Premier League wieder spendierfreudigstes Liga.
Die "Ware" Fußballer ist so begehrt wie nie. Für die Transfers von Neymar, Dembélé und Co. gaben die europäischen Vereine in diesem Sommer fast fünf Milliarden Euro aus - Provisionen und Beratergagen nicht miteingerechnet. Die Summe könnte angesichts der am Freitag noch offenen Wechselbörsen in Spanien oder Portugal sogar noch steigen. Was bisher geschah:
England: Die Klubs auf der Insel erwiesen sich wieder einmal als die Spendierfreudigsten im Business: Laut Berechnungen der BBC gaben die Premier-League-Klubs schier unglaubliche 1,56 Milliarden Euro aus. Spitzenreiter ist Manchester City: Der Guardiola-Klub investierte in sein neues Personal rund um Benjamin Mendy (57,5/Monaco), Kyle Walker (51/Tottenham) oder Bernardo Silva (50/Monaco) mehr als 230 Mio. Euro.
Meister Chelsea blitzte insbesondere am "Deadline Day" bei einigen Spielern ab, knackte nach den Last-Minute-Käufen von Danny Drinkwater und Davide Zappacosta aber immer noch die 200-Mio.-Euro-Grenze. United ließ sich alleine Königstransfer Romelu Lukaku 85 Mio. kosten. Mit 160 Mio. ausgegebenen Euros waren die "Red Devils" aber nur Vierter in der "Big Spender"-Liste hinter Everton (162).
Deutschland: Auch die deutsche Bundesliga hat bei den Transferausgaben einen Rekord aufgestellt. Die 18 Klubs gaben ohne Leihgebühren rund 577 Mio. Euro für gut 140 Neuzugänge aus. Auf der Einnahmenseite verbuchte Borussia Dortmund das größte Plus: Die 105 Mio. Euro für Ousmane Dembélé ist die höchste Summe, die je ein Bundesligist erhalten hat. Der BVB reinvestierte die gewaltige 90-Mio.-Euro-Rendite - Dembélé war im Vorjahr für 15 Mio. verpflichtet worden - unter anderem in den Ukrainer Andrej Jarmolenko (25 Mio.).
Bei Meister Bayern München ist Corentin Tolisso (41,5) die teuerste Neuverpflichtung der Klubgeschichte. Ein Kauf von James Rodriguez wäre womöglich noch teurer geworden. Wohl auch deshalb favorisierten die Bayern ein Leihgeschäft und überweisen nun jährlich rund zehn Millionen an Real Madrid. Die Münchner schafften es aber noch kostengünstiger: Mit Sebastian Rudy kam ein vielseitiger deutscher Nationalspieler ablösefrei.
Spanien: Anders als auf der Insel konnten in Spanien auch noch am Freitag neue Spieler verpflichtet werden. Barcelona warb am Freitagnachmittag immer noch (erfolglos) um Liverpools Philippe Coutinho. Etwas mehr als die Hälfte des Neymar-Schecks hatten die Katalanen bereits in Dembélé investiert. Ligakonkurrent Real Madrid ist hingegen kein Großeinkäufer mehr, investierte aber in eine Zukunftsaktie: Der 17-jährige Brasilianer Vinicius Junior war den Königlichen 45 Mio. Euro wert. Mit Danilo (30/Man City) und Morata (bis zu 80/Chelsea) verkaufte der Meister zwei Edel-Reservisten gewinnbringend.
Frankreich: Das Transfergebaren von Paris Saint-Germain stellte in diesem Sommer international alles in den Schatten. Nach Rekordmann Neymar (222 Mio. Euro), ließ der mit katarischem Geld unterstützte Klub am letzten Tag der Übertrittszeit noch einmal die Muskeln spielen: Der 18-jährige Stürmer Kylian Mbappé kam vorerst leihweise von AS Monaco zu Paris St. Germain. In einem Jahr werden aber per Option 180 Millionen Euro Ablöse fällig - die zweithöchste Summe aller Zeiten.
Monacos erfolgreiche Vorsaison machte seine Spieler bekannt und begehrt. Im Sommer avancierte der Meister auf dem überhitzten Transfermarkt zum Nutznießer schlechthin: Durch Verkäufe lukrierten die Monegassen knapp 180 Mio. Euro - Mbappé noch gar nicht mitgerechnet.
Italien: In Italien bewies vor allem der AC Milan Shoppinglaune. Neuverpflichtungen wie der portugiesische Stürmer Andre Silva, Freistoßspezialist Hakan Calhanoglu oder Abwehr-Recke Leonardo Bonucci sollen den Erfolg und Glanz von früher zurückbringen. Die seit April von einem chinesischen Konsortium geleiteten "Rossoneri" ließen sich die Pläne über 230 Mio. Euro kosten.
Wie eine Datenanalyse des "Spiegel" ergibt, haben die Vereine der fünf großen europäischen Fußballligen seit 1995 jedes Jahr durchschnittlich elf Prozent mehr Geld für Transfers aufgewendet als im Vorjahr. Sollte sich die Entwicklung dieser quasi eigenen Inflationsrate so fortsetzen, würde 2030 der erste Spieler für eine Milliarde Euro den Verein wechseln.
Wird die fußballeigene Inflationsrate auf vergangene Transfers angewendet, wäre nach heutigen Maßstäben Rio Ferdinand nach Neymar der zweitteuerste Spieler der Geschichte. Manchester United kaufte den Innenverteidiger im Jahr 2002 für 46 Millionen Euro, was auf dem aktuellen Markt 202,4 Millionen Euro entspräche.