Nach 4:4 in Belgien
Jetzt glaubt unser Team an EM-Chance
13.10.2010
ÖFB-Elf überwintert als Zweiter, Teamchef bremst Euphorie.
Österreichs Fußball-Nationalmannschaft liegt nach den ersten drei Partien der EM-Qualifikation im Plan. Dank des spektakulären 4:4 am Dienstag in Brüssel gegen Belgien hält die ÖFB-Auswahl nach drei Partien bei sieben Punkten und überwintert in Gruppe A auf dem Play-off-Platz zwei, weil die Türkei in Aserbaidschan überraschend 0:1 verlor.
Schiemer: "Platz 2 ist möglich"
Doppel-Torschütze Franz Schiemer sprach nach dem Match aus, was sich viele Fans ohnehin dachten: "Der zweite Platz ist sicher möglich, doch wir brauchen jetzt nicht zu rechnen beginnen. Die schwierigen Spiele kommen noch", erklärte der Abwehrspieler, für den außer Frage steht, dass Deutschland die Gruppe A gewinnen wird. "Unser Ziel war jetzt einmal, auf Platz zwei zu überwintern, und das haben wir geschafft."
An Fehlern arbeiten
Bis zum kommenden Qualifikationsdoppel am 25. März 2011 daheim gegen Belgien und vier Tage später in der Türkei müssen laut Schiemer noch einige Schwächen beseitigt werden. "Die eine oder andere Sache wird beim nächsten Lehrgang sicher angesprochen, zum Beispiel, dass wir im gegnerischen Stadion ausgekontert worden sind und öfters taktische Fouls nicht gemacht haben. Aber wir sind eine junge Truppe, der man Fehler zugestehen muss."
Constantini bremst Euphorie
Die große Euphorie brach bei Teamchef Dietmar Constantini dennoch nicht aus. "Wir schauen nicht auf die Tabelle. Derweil sind wir nirgends", betonte der Tiroler. "Wir können die Tabelle schon richtig einschätzen. Wir spielen noch zweimal gegen Deutschland und die Türkei, und auch daheim gegen Belgien müssen wir erst gewinnen."
Tabelle der Gruppe A
1. Deutschland 4 4 0 0 13:1 12
2. Österreich 3 2 1 0 9:4 7
3. Türkei 4 2 0 2 6:6 6
4. Belgien 4 1 1 2 8:8 4
5. Aserbaidschan 3 1 0 2 2:9 3
6. Kasachstan 4 0 0 4 0:10 0
Schlechte Zuordnung im Mittelfeld
Die Stärke der Belgier bekam das ÖFB-Team unter anderem dadurch zu spüren, dass sich die "Roten Teufel" zahlreiche hochkarätige Chancen herausarbeiteten. Mit Vorwürfen an seine Defensivabteilung hielt sich Constantini aber zurück. "Wir werden darüber diskutieren, doch ich will jetzt nicht über Fehler reden. Die Spieler wissen schon über ihre Fehler Bescheid. Sie hinterfragen sich selbst mehr, als die meisten denken", erklärte der Coach und bemängelte lediglich die schlechte Zuordnung im Mittelfeld.
Einmal auf das Team "angefressen"
Allerdings gestand der 55-Jährige, in einer Phase der Partie auf seine Kicker "echt angefressen" gewesen zu sein. "Als wir das 3:4 bekommen haben - da habe ich mir gedacht, es ist immer dasselbe, aber das war ja bald wieder erledigt."
Keine Legendenbildung
Die Tatsache, bei einem legendären Spiel
auf der ÖFB-Trainerbank gesessen zu sein, kümmerte Constantini wenig. "Das ist eine schöne Geschichte, doch mir wäre lieber gewesen, wir hätten gewonnen." Trotzdem überwog beim Nationaltrainer klar die Freude über den gewonnenen Punkt. "Wir haben Gegentore zu Beginn jeder Hälfte weggesteckt, wir haben auch das 3:4 weggesteckt und noch den Ausgleich gemacht. Das sagt viel über die Einstellung der Mannschaft aus. Vom Mentalen her war das sensationell, das packen andere Teams oft gar nicht."
Mental wichtiger Ausgleich
Der späte Ausgleich sei für die ÖFB-Spieler eine regelrechte Befreiung gewesen. "Sie sind alle heilfroh, denn mit diesem Tor ist von ihnen ein riesiger Druck abgefallen." Die Belgier hingegen lagen nach dem in letzter Sekunde verspielten Sieg fassungslos auf dem Brüsseler Rasen, schließlich beträgt der Rückstand auf Österreich nach Verlustpunkten gerechnet weiterhin sechs Zähler.
Constantini hat die Leekens-Truppe jedoch noch lange nicht abgeschrieben. "Die Belgier haben eine gute Mannschaft mit Top-Einzelspielern, sind so wie wir ein junges Team. Vorne sind sie sehr stark, aber hinten haben sie auch genervelt, wenn wir gekommen sind."
Scharner schwächte das Team
Paul Scharner
hatte seine Nerven ebenfalls nicht im Zaum, schließlich brachte der England-Legionär seine Kollegen mit der unnötigen Roten Karte in Bedrängnis. Constantini sprach in diesem Zusammenhang von einer "Geschichte, die nicht passieren darf", meinte aber auch: "Es ist nicht ideal, doch in der Emotion hat es schon blödere Sachen als das gegeben."
Scharner muss mit einer Sperre von zwei Pflichtspielen wegen Tätlichkeit rechnen. Deswegen ist es fraglich, ob er für die zwei anstehenden Testmatches gegen Griechenland am 17. November in Wien und gegen die Niederlande am 9. Februar 2011 in Eindhoven überhaupt einberufen wird.
Hoffen auf Janko
Dabei sein wird hingegen Stefan Maierhofer, der Constantini mit seiner Einsatzbereitschaft neuerlich überzeugte. "Er wird oft kritisiert, aber so, wie er arbeitet, geht jedem das Herz auf." Ob der Duisburg-Stürmer nun den momentan verletzten Kapitän Marc Janko aus der Stammformation verdrängt hat, wollte der Betreuer nicht verraten. "Es wäre schön, wenn Janko gegen Griechenland wieder fit und dabei ist", meinte der Tiroler zu diesem Thema.
Lob für Schiemer und Arnautovic
In Abwesenheit des Goalgetters sprang Franz Schiemer
als Doppeltorschütze ein und wurde von Constantini ebenso lobend erwähnt wie Marko Arnautovic
. "Er war zwar nicht so stark wie gegen Aserbaidschan, aber er hat seine Aufgaben erfüllt, auch wenn Fuchs deswegen oft zwei Gegenspieler gehabt hat."
Eine leichte Schwächung der Defensive habe man aber bewusst in Kauf genommen, um dafür im Spiel nach vorne mehr Akzente setzen zu können. "Wir haben uns nicht hinten reingestellt, weil wir gewinnen wollten", erklärte Constantini, nachdem die österreichische Nationalmannschaft erstmals seit dem 10. März 1999 (4:2 in einem Testspiel in St. Gallen gegen die Schweiz) auswärts vier Tore erzielt hatte.