Mailand liegt nach dem 2:0 über die Bayern im Freudentaumel - Der Trainer ist gleich in/bei Madrid geblieben. Ein Streit in Turin forderte ein Menschenleben.
Das von Inter Mailand erreichte und für Italiens Fußball historische Triple aus Scudetto, Cupsieg und dem 2:0-Triumph über Bayern München im Finale der Champions League hat Mailand in der Nacht auf Sonntag in ein Tollhaus verwandelt. Weit über 100.000 Tifosi tauchten die lombardische Hauptstadt in ein schwarzblaues Fahnenmeer. Als die Mannschaft kurz nach 6 Uhr in der Früh direkt nach ihrer Ankunft aus Madrid mit der Trophäe ins Mailänder Giuseppe-Meazza-Stadion einlief, gerieten 50.000 Fans auf den Rängen außer sich. Doch Trainer Jose Mourinho glänzte durch Abwesenheit.
- Und das war das Spiel.
Mourinho gleich in Madrid geblieben
Der Portugiese, dessen
Wechsel zu Real Madrid bereits festzustehen scheint, fehlte ebenso wie
Clubpräsident Massimo Moratti. Beide waren überraschend in Spanien
geblieben. Erst als das Flugzeug mit der Inter-Delegation gegen 5.00 Uhr in
Mailand landete, bemerkten die rund 2.000 Fans am Flughafen Malpensa, dass
das Duo fehlte. Der Freude tat dies keinen Abbruch.
Milito im Applaus-Sturm
Mit dem in die Höhe gehaltenen Pokal
liefen die Inter-Stars in San Siro eine Ehrenrunde. Am frenetischsten wurde
der zweifache Torschütze Diego Milito bejubelt, der das Trikot von Kapitän
Javier Zanetti trug. Eine Mischung aus der Inter-Hymne, Feuerwerkskörpern
und den Jubel-Gesängen der Fans sorgte für ohrenbetäubenden Lärm.
Teamkapitän Zanetti hatte bei seiner Ansprache Mühe, sich Gehör zu
verschaffen, als er Inters schweren Weg zum Champions League-Sieg Revue
passieren ließ.
Eine Krone für den Principe
Mehr als sieben Stunden hatten
die Tifosi auf ihre Champions-League-Sieger gewartet und die Nacht in
Mailand zum Tag gemacht. Bis zum frühen Morgen zogen singende Inter-Fans zu
Fuß und in Autocorsi durch die Stadt. Mehr als 100.000 Tifosi hatten das
Spiel auf der "Piazza del Duomo" auf einer Großbildleinwand
verfolgt. Die Tore ihres "Principe" genannten Lieblings Milito
stürzten die Inter-Fans in einen Taumel. "König Juan Carlos - gib
dem Principe deine Krone!", forderten die Fans auf einem Spruchband.
Ein Toter in Turin
In Turin kam es zu einer Messerstecherei mit
tödlichem Ausgang. Zwei Männer wurden wegen eines Streits um den
italienischen Charakter einer ausschließlich aus Legionären bestehenden Elf
in einer Bar vom Wirt vor die Tür gesetzt. Es kam zu Tätlichkeiten, wobei
ein 63-Jähriger mit einem Messer so schwer verletzt wurde, dass er im Spital
starb. Der Täter entkam vorerst unerkannt.
Inter hat Angst vor der Zukunft
Selbst im Freudentaumel des
Champions-League-Triumphs aber fürchten die Inter-Fans um die Zukunft des
Teams. Befeuert werden die Ängste in erster Linie vom Abgang von Mourinho.
Der Portugiese, der als erst dritter Coach nach Ernst Happel und Ottmar
Hitzfeld mit zwei Vereinen (FC Porto, Inter) die Champions League gewinnen
konnte, tendiert zu einem Wechsel zu Real Madrid und blieb für Gespräche mit
dessen Präsident Florentino Perez in der spanischen Hauptstadt. Mourinho,
extrem ehrgeiziger Meister der Selbstinszenierung, hat ein Ziel, das sich
mit Inter nicht realisieren lässt: "Ich will der Erste sein, der die
Champions League mit drei Clubs gewinnt", sagte der 47-Jährige.
Mourinho formte aus traditionell exklusiven Einzelkönnern bei Inter Europas bestes Team. Und seine Spieler vergöttern ihn. Nach dem Sieg gegen den FC Bayern ging nicht etwa er zu ihnen, um sie zu umarmen. Die meisten liefen von ganz allein auf ihn zu. "Es ist nicht das Geld, das Siege bringt, sondern die Haltung, die Mentalität, und der Zusammenhalt. Das habe ich zu Inter gebracht", sagte der Trainer. Nun will Real Madrid davon profitieren, Mourinho soll bei seinem Vier-Jahres-Kontrakt 10 Millionen netto jährlich kassieren.
Wen nimmt Mourinho mit?
Doch nicht nur der Abgang Mourinhos
könnte Inter schwächen, befürchtet wird auch, dass der scheidende Trainer
Inter-Spieler nach Spanien lotsen könnte. Spanische Medien sehen Starstürmer
Milito und den Brasilianer Maicon bereits beim "Weißen Ballett". Selbst
Spielmacher Wesley Sneijder kann sich eine Rückkehr zu den "Königlichen"
offenbar vorstellen. "Inter wird mich nicht gehen lassen. Es ist noch zu
früh, zurückzukehren", so der Niederländer.