Wird es jetzt auch für FIFA-Boss Sepp Blatter ernst? Am Mittwoch, nach der Razzia
gegen hohe FIFA-Funktionäre, soll der Schweizer noch relativ "entspannt" gewesen sein. Er "tanze zwar nicht in seinem Büro", so Medienchef De Gregorio, aber er freue sich darüber, dass endlich aufgeräumt wird. Einen Tag später schaut das schon ganz andes aus: Wie britische Medien berichten, soll über Blatter eine Ausreiseverbot aus der Schweiz verhängt worden sein. Die Behörden wollen den 79-Jährigen in den nächsten Tagen ebenfalls zu den Vorfälle verhören.
Von Schweizer Medien kommt dahingehend nun ein Dementi, der FIFA-Boss soll angeblich auch nicht verhört werden.
Details der FIFA-Anklage1/7
Auf 161 Seiten zeichnen die US-Behörden in ihrer Anklage gegen 14 Beschuldigte ein erschreckendes Bild der Korruption im Weltfußball. In dem Schriftstück werden die einzelnen Schemata aufgeschlüsselt, wie im Geflecht von Bestechung, Schmiergeld und Geldwäsche die Summen steigen und immer mehr Funktionäre mitverdienen. Eine Auswahl aus Sicht der US-Justiz:
COPA AMERICA: 1986 erwirbt das Unternehmen Traffic Brazil die weltweiten Vermarktungsrechte für die Südamerika-Meisterschaft. Fünf Jahre später fordert CONMEBOL-Präsident NICOLAS LEOZ für eine Vertragsverlängerung eine sechsstellige Summe an Schmiergeld. Ein namentlich nicht genannter Mitverschwörer (#2) veranlasst die Zahlung einer sechsstelligen Summe in US-Dollar auf ein Konto, das LEOZ zugeschrieben wird. Bis 2011 erhält LEOZ Zahlungen für jede Auflage des Turniers, diese erhöhen sich jedes Mal und erreichen einen Millionenbetrag. Für die weltweiten Vermarktungsrechte der vier Copa Americas von 2015 an werden bereits insgesamt Schmiergelder in Höhe von 110 Millionen an elf CONMEBOL-Offizielle vereinbart.
GOLD CUP: Mit Hilfe des gleichen Mit-Verschwörers (#2) wird ein System wie bei der Copa America aufgebaut. Traffic USA erwirbt von 1996 an für fünf Auflagen auch die Vermarktungsrechte der Nord- und Mittelamerika-Meisterschaft. Bis zum Turnier 2003 fließen Hunderttausende Dollar an Schmiergeldzahlungen an CONCACAF-Präsident JACK WARNER. Diese werden ebenfalls versucht, über Mittelsmänner zu verschleiern. WARNERS Nachfolger JEFFREY WEBB erhält 1,1 Millionen für seine Zusage der Rechte am Gold Cup und CONCACAF Champions League 2012 an Traffic USA. Für die Turniere im folgenden Jahr sind es bereits zwei Millionen.
COPA LIBERTADORES: Rund um 2000 hält LEOZ auch hier die Hand auf und bekommt von einem Mit-Verschwörer (#5) einer Sport-Marketing-Agentur Schmiergeld- und Kickback-Zahlungen für die Werberechte an der südamerikanischen Königsklasse im Vereinsfuß0ball. 2006 weist LEOZ #5 an, aus dem Werbekontrakt mit dem CONMEBOL mehr als zwei Millionen US-Dollar auf persönliche Konten in Schweiz und Paraguay zu lenken.
BRASILIANISCHE NATIONALMANNSCHAFT: Ein multinationaler Sport-Ausrüster aus den USA erwirbt 1996 die Ausrüsterrechte für zehn Jahre für 160 Millionen US-Dollar. Der Ausrüster stimmt zu, weitere 40 Millionen an eine Tochter von Traffic Brasil zu zahlen. Die Hälfte fließt als Schmiergeld von Mit-Verschwörer (#2) an eine weitere namentlich nicht genannte Person. 2002 wird der Ausrüstervertrag vorzeitig aufgelöst.
