Ärger bei Sturm
"Es ist ein Scheiß, dass wir nicht in Graz spielen"
03.10.2024Beim Champions-League-Comeback vor heimischer Kulisse seit mehr als zwei Jahrzehnten blieb Sturm Graz ein Happy End verwehrt.
Ein Traumtor von Christos Tzolis besiegelte am Mittwoch die 0:1-Niederlage des österreichischen Fußball-Meisters gegen den FC Brügge. Nach dem Schlusspfiff in Klagenfurt haderten die Steirer mit der gebotenen Leistung gegen den belgischen Champion. "Schade drum. Es war ein verdienter Sieg von Brügge", sagte Sturm-Trainer Christian Ilzer.
Damit steht Sturm nach der 1:2-Auftaktniederlage bei Stade Brest auch nach dem zweiten Spiel der Ligaphase ohne Punkte da. "Brügge, Stade Brest, da darf man sich nicht vom Namen täuschen lassen. Das ist einfach ein sehr hohes Level", betonte Ilzer. Es habe zweimal knapp nicht gereicht, wenn auch beide Male verdient. Der Sturm-Coach sei trotzdem "sehr guter Dinge", dass sein Team durch die Erfahrungen in der Königsklasse "einen super Entwicklungsschritt" nehmen werde.
"Richtig schwer"
"Aus Entwicklungssicht ist es natürlich ein fantastisches Geschenk, da dabei zu sein", sagte Ilzer. "Auch wenn die Niederlagen schmerzen. Es ist richtig schwer, Spiele auf diesem Level zu gewinnen." Irgendwann werde dann auch mal ein Spielverlauf auf die Sturm-Seite kippen, hoffte der 46-Jährige. In Klagenfurt hatten die technisch starken Belgier die Begegnung mit langen Ballbesitzphasen über weite Strecken kontrolliert und nach dem Führungstreffer in der 23. Minute defensiv wenig anbrennen lassen. Sturm blieb vor allem in der Offensive einiges schuldig, trotz kurzer Drangperiode in der Schlussphase.
"Wir hätten mehr Mut und Selbstvertrauen mit dem Ball benötigt, um mehr vertikalen Fußball zu spielen. Wir werden von den Fehlern lernen, aber insgesamt war es nicht genug", resümierte Ersatz-Kapitän Otar Kiteishvili. Jusuf Gazibegovic war nach einem anstrengenden Europacup-Abend bedient. "Wenn man die ganze Zeit die Diagonalbälle hinter die Ohren bekommt und mit Puls 180 spielt, ist es nicht einfach zu verteidigen", sagte der Außenverteidiger.
Kein richtiges Heimspiel
Die Kulisse im mit 23.205 Zuschauern nicht ganz ausverkauften Wörthersee Stadion hinterließ bei den Grazern gemischte Gefühle. Die Atmosphäre sei "schon gut" gewesen, betonte Gazibegovic. Aber: "Es ist ein Scheiß, dass wir nicht in Graz spielen. Das regt uns Spieler natürlich auch auf. Obwohl Klagenfurt für uns ein guter Fleck ist. Aber es fühlt sich nicht an wie zuhause."
Die Sturm-Anhänger äußerten ihren Unmut vor dem Anpfiff über insgesamt 17 Banner, mit Botschaften wie "Uhrturm statt Lindwurm" oder "Dank Politik ohne Sachverstand ist das halbe Steirerland morgen früh im Krankenstand". Das bemerkte auch Ilzer: "Es war ein ganz klarer Fingerzeig von den Fans, dass sich in der Stadt Graz aufseiten der Infrastruktur etwas bewegen muss."
Es sei ein "extremes Versäumnis" gewesen, 25 Jahre in der Stadionfrage nichts zu tun, sagte Ilzer. "Ein Stadion ist auch ein klares Wahrzeichen einer Stadt. Sturm Graz ist ein Symbol der Steiermark." Wahrscheinlich ist derzeit eine Renovierung des Stadions in Liebenau, das die Champions-League-Kriterien schon lange nicht mehr erfüllt.
Kiteishvili sah auch Positives. "Die Atmosphäre war unglaublich, die Sturm-Fans haben ihren Job gemacht. Hoffentlich machen wir das nächste Mal einen besseren Job auf dem Rasen", sagte der Georgier mit Blick auf das nächste Königsklassen-Heimspiel gegen Sporting Lissabon am 22. Oktober. Dann folgt das Highlight-Gastspiel bei Borussia Dortmund (5.11.). Auch in den Heimspielen gegen Girona (27.11.) und RB Leipzig (29.1.) sowie auswärts in Lille (11.12.) und bei Atalanta Bergamo (21.1.) wird Sturm in der Außenseiterrolle sein.
"Sprung machen"
"Das klare Ziel ist einfach, auf uns zu schauen und Dinge aus dem Spiel mitzunehmen", betonte Ilzer. Im körperlichen Bereich müsse sich sein Team noch entwickeln, genauso im mentalen Bereich. "Du musst im Kopf den Sprung machen, dir zuzutrauen, diesem Level auf Augenhöhe zu begegnen und den Respekt abzulegen", sagte er. Dann könnte es auch Punkte geben. "Natürlich wollen wir am Ende auch Zählbares mitnehmen, aber wir fokussieren uns nicht auf die Tabelle."
Sportdirektor Andreas Schicker, einer der Architekten der jüngsten Sturm-Erfolge, wurde in Klagenfurt unterdessen auf einen potenziellen Wechsel zur TSG Hoffenheim in die deutsche Bundesliga angesprochen. "Es ist so, dass es im Sommer Kontakt gab und es jetzt nach der Transferzeit wieder einen Kontakt gegeben hat. Mehr nicht. Wir werden sehen, was in den nächsten Wochen passiert. Dass es eines Tages mein Ziel ist, dorthin zu gehen, daraus habe ich nie ein Geheimnis gemacht", sagte Schicker bei Sky.
Ilzer hatte "keinen Platz", sich mit dieser Thematik zu beschäftigen. "Am Sonntag haben wir das nächste Champions-League-Spiel, in der österreichischen Bundesliga", sagte er und meinte damit den Heim-Schlager gegen Vizemeister Salzburg.