Obszöne Geste: Das steckt hinter Bellinghams Eier-Jubel
Jude Bellingham hat England vor einem blamablen Ausscheiden gegen die Slowakei bei der Fußball-EM bewahrt. Dank des Traumtreffers des Real-Madrid-Stars in der 95. Minute dürfen die "Three Lions" weiter vom ersten EM-Triumph träumen. "Es war wahrscheinlich das wichtigste Tor meiner Karriere", betonte der 21-Jährige. Der Ausgleich zum 1:1 am Sonntag in Gelsenkirchen brachte sein Team in die Verlängerung, in der verdient der Viertelfinaleinzug perfekt gemacht wurde.
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Entscheidender Torschütze war Bayern-Stürmer Harry Kane, als Matchwinner wollte er sich aber absolut nicht bezeichnen. Der Kapitän wollte lieber über den akrobatischen Geniestreich seines jüngeren Kollegen fast am Ende der Nachspielzeit sprechen. "Das war eines der besten Tore in der Geschichte unseres Landes. Was für ein Spieler er ist, er hat uns bei dieser EM am Leben gehalten. Er arbeitet so hart für das Team und in den großen Momenten liefert er", lobte Kane.
Obszöne Geste
Am Samstag hatte Bellingham seinen 21. Geburtstag gefeiert, am Tag danach machte er sich mit einem Fallrückzieher das beste Geschenk. "Es gibt einige schöne Tore, solche, die mir persönlich viel bedeuten wie meine ersten Tore für Birmingham, Dortmund und Madrid. Das sind immer besondere Tore, aber dieses steht zuoberst", verlautete das Offensiv-Ass. Eine große Last fiel da ab. "Du bist 30 Sekunden davon entfernt, nach Hause zu fahren, dir all den Müll anhören zu müssen und das Gefühl zu haben, eine Nation im Stich gelassen zu haben. Und in 30 Sekunden und mit einem Schuss ändert sich alles. Das fühlt sich großartig an."
Vor allem auch, da in den vergangenen Tagen medial immer wieder Negatives über das Team verbreitet worden sei. "Es wird viel geredet. Und ich glaube, man muss das ein bisschen persönlich nehmen. Und in solchen Momenten ist es schön, es einigen Leuten heimzuzahlen", betonte Bellingham. Passend zu seinen Worten hatte er während der Partie einen Griff Richtung eigene Genitalien angedeutet - ein Gruß an die Freunde, wie Bellingham später über die sozialen Netzwerke wissen ließ.
"Southgates Retter"
Seinem Teamchef konnte er jedenfalls vorerst den Job retten. "Southgates Retter", titelte der "Daily Mirror". "Er kann große Spiele entscheiden und das ist das, was er gemacht hat", sagte Gareth Southgate über Bellingham. Den über weite Strecken mageren Auftritt seiner Elf in einem laut "The Sun" bis auf das Ergebnis "frustrierenden Spiel" wollte der 53-Jährige nicht schönreden. "Wir wollen besser sein, das will ich gar nicht wegdiskutieren. Aber der Spirit und der Charakter waren da", resümierte Southgate.
Glanz konnte bisher bei den Partien gegen Serbien (1:0), Dänemark (1:1), Slowenien (0:0) und nun keiner versprüht werden. "Wir waren elendig schlecht und zwar in allen vier Spielen", schilderte Ex-Nationalspieler Gary Neville bei ITV seine Sicht. Doch auch so kann man Turniere gewinnen. Das zeigen Beispiele aus der Vergangenheit - wie Portugal bei der EM 2016 oder Frankreich bei der WM 2018. Ähnliches trauen auch die Buchmacher England zu, die das Team weiter als Topfavorit auf der Rechnung haben.
Gegen Italien-Bezwinger Schweiz geht es für Bellingham und Co. am Samstag in Düsseldorf um den Halbfinaleinzug. Die Slowaken hingegen müssen trotz langer Führung nach dem Treffer von Ivan Schranz (25.) die Heimreise antreten und weiter auf den Premieren-Viertelfinaleinzug warten. "In allerletzter Sekunde ist dieser Traum geplatzt. Aber wir waren gegen einen Gegner, der zu den Favoriten zählt, sehr nah dran. Der Kader der Engländer ist 1,5 Milliarden Euro wert. Da kann es schon einmal passieren, dass ein Gegentor fällt", resümierte Teamchef Francesco Calzona.
Beim Italiener überwiege klar der Stolz aufgrund eines "großartigen" Spiels. Auch die Spieler werteten das EM-Erlebnis positiv. "Wir sind traurig, aber wir können als Sieger nach Hause fahren", betonte Stürmer Lukas Haraslin.