen
und zeigte dabei ähnliche Attribute, wie sie der neue ÖFB-Teamchef Karel
Brückner in seiner Zeit als tschechischer Nationaltrainer an Jan Koller
schätzte.
"Bin der Janko von Österreich"
Vergleiche mit dem
Sturm-Riesen des nördlichen Nachbarn lehnt Janko jedoch ab. "Ich bin nicht
der Jan Koller Österreichs, sondern der Marc Janko Österreichs", betonte der
Goalgetter, der Luca Toni als sein Vorbild bezeichnet. Dennoch könnte der
Sohn der ehemaligen Leichtathletin Eva Janko in Kollers Fußstapfen treten,
wurde doch im Testspiel gegen Italien augenscheinlich, dass Brückner sein in
Tschechien bewährtes System auch in Österreich anwenden will - und im Rennen
um den Stammplatz als kopfballstarker Strafraum-Stürmer hat plötzlich Janko
die besseren Karten als Stefan Maierhofer oder Roland Linz.
Scharner diszipliniert
Scharner wurde vom neuen Teamchef Karel
Brückner in dessen 4-1-4-1-System als Staubsauger im Mittelfeld aufgeboten
und erfüllte seine Aufgabe mit einer taktischen Disziplin, wie man sie beim
Niederösterreicher in seinen vorangegangenen 16 Auftritten in der
ÖFB-Auswahl nicht immer gesehen hatte. "Ich habe versucht, die Ruhe
hineinzubringen, die gefehlt hat, und ich glaube, es ist mir gelungen."
Dabei wurde der 28-Jährige auf einer Position eingesetzt, die der Premier-League-Kicker schon seit vielen Monaten nicht mehr bekleidete. "Bei Wigan spiele ich immer Innenverteidiger. Das ist ein anderes Bewegungsmuster, aber ich habe gleich wieder gut zurückgefunden", erklärte Scharner.
Zwiespältiges Resümee
Aufgrund der zwei Treffer gegen
die traditionell defensivstarken Italiener müsse die Leistung in der
Offensive gepasst haben, "aber über die Defensive lässt sich streiten",
monierte der Ex-Austrianer und ärgerte sich vor allem über die Entstehung
des ersten Gegentreffers unmittelbar vor der Pause. "So ein Tor dürfen wir
nicht bekommen, da hätten wir nicht auf Abseits spielen dürfen."
Angeschlagen
In der Halbzeit blieb Scharner in der Kabine, weil
sein zuletzt lädiertes Sprunggelenk wieder angeschwollen war. "Aber das war
eine reine Vorsichtsmaßnahme", meinte der ÖFB-Internationale, der hofft,
rechtzeitig für das Meisterschafts-Heimspiel am Sonntag gegen Chelsea wieder
fit zu werden.
Aussprache
Bis zur nächsten Team-Zusammenkunft ab 1. September in
Lindabrunn, wo sich die Mannschaft auf die ersten Partien der
WM-Qualifikation im Wiener Happel-Stadion gegen Frankreich (6. September)
und in Litauen (10. September) vorbereitet, wird Scharner aber wieder im
Vollbesitz seiner Kräfte sein. Und spätestens in der dortigen
Abgeschiedenheit sollen alle internen Probleme, die durch seinen
ÖFB-Rücktritt vor zwei Jahren entstanden, endgültig ad acta gelegt werden.
Gleich zu Beginn des Trainingslagers sei eine Unterredung mit dem gesamten
Kader geplant. "Ich bin in den vergangenen zwei Jahren ruhiger geworden und
habe dazugelernt", betonte Scharner, der nach eigenen Angaben bisher
Einzelgespräche mit Andreas Ivanschitz und Emanuel Pogatetz führte.