Im Interview kann Österreichs neuer Fußballer des Jahres, Top-Stürmer Marc Janko, sein Glück gar nicht fassen.
In den vergangenen Wochen haben Sie mit Ihrer unglaublichen Trefferquote
für Aufsehen gesorgt, jetzt auch noch der "Fußballer des
Jahres". Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?
Janko: "Es ist
eine Riesenehre für mich. Wenn man mir das vor einem Jahr gesagt hätte,
da bin ich gerade kurz vor dem Comeback gestanden. Das ist eine unglaubliche
Geschichte. Es ist eine große Ehre, dass die Bundesliga-Trainer der
Meinung sind, dass ich diese Auszeichnung verdient habe. Es ist schön, dass
das von Leuten kommt, die von diesem Geschäft richtig eine Ahnung haben, die
Woche für Woche darin involviert sind. Diese Wertschätzung ehrt mich."
In einem Jahr wird wieder ein "Fußballer des Jahres" gewählt. Was
wollen Sie dann von sich lesen? Wo wollen Sie stehen?
Janko: "Auf
jeden Fall möchte ich gesundbleiben, das ist das Wichtigste. Aber die
Verletzungsanfälligkeit, die immer wieder als Begründung auftaucht,
warum ich es erst so spät geschafft habe, habe ich hinter mir gelassen.
Das war ein Teil meines Weges, aber jetzt bin ich schon fast ein Jahr ohne
längere Pause. Ich bin auch mental ganz gut aufgestellt, von Angst ist
überhaupt keine Spur mehr."
Mentale Stärke ist für Stürmer besonders wichtig. Was geht im Kopf
von jemandem vor, der in 20 Ligaspielen 29 Tore schießt? Denken Sie vor
dem Tor überhaupt noch nach?
Janko: "Ich habe schon probiert,
zu reflektieren, warum es im Moment so gut läuft. Aber richtige Rezepte habe
ich nicht gefunden. Ich habe immer betont, dass ich irrsinnig von der
Mannschaft profitiere, von dem System. Deswegen ist es mir auch unangenehm,
wenn ich vom 'FC Janko' höre. Ich lebe von meinen Mitspielern, von Vorlagen,
von Flanken. Es stört mich, wenn das untergeht. Ohne Mannschaft geht es nicht
- speziell bei einem Stürmertypen wie mir."
Im neuen System fühlen Sie sich offensichtlich wohler als in der
vergangenen Saison. Welchen Anteil hat Neo-Trainer Co Adriaanse an Ihrem
Erfolg?
Janko: "Er hat mir auch nichts geschenkt. Als ich einmal
eine Partie schlecht gespielt habe, bin ich gleich auf der Bank gesessen.
Ich habe mir alles erarbeiten müssen. Ich habe ihm viel zu verdanken, aber
ich gebe es ihm auch in Form von Toren zurück. Für mich als Strafraumstürmer
ist es jetzt viel angenehmer, weil ich mit mehr Bällen versorgt werde."
Das verbliebene Ziel in Salzburg ist der Meistertitel. Ist das ein Grund,
den Club im Winter sicher nicht zu verlassen?
Janko: "Ich möchte
natürlich Meister werden. Was im Winter passiert, das kann ich nicht
einschätzen. Ich habe Vertrag bis 2011. Wenn ein unglaublich gutes
Angebot kommt, muss man aber darüber nachdenken, weil es für die
Karriere und generell auch für Österreich wichtig ist, dass
Spieler im Ausland Fuß fassen. Es ist nicht nur die sportliche
Weiterbildung, man kann im Ausland auch als Persönlichkeit profitieren.
Es ist ein Schritt, den ich in naher Zukunft wagen möchte und auch wagen
werde."
Kolportiert wird Interesse aus fast allen großen Ligen. Ist die englische
Premier League nach wie vor Ihre Wunschdestination?
Janko: "England
ist nach wie vor mein Traum. Das ändert aber nichts an der Tatsache,
dass ich Ligen wie Italien, Deutschland oder Spanien auch irrsinnig
wertschätze. Man kann sich alle zehn Finger abschlecken, wenn man dort
eine Rolle spielen darf. Im Endeffekt ist es kein Wunschkonzert."
Was sind die ausschlaggebenden Faktoren, sollten Sie sich für einen
Wechsel entscheiden?
