Kritik an Sponsoren

CL-Finale: Katar schwärmt vom 'Qlassico'

22.08.2020

Einen Gewinner hat dieses Fußball-Champions-League-Finale schon, bevor es am Sonntag in Lissabon überhaupt angepfiffen wird - das Emirat Katar.

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Das kleine, aber reiche Land am Persischen Golf sponsert über seine staatliche Fluggesellschaft den FC Bayern München und besitzt den Endspiel-Gegner Paris Saint-Germain über einen Staatsfonds gleich ganz. Bei Qatar Airways ist man auf diesen Erfolg so stolz, dass man das Finale im Internet mit dem Schlagwort "#Qlassico" versah. Qatar ist die englische Schreibweise für Katar.
 
Neun Jahre ist es mittlerweile her, dass der Staatsfonds "Qatar Sports Investments" den erst 1970 gegründeten Paris Saint-Germain Football Club übernahm. PSG groß herausbringen - das wollten schon viele. Etwa der Modeschöpfer Daniel Hechter in den 1970er- oder der französische TV-Sender "Canal+" in den 1990er-Jahren. Doch niemand betrieb das bisher mit so viel Aufwand und Geld wie das Emirat.
 

Unsummen für Henkelpott

Rund 1,2 Milliarden Euro wurden seit 2011 in die Ablösesummen für neue Spieler investiert. Allein der teuerste Angriff der Fußball-Geschichte (Neymar, Kylian Mbappe, Angel di Maria) kostete zusammen rund 450 Millionen. Innerhalb von fünf Jahren wollte der Club-Präsident Nasser al-Khelaifi eigentlich die begehrteste Trophäe des europäischen Vereinsfußballs gewinnen. Nun dauerte es neun Jahre, bis PSG zum ersten Mal überhaupt das Champions-League-Finale erreichte.
 
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Dass es bei diesem Investment nicht bloß um Fußball geht, zeigt allein die Zusammensetzung jener Runde, die der Übernahme von PSG im Herbst 2010 den Weg ebnete. Damals saßen bei einem Mittagessen zusammen: Der Sohn des Emirs von Katar, der damalige UEFA-Boss Michel Platini und der damalige französische Präsident Nicolas Sarkozy.
 
Katar investiere massiv in "Soft Power", kommentierte der "Deutschlandfunk" in dieser Finalwoche. "Über die Verbindungen zum FC Bayern und zu Paris Saint-Germain entstehen Kontakte zur deutschen und französischen Politik und Wirtschaft." Dass dazu noch viel Geld in Kunst, Kultur und Sportereignisse wie die Fußball-WM 2022 fließt, passt auch in diese Strategie. Denn Katar sucht gezielt Verbündete, die Außendarstellung ist bedeutend. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International kritisieren regelmäßig die Verhältnisse in der Autokratie. Und mit dem Nachbarn Saudi-Arabien, der deutlich größer und auch mächtiger ist, befindet sich das kleine Land in einem Dauerkonflikt.
 

Anhaltende Kritik an "neureichen" Klubs

Wenn es schon um die globale Wirkung geht, dann reicht im Fußball auch der regelmäßige Gewinn der französischen Meisterschaft nicht aus. Dann muss es schon die Champions League sein. Da verhält es sich mit PSG nicht anders als mit dem englischen Spitzenclub Manchester City, der einem Mitglied der Herrscherfamilie von Abu Dhabi gehört.
 
Nahezu alles, was diese neureichen Klubs tun, stößt traditionsbewussten Fans in Europa übel auf - die obszönen Ausgaben für Stars wie Neymar, der ständige Konflikt mit Regeln wie dem Financial Fair Play der UEFA. 2014 wurde gegen PSG ermittelt, weil mehr als 200 Millionen Euro aus Katar vermeintlich zum Schein als Sponsorengelder ausgegeben wurden, obwohl nirgendwo im Stadion ein Logo des Unternehmens zu sehen war. Die Konsequenz: eine Geldstrafe, kein Champions-League-Ausschluss.
 
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Umso lauter fielen dann jedes Mal Hohn und Spott aus, wenn das hochgerüstete Starensemble früh und mit lautem Getöse auf dem Spielfeld scheiterte. 1:6 beim FC Barcelona nach einem 4:0-Hinspiel-Sieg (2017). 1:3 gegen Manchester United nach einem 2:0-Auswärtssieg in der ersten Partie (2019). Dazu die vielen großen Namen, die in Paris nie hielten, was man sich bei ihrer Verpflichtung versprach. Dazu gehörten prominente Trainer wie Carlo Ancelotti oder der Spanier Unai Emery.
 
Nur in diesem Jahr scheint vieles anders zu laufen. Noch nie seit der Übernahme durch "Qatar Sports Investments" habe PSG ein stärkeres Kollektiv gehabt, schrieb die Zeitung "Le Parisien". Noch nie hätten sich Stars wie Neymar und Mbappe so sehr dem Teamgedanken unterworfen wie unter dem deutschen Trainer Thomas Tuchel. Rund 1,2 Milliarden Euro gab man für den möglichen Champions-League-Titel aus: "Die Planeten", schrieb "Le Parisien", standen dafür noch nie so gut.
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