WM-VERGABE 2010: CONCACAF-Präsident WARNER berichtet einem Mitverschwörer, dass hohe FIFA-Offizielle, die südafrikanische Regierung und das südafrikanische Bieter-Komitee bereit seien, eine Zahlung von Südafrikas Regierung in Höhe von 10 Millionen Dollar an den CFU zu arrangieren. Diese soll "die afrikanische Diaspora unterstützen". Mitverschwörer #1 versteht, dass Warner, er selbst und Mitverschwörer #17 für Südafrika als Gastgeber der WM 2010 stimmen sollen. Warner deutet an, dass er das Angebot akzeptiert und sagt Mitverschwörer #1 zu, eine Million Dollar weiterzureichen. Die südafrikanische Regierung soll die Zahlungen daraufhin jedoch nicht direkt aus Regierungstöpfen vornehmen können. In drei Margen weist ein hochrangiger FIFA-Funktionär an, dass zehn Millionen Dollar von einem FIFA-Konto in der Schweiz auf ein US-Konto fließen. Das Geld landet schließlich auf Konten im Namen der Karibischen Fußball-Union CFU und CONCACAF, kontrolliert von Warner, in Trinidad und Tobago. Durch Geldwäsche bei Mittelsmännern fließen Teile des Geldes schließlich zu Unternehmen in Trindad und Tobago sowie Warners Privatkonten. Mit-Verschwörer #1 erhält mehr als 750.000 Euro von Warner.
FIFA-PRÄSIDENTSCHAFTSWAHL 2011: Mit-Verschwörer #7, ein hoher Funktionär der FIFA und des asiatischen Verbands AFC, erklärt 2011 seine Kandidatur für das FIFA-Präsidentenamt. Ende April fließen 363.537,98 Dollar von einem Konto, das Mit-Verschwörer #7 kontrolliert auf ein Konto des CFU, das WARNER kontrolliert. Im Mai stellt #7 den CFU-Verbänden seine Kandidatur vor, WARNER sagt den Funktionären, dass sie sich ein "Geschenk" abholen könnten. Die Repräsentanten erhalten jeweils einen Umschlag mit 40.000 US-Dollar. Nachdem das System auffliegt und WARNER von seinen Posten zurücktritt, veranlasst Mit-Verschwörer #7 eine Zahlung von mehr als 1,2 Millionen Dollar auf ein Konto, das WARNER kontrolliert.
Blatter versteckt sich Dass nicht mehr alles eitel Wonne bei Blatter ist beweist auch, dass der FIFA-Boss alle rund um den FIFA-Kongress geplanten Auftritte abgesagt hat. Ursprünglich hätte Blatter beim traditionellen Medizin-Kongress der FIFA im Vorfeld des Hauptkongresses nicht nur anwesend sein, sondern auch die Begrüßungsansprache halten sollen.
Einen Auftritt Blatters beim Treffen der europäischen Fußball-Verbände am frühen Nachmittag in einem Hotel in Zürich wird es nach Agentur-Informationen ebenfalls nicht geben. Klar, dass sich Blatter bei den nun aufmunitionierten "Revoluzzer" der UEFA
nicht mehr sehen lassen will, als unbedingt notwendig. Sprich: Nur bei den offziellen FIFA-Terminen an diesem Wochenende.
Erster offizieller Termin des Schweizers sei die Kongresseröffnung um 17.00 Uhr in einem Theater in Zürich, hieß es.
UEFA fordert Wahl-Verschiebung Die UEFA-Spitze hatte am Mittwoch eine Verschiebung der für Freitag geplanten Präsidentschaftswahlen zwischen Blatter und seinem Herausforderer Prinz Ali bin al-Hussein gefordert und sogar einen Boykott nicht ausgeschlossen. Üblicherweise besucht der FIFA-Chef alle Konföderationssitzungen vor einem Kongress.
Bei dem UEFA-Meeting vor dem Kongress 2014 in Sao Paulo war es dabei erstmals zu einem offen ausgetragenen Disput zwischen Blatter und führenden UEFA-Funktionären gekommen. Blatter hatte dies später als schlimmste Brüskierung seiner Laufbahn bezeichnet.