Team-Krise
Jetzt sprechen Hicke und Brückner
21.11.2008
Im ÖSTERREICH-Interview beziehen der aktuelle und der ehemalige Teamchef Position - das Resümee fällt düster aus.
ÖSTERREICH: Sie waren beim Länderspiel gegen die Türkei gar nicht im
Stadion. Wenn auch der Ex-Teamchef darauf pfeift, sagt das alles...
Josef
Hickersberger: Da irren Sie sich. Ich bin krank, habe eine Erkältung. Da
gehe ich nicht bei winterlichen Temperaturen ins Stadion.
ÖSTERREICH: Und woran krankt es beim Team, Herr Hickersberger?
Hickersberger:
Dazu sage ich nichts. Ich äußere mich nicht über Trainerkollegen.
ÖSTERREICH: Aber die Krise der Nationalmannschaft muss doch auch Ihnen
sehr zu denken geben, oder?
Hickersberger: Stimmt. Das tut auch mir
weh. Es sind ja irgendwie auch noch meine Spieler.
ÖSTERREICH: Haben Sie eine Erklärung für den Rückschritt nach der EURO?
Hickersberger:
Ja. Das kann ich beurteilen. Ich habe schon gewusst, warum ich vor der EM
darauf bestanden habe, dass die Meisterschaft im April beendet wird. Ich
wollte einfach eine perfekte Vorbereitung. Das haben wir geschafft. Das Team
war topfit, die Leistungen bei der EM waren in Ordnung. Wir waren eine
Einheit.
ÖSTERREICH: Jetzt ist das nicht mehr so...
Hickersberger:
Das ist auch kein Wunder. Es ist wieder alles wie früher. Die Mannschaft
trifft sich zwei Tage vor dem Match. Was soll man da als Teamchef tun? Die
Klubtrainer denken an sich. Klar. Denen sind die Spiele gegen Kapfenberg und
Altach wichtiger.
ÖSTERREICH: Deshalb auch Ihr Entschluss, sich das nicht mehr länger
anzutun?
Hickersberger: Ich bin kein Anfänger, lange im Geschäft –
und sehe es realistisch. Ich habe geahnt, dass sich das in der
WM-Qualifikation nicht ausgeht. Schon Platz drei in dieser
WM-Qualifikationsgruppe wäre ein Wunder. Platz vier wäre normal. Wir haben
ein Riesenproblem, uns richtig einzuschätzen.
ÖSTERREICH: Also war die Mission von Karel Brückner von vornherein ein
Himmelfahrtskommando?
Hickersberger: Man muss sich seine Arbeit
anschauen, nicht nur die Resultate.
ÖSTERREICH: Hat die Krise auch was mit dem Führungsproblem beim ÖFB zu
tun?
Hickersberger: Wer so etwas behauptet, macht es sich zu
einfach. Der Trainer ist der Ansprechpartner der Spieler – nicht Kurt
Ehrenberger oder Friedrich Stickler. Die Spieler müssen sich schon selbst
bei der Nase nehmen.
ÖSTERREICH: Wen meinen Sie da konkret?
Hickersberger: Mir
fällt auf, dass die Schlüsselspieler bei ihren Klubs nicht mehr oder nur
noch selten zum Einsatz kommen. Ganz schlecht. Leute wie Ivanschitz oder
Stranzl bilden das Rückgrat des Teams. Scharner, Fuchs, Prödl – die sind
derzeit auch alle nur zweite Wahl.
ÖSTERREICH: Haben Sie noch Hoffnung?
Hickersberger: Ja. Die
erste halbe Stunde hat mir gegen die Türkei gefallen. Da ist endlich
kombiniert worden!
Nächste Seite: Brückner stellt sich oft die Sinnfrage
ÖSTERREICH: Stellen Sie sich nicht manchmal die Frage, warum Sie sich das
noch antun, Herr Brückner?
Karel Brückner: Jede Woche zirka
zweimal. Aber das schon seit Jahren.
ÖSTERREICH: Alles hat so gut begonnen – und jetzt der Absturz. Sind Sie
gescheitert?
Brückner: Nein. Ich arbeite hart, habe Hunderte DVDs in
den vergangenen Wochen gesehen. Das Lob nach den Spielen gegen Italien und
Frankreich ist mir peinlich gewesen. Das war zu viel. Ich weiß, was die
Mannschaft kann und was nicht. Aber meine Gedanken und mein Kopf sind
limitiert. Ich bin oft sehr, sehr müde.
ÖSTERREICH: Was denken Sie sich, wenn Kurt Ehrenberger offen sagt, dass
sein Wunschtrainer Dietmar Constantini heißt?
Brückner: Nicht
alle Zitate sind richtig. Zwischen Herrn Ehrenberger und mir gibt es keine
Antipathie.
ÖSTERREICH: Glauben Sie, dass Sie im nächsten Jahr noch Teamchef sind?
Brückner:
Ich weiß es nicht. Diese Spekulationen sind nur für die Medien lustig. Das
ist normal, das kenne ich. In Tschechien ist fünf Jahre über mich spekuliert
worden. Das gleiche Spiel läuft jetzt in Österreich. Der Job ist eben
gefährlich. Wenn du unterschreibst, musst du damit rechnen, dass deine
Position auch in Frage gestellt wird.
ÖSTERREICH: Wollen Sie denn überhaupt noch Teamchef bleiben?
Brückner:
Es gibt sicher noch Gespräche mit dem ÖFB.