Janko: "Das Gesamtpaket muss passen, wann auch
immer das ist - im Sommer oder im Winter darauf. Man darf sich dabei nicht
nur vom Geld blenden lassen. Ich werde sicher nicht dorthin gehen, wo ich
das meiste Geld verdiene. Für mich ist es auch sehr wichtig, dass ich mich
wohlfühle, damit ich meine Leistung bringen kann. Das ist überall so.
Wenn sich jemand an seinem Arbeitsplatz nicht wohlfühlt, kann es auch
nicht funktionieren."
Zurück nach England. Was ist vom Spielstil her der größte Unterschied
zu einer Liga wie der österreichischen?
Janko: "Das sind ganz
klar die Athletik und das Tempo. Das ist eine andere Welt. Wenn jemand
dorthin wechselt, braucht er auch Zeit, um sich einzugewöhnen. Diese Zeit
muss man der jeweiligen Person geben, auch internationale Topspieler haben
sie gebraucht. Auf Dauer setzt sich Qualität aber immer durch. Daher würde
ich es mir zutrauen."
Ihr Marktwert und die internationale Aufmerksamkeit steigen mit jedem Tor
und jeder Auszeichnung. Wie gehen Sie damit um?
Janko: "Ich bin mir
bewusst, dass das alles nur eine Scheinwelt ist, die ich momentan erlebe.
Natürlich genieße ich es, weil es der Lohn für meine harte Arbeit
ist. Es freut mich, aber es ist eine Sache, die für das Leben generell nicht
wichtig ist. Was wirklich wichtig ist, habe ich in den vergangenen Jahren
gelernt. Deswegen lasse ich mich von so etwas nicht blenden. Ich weiß, wie
schnell es wieder in die andere Richtung gehen kann."
Inwiefern hilft Ihnen der Lernprozess durch Ihre Verletzungen, mit Druck
umzugehen? Mittlerweile ist die Erwartungshaltung, was die Anzahl Ihrer Tore
betrifft, sehr hoch.
Janko: "Man nimmt es sich nicht mehr so zu
Herzen, wenn man einmal zwei Spiele nicht trifft. Man verliert nicht so
leicht die Nerven. Wenn man auf Dauer konstant gute Leistungen bringt, dann
wird auch die eigene Messlatte höher. Das erzeugt bei mir aber positiven
Druck. Mir ist es lieber, die Leute erwarten von mir drei Tore als sie fragen
sich, wozu der überhaupt spielt."
Auf den Torrekord von Hans Krankl (41 Saisontore) fehlen Ihnen nur noch
zwölf Treffer. Wie stehen die Chancen?
Janko: "Zwölf Tore muss
man auch erst einmal machen. Das ist eine Marke, die andere nicht einmal in
einer Saison erreichen. Es fehlt also schon noch einiges. Durch meinen Lauf
scheint es möglich, aber es müsste alles zusammenpassen. Viel wichtiger
ist mir sowieso, dass die Mannschaft Erfolg hat."
Wie gut stünde Ihnen ein "Goldener Schuh"?
Janko:
"Für einen österreichischen Spieler wäre das eine große Geschichte.
Es passiert nicht jedes Jahr, dass jemand die Chance hat, diese für Stürmer
höchste Auszeichnung zu bekommen. Ich bin momentan auf einem guten Weg,
aber viele andere Ligen haben viel weniger Runden absolviert. Ich habe
sicher nur eine Chance, wenn ich an die Bestmarke von Hans Krankl
herankomme. Der Faktor (1,5 gegenüber 2 in den Topligen/Anm.) spielt
auch eine Rolle. Angeblich ist es ja in Österreich leichter, Tore zu
schießen."
Ist das nicht so?
Janko: "Ich habe noch nie im Ausland gespielt,
aber natürlich ist es ein Unterschied, ob ich im Schnabelholz spiele
oder im Camp Nou. Auch von der Qualität der Verteidiger gibt es einen
Unterschied, sonst würde es diese Leute nicht geben, die so viel Geld
verdienen. Die stehen aber zurecht dort, wo sie stehen."
Könnten Sie es sich vorstellen, dass ein Stürmer, der den "Goldenen
Schuh" gewinnt, in Österreich bleibt?
Janko: "Ich kann mir
sehr viel vorstellen. Mein Vorstellungsvermögen ist nahezu unbegrenzt."