Peter Stöger:
"Ich bin in der besten Liga der Welt"
16.06.2013Peter Stöger ist in Köln gelandet. ÖSTERREICH-Sportchef Wolfgang Ruiner war mit dabei.
Austria-Meistermacher will mit dem 1. FC Köln dasselbe Kunststück schaffen: Mit wenig Geld an die Spitze. Die Kölner glauben an ihn. Peter Stöger (47) ist in Köln angekommen. Der deutsche Traditionsklub will mit dem Wiener Meister-Trainer wieder in die erste Bundesliga zurück. Der Erwartungsdruck ist enorm, zahlte der Zweitligist doch 650.000 Euro Ablöse - und das für einen "Ösi".
Kein Geringerer als Toni Schumacher hatte sich für Stöger eingesetzt. Der ehemalige Welttorhüter ist jetzt Vizepräsident beim FC Köln. Schumacher zu ÖSTER-REICH: "Wir haben uns in München im kleinen Kreis getroffen. Er hat uns seine Vorstellungen kundgetan. Ich war begeistert und habe zu allen gesagt: Das ist unser Mann."
Überzeugt
Stöger hat die Wiener Austria zum Titel geführt, den großen Favoriten Red Bull hinter sich gelassen. Schumacher: "Da ist er uns das erste Mal aufgefallen. Was mir besonders imponiert: Stöger hat bewiesen, dass Geld alleine keine Titel bringen. Er hat mit einem kleineren Etat Salzburg bezwungen."
Schulden
Auch in Köln ist Stöger nicht auf Rosen gebettet. Der FC hat rund 40 Millionen Schulden, muss bei Transfers sparen. Dennoch will man mit Stöger den Aufstieg schaffen. Im Schnitt 40.000 Zuschauer fordern das. "Der Verein gehört in die Bundesliga", sagt auch Stöger. Schumacher bremst: "Schön langsam. Peter will aufsteigen, wir auch. Aber es ist kein Muss."
Was Schumacher von Stöger fordert: Offensivfußball, der die Kölner Fans begeistern soll. "Dazu braucht er auch gute Spieler. Wir werden versuchen, seine Wünsche zu erfüllen." Peter weiß aber, dass er keine Superstars bekommen wird. Stöger: "Wie schon bei der Austria. Da habe ich den Hosiner von der Admira geholt und geformt. Jetzt ist er für die deutsche Bundesliga interessant." Dieses goldene Händchen braucht er auch in Köln.
Stöger: "Ich tauche in eine ganz andere Fußballwelt ein"
ÖSTERREICH: Hast du schon realisiert, was dich in Köln erwartet?
Peter Stöger: Mir ist jetzt schon klar, dass ich in eine neue Fußballwelt eintauche. Mich erwartet eine andere Dimension vom Fan-interesse, von Stadien, von Medien. ich bin vorbereitet und nehme die Herausforderung an.
ÖSTERREICH: Ist der Wechsel von Österreichs Meister in die deutsche 2. Liga kein Abstieg?
Peter Stöger: Das sehe ich anders. Die deutsche Bundesliga hat sich zur besten Liga der Welt entwickelt, Bayern und Dortmund standen im Champions-League-Finale. und auch die Vereine der 2. Liga sind top. ich denke nur an die Traditionsklubs wie Kaiserslautern, Düsseldorf, Bochum und natürlich auch Köln. Mein neuer Verein hat über 40.000 Zuschauer -das sagt wohl alles.
ÖSTERREICH: Ist unser Vereinsfußball so schlecht, dass du keine Perspektiven bei der Austria gesehen hast?
Peter Stöger: nein, aber wir sind ein Entwicklungsland. unsere besten Kicker spielen im Ausland. Da kann die Liga nicht stärker werden. Könnten wir unsere 30 Legionäre bei unseren Vereinen eingliedern, dann wäre die Liga auch interessanter.
ÖSTERREICH: Was reizt dich so an Köln?
Peter Stöger: Mich interessiert, was ich mit meinen Fußballmethoden in Deutschland erreichen kann. ich bin davon überzeugt, dass ich es schaffen werde. Die Möglichkeit, am deutschen Markt zu arbeiten, musste ich nützen. Hier stehe ich in der internationalen Auslage.
ÖSTERREICH: Erkläre mir deine Spielphilosophie?
Peter Stöger: ich will auch in Köln eine neue Mannschaft entwickeln, für eine Stimmung sorgen, bei der sich jeder wohlfühlt. Das war das Erfolgsgeheimnis bei der Austria. Die Geschlossenheit der Mannschaft. und ich stelle auch in Köln meine Werte in den Vordergrund: Respekt, Vertrauen und Verantwortung. Dieses Credo hat mich bisher immer begleitet.
ÖSTERREICH: Zur Austria: Die Fans sehen dich als Verräter.
Peter Stöger: Das ist eine Momentaufnahme, ich akzeptiere diese Meinung. ich bin auch in Wiener neustadt aus dem laufenden Vertrag herausgekommen, keiner hat sich aufgeregt. Vielleicht habe ich bei der Austria zu gut gearbeitet. ich brauche kein schlechtes Gewissen zu haben. ich bin nicht im Streit gegangen, wir haben weiterhin die beste Gesprächsbasis. Mir haben viele Kollegen zu meinem Schritt gratuliert. ich habe mehr Glückwunsch-SMS bekommen als nach dem Titel mit der Austria.
ÖSTERREICH: Zählen im Profi-Fußball Verträge nichts mehr?
Peter Stöger: ja, sie zählen schon. Aber sie werden auch von der anderen Seite nicht eingehalten. Bei der Vienna und auch 2006 bei der Austria musste ich trotz bestehenden Vertrags gehen. Das ist kein Pragmatisierungsjob. ich habe mich fair verhalten.
ÖSTERREICH: Wie sieht Freundin Uli den Wechsel?
Peter Stöger: Sie unterstützt mich, hat sofort gesagt, dass ich nach Köln gehen soll. ich bespreche alles mit ihr, wir sind ein eingespieltes Team.
ÖSTERREICH: Warum bist du als Spieler nicht ins Ausland gewechselt?
Peter Stöger: ich hätte nach Frankfurt gehen können - im gleichen jahr, als Andi Herzog nach Bremen kam. ich war schon in Frankfurt, aber ich fühlte mich nicht wohl, außerdem war das Angebot nicht gut. im nachhinein war es kein Fehler, in Österreich zu bleiben.
Wolfgang Ruiner