Es brennt
Nach Debakel: Niko Kovac vor Rauswurf
03.11.2019Es brennt beim FC Bayern. Vieles deutet jetzt auf einen Trainer-Wechsel hin.
Die mächtigen Bosse verschwanden wortlos und ohne jede Rückendeckung für Trainer Niko Kovac, das öffentliche Training wurde abgesagt: Der FC Bayern München muss nach dem 1:5-Debakel bei Eintracht Frankfurt die schwerste Niederlage in der deutschen Fußball-Bundesliga seit über zehn Jahren aufarbeiten.
Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge und der scheidende Präsident Uli Hoeneß hatten ihren schwer angeschlagenen Coach nach der Pleite am Samstag mit keinem Wort gestärkt. Kovac selbst sagte: "Ich gehe enttäuscht und traurig in den Bus."
Trainer-Wechsel?
Als er nach der Rückkehr in München am späten Samstagabend mit dem vor der Presse ebenfalls schweigenden Sportdirektor Hasan Salihamidzic angeregt diskutierte, war seine Zukunft so ungewiss wie nie. Nach dem von einem frühen Platzverweis von Jerome Boateng beschleunigten sportlichen Zerfall wirkte Kovac beim deutschen Meister wie ein Einzelkämpfer. Der Double-Gewinner verteidigte sich nach der höchsten Liga-Niederlage seit April 2009 vor allen Mikrofonen und im Kreuzverhör der Pressekonferenz.
Ob er die kommende englische Woche mit Spielen gegen Olympiakos Piräus und Borussia Dortmund noch als Bayern-Trainer erlebe? "Das weiß ich nicht." So, wie seine Antworten klangen, sah Kovac auch aus: schwer gezeichnet, mitgenommen und mit einer großen Portion Ungewissheit über die eigene Zukunft. Für die Trainingseinheit des Meisters am Sonntag blieben die Tore für die Zuschauer nach einer kurzfristigen Entscheidung am Samstagabend geschlossen. Abschottung lautete die Münchner Devise nach dem Debakel.
Drei knappe und hart erkämpfte Siege über Union Berlin, Olympiakos und den VfL Bochum hatten ohne Glanz und Souveränität schon immer lautere Zweifel an Kovac geweckt. Das überdeutliche 1:5, nach dem sich die Bayern-Profis mit David Alaba kollektiv in der eigenen Kurve entschuldigten, kam nun zur absoluten Unzeit. "Es ist kein riesiges Wunder, was passiert ist. Es hat sich ein bisschen angebahnt. Die kommenden Tage dürften sehr unruhig werden", sagte Kapitän Manuel Neuer.
Turbulente Wochen
Der FC Bayern hat zwischen dem 7:2 bei Tottenham und dem 1:5 in Frankfurt turbulente Wochen hinter sich. Vieles spricht aber dafür, dass es die bevorstehende Phase mit dem Abgang von Hoeneß als Präsident in knapp zwei Wochen sowie einer möglichen Trainertrennung noch mehr in sich hat. "Es war eine deftige Niederlage, die wir erst einmal verarbeiten. Alles andere kann ich Ihnen sowieso nicht sagen, da würden wir hier noch Minuten oder Stunden sitzen", erklärte Kovac. Damit war viel gesagt.
Die Tore von Filip Kostic, Djibril Sow, David Abraham, Martin Hinteregger und Goncalo Paciencia hatten das bayerische Selbstverständnis zuvor regelrecht erschüttert. "Du darfst hier keine fünf Dinger bekommen", sagte Neuer, der vor allem in Hälfte zwei eine Mannschaft vor sich sah, die sich gegen den Club von Trainer Adi Hütter komplett ergeben hatte.
Für Kovac ist die angespannte Situation nicht gänzlich neu. Schon in seinem Debütjahr beim FC Bayern geriet er im Herbst mächtig unter Druck, damals wurde es nach einem 3:3 gegen Düsseldorf richtig ungemütlich. "Ich bin nicht blauäugig. Ich habe im letzten Jahr nicht aufgegeben und werde auch jetzt nicht aufgeben", sagte der Trainer, dessen Kampfgeist sich diesmal mehr in seinen Worten als in seiner Körpersprache widerspiegelte. Die vergangene Spielzeit endete trotz Krise mit dem Double, doch selbst die beiden nationalen Titelgewinne räumten die grundsätzlichen Zweifel an Kovac nicht aus.
Zuletzt war es nicht nur die fehlende sportliche Konstanz, die dem Trainer vermehrt Kritik einbrachte. Mit dem überflüssigen "Not-am-Mann"-Kommentar zum häufig als Reservisten eingesetzten Thomas Müller machte sich Kovac keine Freunde, nach schwachen Spielen nahm er stärker die Profis in die Kritik und sich selbst davon aus.
Auch dass Kovac seine Stärken als Trainer in den Punkten Kompaktheit und Defensivverhalten hat, war zuletzt überhaupt nicht mehr zu sehen. 16 Gegentore sprechen eine klare Sprache: Das sind mehr als bei Aufsteiger Union Berlin und so viele wie zu diesem Saisonzeitpunkt zuletzt unter Jürgen Klinsmann im Jahr 2008.