Goldtor-Schütze
Iniesta ist Spaniens neuer Held
11.07.2010
26-jähriger Barca-Star erlöste den Europameister mit seinem Siegtor.
Er hat schon viele wichtige Spiele entschieden - durch seine Kreativität, aber auch durch seine Tore. An jenen Moment in der 116. Minute des WM-Finales im Soccer City Stadium von Johannesburg wird aber lange nichts herankommen. Andres Iniesta versenkte einen Pass seines Kollegen Cesc Fabregas wuchtig im Tor, schickte damit ein ganzes Land in den Freudentaumel - 1:0 gegen die Niederlande, Spanien ist erstmals Weltmeister.
Rührender Torjubel
Nach diesem Tor riss sich selbst der
sonst so zurückhaltende Star des FC Barcelona das Trikot vom Körper.
Darunter befand sich eine Aufschrift, die Rührung verbreitete. "Dani Jarque
siempre con nosotros" (Dani Jarque immer mit uns), stand dort zu lesen. Die
Worte erinnerten an den ehemaligen Kapitän des Stadtrivalen Espanyol
Barcelona, der im August des Vorjahres im Trainingslager einem Herzversagen
erlegen war. Dani Jarque war 26 Jahre alt - genauso alt wie Iniesta es heute
ist.
"Dachte an alle, die ich liebe"
"Es ist unglaublich,
ich habe bei diesem Tor an alle gedacht, die ich liebe", strahlte Iniesta,
der Offensivgeist mit dem dünnen Haarwuchs, der aus der "seleccion" nicht
mehr wegzudenken ist. Seine Kreativität hatten die Spanier in der
Anfangsphase der WM schmerzlich vermisst - etwa beim 0:1 gegen die Schweiz,
als er in der Schlussphase verletzt ausgefallen war. Zeit seiner Karriere
hatte sich der Mittelfeldspieler aus der Barca-Schule immer wieder mit
Muskelverletzungen herumschlagen müssen.
Fix gesetzt
Seine spielerische Qualität freilich ist
unbestritten. "Wenn er fit ist, dann spielt er auch - immer", betonte
Teamchef Vicente del Bosque beim Turnier in Südafrika. "Er ist einer unserer
wichtigsten Spieler." Vielseitig ist er einsetzbar - links, rechts und zur
Not auch in der Mitte. Oft steigert er sich mit Fortdauer eines Spiels, ruft
seine beste Leistung erst in der Schlussphase ab - so geschehen im Vorjahr
im Halbfinal-Rückspiel der Champions League gegen Chelsea (Tor zum Aufstieg
in der 93. Minute), so geschehen auch im WM-Finale.
"Ich brauche meinen Rhythmus. Wenn mir in einem Spiel etwas gelingt, gibt mir das Sicherheit", hatte Iniesta einmal gesagt. So war es dann auch an diesem Abend in Johannesburg, als der 1,73 m kleine Mittelfeldmann völlig zurecht zum Spieler des Spiels gewählt wurde. "Es ist fantastisch, die Freude ist riesengroß - vor allem, wenn man sieht, auf welche Art und Weise wir gewonnen haben", sagte Iniesta, einer von sieben Barca-Spielern in Spaniens Startformation.
Zur Barca-Karriere überredet
Mit zwölf Jahren war Iniesta
den Scouts der Katalanen bei seinem Stammverein Albacete aufgefallen. Dem
schüchternen Burschen aus dem Dorf Fuentealbilla in der Region Kastilien-La
Mancha war es aber schwer gefallen, ins 450 km entfernte Barcelona
auszuwandern. Er tat es nach einiger Überredungskunst dann doch - zum Glück
für alle Beteiligten. Sein Vertrag bei Barca läuft bis 2015, Präsident Joan
Laporta hatte ihn 2007 bei einem Angebot von Real Madrid für unverkäuflich
erklärt.
In Fuentealbilla haben sie mittlerweile eine Straße nach ihm benannt, nach der WM soll dem berühmtesten Sohn der 2.000-Seelen-Gemeinde auch eine Statue gewidmet werden. Mit seinem Tor im Finale ist Iniesta nun auch zum Held ganz Spaniens aufgestiegen. "Er ist das größte Versprechen des spanischen Fußballs", hatte sein einstiger Barca-Teamkollege Ronaldinho schon vor Jahren gesagt. Bisher hat das Versprechen alles gehalten - mittlerweile ist es Welt- und Europameister.