US-Amerikaner beklagt Führungsmangel innerhalb der FIFA.
Mit scharfen Attacken gegen die FIFA-Spitze
um Joseph Blatter und den deutschen Richter Hans-Joachim Eckert hat Michael Garcia seinen Job als Chefermittler des Fußball-Weltverbandes quittiert. Der US-Amerikaner zog am Mittwoch die Konsequenzen aus der umstrittenen Entscheidung im Korruptionsskandal um die WM-Vergaben an Russland und Katar und verschärfte die Glaubwürdigkeitskrise des Verbandes.
Am Dienstag hatte die FIFA
Garcias Einspruch gegen den Bericht des Münchners Eckert zur umstrittenen Vergabe der Weltmeisterschaften 2018 und 2022 zurückgewiesen.
FIFA-Boss Blatter überrascht
Garcia beklagte in seiner schriftlichen Stellungnahme einen "Führungsmangel" innerhalb der FIFA. "Kein unabhängiges Governance Komitee, Ermittler oder Schiedsgericht kann die Kultur einer Organisation ändern. Durch die Entscheidung Eckerts vom 13. November 2014 ist mein Vertrauen in die Unabhängigkeit der rechtsprechenden Kammer verloren gegangen", teilte der frühere US-Staatsanwalt mit. Er sei zu dem Schluss gekommen, dass seine Rolle in diesem Prozess beendet sei. Garcia war innerhalb der FIFA-Ethikkommission für die Ermittlungen zuständig, Eckert hat den Vorsitz der rechtssprechenden Kammer.
Blatter zeigte sich am Mittwoch in einer ersten Reaktion "nur überrascht" von Garcias Schritt. "Die Arbeit der Ethikkommission wird trotzdem weitergehen und in den nächsten zwei Tagen ein zentraler Punkt der Diskussionen beim Meeting der Exekutive sein", hieß es in der offiziellen FIFA-Mitteilung. Heftige Kritik an der FIFA kam auch von UEFA-Präsident Michel Platini, dem Gegenspieler von Blatter. "Wir wollten alle Transparenz, aber dies ist ein weiteres Versagen der FIFA", sagte der Franzose der BBC.
Korruption bei WM-Vergaben?
Garcia hatte mögliche Korruptionsfälle rund um die WM-Vergaben 2018 und 2022 untersucht, in einem 430 Seiten langen Bericht zusammengefasst und an Eckert weitergegeben. Der Münchner Richter sah nach einer ersten Durchsicht der Akten aber "keine gravierenden Verstöße" bei den Bieterverfahren zu den WM-Turnieren, womit er weltweite Kritik und Unverständnis erntete.
Garcia hatte noch am selben Tag Einspruch gegen Eckerts Bericht eingelegt und dabei zahlreiche unvollständige und fehlerhafte Darstellungen der Tatsachen und Schlussfolgerungen moniert. Die FIFA-Berufungskommission unter dem Vorsitzenden Larry Mussenden von den Bermudas sah dies anders und wies am Dienstag den Einspruch zurück. Die Berufung sei aus formalen Gründen "unzulässig", teilte die FIFA mit.
Garcia scheitert mit Veröffentlichung seines Berichts
Es habe sich bei dem sogenannten Eckert-Bericht nicht um einen "Schlussbericht" nach den Statuten des FIFA-Ethikreglements gehandelt. "Der Bericht nennt weder Regelverstöße einer beschuldigten Person noch irgendeinen Antrag an die rechtsprechende Kammer zur Bestrafung der beschuldigten Person", hieß es in der FIFA-Mitteilung. Daher sei Eckerts Stellungnahme "weder rechtsverbindlich noch anfechtbar".
Dass es in der Angelegenheit noch zu einer Wende kommen könnte, glaubt Garcia nicht. "Zumindest auf absehbare Zeit wird die Entscheidung Eckerts zur Ausschreibung der WM 2018/2022 als letztes Wort so stehen bleiben", sagte der Top-Jurist, der zuvor schon eine Veröffentlichung seines Berichts gefordert, damit aber an der FIFA-Exekutive gescheitert war. Vielmehr hätte die FIFA-Spitze ein Disziplinarverfahren gegen Garcia gefordert, weil er sich öffentlich in einem laufenden Verfahren geäußert habe. Dies sei aber vom Disziplinarkomitee zurückgewiesen worden.
Ermittlungen gegen Beckenbauer
Garcia war im Juli 2012 zum Vorsitzenden der Ermittlungskammer ernannt worden. In der Folgezeit hatte der 53-Jährige seine groß angelegten Ermittlungen eingeleitet. Mehrfach hatte Garcia die Abgabe seiner Ergebnisse bei Eckert verschoben. 75 Interviews in zehn Ländern wurden geführt, 200.000 Seiten geschrieben. Das Resultat: Verfehlungen gab es vor der skandalumwitterten Doppelvergabe am 2. Dezember 2010 in Zürich sehr wohl.
Garcia hatte sogar vor Fußball-Größen wie Franz Beckenbauer
nicht halt gemacht. Der "Kaiser" war zwischenzeitlich sogar schon von allen Funktionen im Fußball suspendiert worden, weil er sich den Fragen der Ermittler nicht stellen wollte. In den ersten zwei Jahren habe das Ethikkomitee gute Fortschritte gemacht, sagte Garcia. Blatter hatte einst das Komitee auf den Weg gebracht, um den ruinierten Ruf der FIFA wieder herzustellen. Nach dem Rücktritt Garcias scheint die Glaubwürdigkeit des Verbandes aber vielmehr ihren Tiefpunkt erreicht zu haben.