Meistertitel verpasst, aber Austria hat Rapid von Platz 2 verdrängt.
"Veilchenwunder 2010" - die Hoffnungen, die die Fans des FK Austria Wien am Donnerstag im Heimspiel gegen SV Ried auf einem riesigen Transparent in violetter Schrift kundtaten, haben sich nicht erfüllt. Fußball-Meister ist wieder Red Bull Salzburg. Der Stimmung im Horr-Stadion tat dies letztlich aber überhaupt keinen Abbruch. 13.500 Zuschauer freuten sich im strömenden Regen über ein 2:0 zum Kehraus und die Vize-Würde. Statt einer Meister-Party wurde eben der Abschluss einer erfolgreichen Saison gefeiert.
Nächstes Jahr Meister?
"Heute sind wir die Nummer eins von
Wien, im nächsten Jahr die Nummer eins von Österreich", rief
Austria-Präsident Wolfgang Katzian via Lautsprecher der violetten Familie
zu, die den zweiten Platz vor Rapid fast so ausgelassen feierte wie einen
Titelgewinn. Die Saison könne sich sehen lassen, resümierte der
SP-Gewerkschafter und -Nationalrat. Der kleine Ärger, den großen Coup in der
letzten Runde mit Schützenhilfe nicht geschafft zu haben, weil die "Bullen"
in Graz den Matchball mit dem 2:0 nützten, war verfolgen. Es war praktisch
schon um 16.15 Uhr, als in Graz das zweite Tor fiel, alles gelaufen.
Coach bleibt gelassen
Die Ankündigung seines Chef nach dem
Schlusspfiff nahm der stets ruhige und besonnene Karl Daxbacher, der wie die
Spieler ein violettes Leiberl mit der Aufschrift "Schnick, Schnack, Schnuck"
trug, eher gelassen auf. "Das hat er mehr zu den Fans gesagt. Es ist aber
ein großer Rucksack für die nächste Saison. Es kann jedoch nicht anders
sein, dass der Titelfavorit wieder Salzburg heißt", sagte der Austria-Coach,
der nach dem Zieleinlauf vom Schlechtwetter gezeichnet, aber nicht
enttäuscht war.
Hauptsache vor Rapid
"Wir haben den Pflichtsieg erreicht. Die
Enttäuschung hält sich in Grenzen. Ich wäre nur dann enttäuscht gewesen,
wenn wir nicht gewonnen hätten und Rapid
in der Tabelle wieder an uns wieder vorbeigezogen wäre", stellte der
57-Jährige nach seinem 40. Erfolg im 72. Liga-Spiel als Austria-Trainer
zufrieden fest. Und neben dem "runden" Sieg stellte seine Mannschaft mit 75
Zählern auch noch einen neuen clubinternen Punkterekord auf. Die Teilnahme
an der Europa League, das Saisonziel, war schon Wochen vorher fixiert worden.
Gegen Ende der Saison habe ein Leistungsschub eingesetzt und durch die Erfolge wäre dazu ein gesteigertes Selbstvertrauen entstanden, meinte er zu dem tollen Endspurt. An etwaigen Spekulationen und Diskussionen, dass sich Sturm gegen die "Bullen" für das sonntägige ÖFB-Cup-Finale gegen Aufsteiger SC Wr. Neustadt geschont habe, wollte sich Daxbacher nicht beteiligen. Als prägendes Ereignis der Saison blieb ihm vielmehr das 5:4 vom 24. Juli in Linz gegen den LASK in Erinnerung. "Vier Tore innerhalb von 14 Minuten zu kassieren und noch dazu gegen meinen Ex-Verein, das tat schon weh", gestand der Niederösterreicher.
Wiederholung "wird schwer"
Er vergaß auch nicht die
vielen knappen Siege, darunter zwölfmal nur 1:0 (Bundesliga-Rekord), die
seine Elf feierte. Einen solchen Lauf zu wiederholen, werde ganz schwer
werden, merkte Daxbacher realistisch an. 2011, im Jahr des 100. Geburtstages
der Favoritner, den Titel zu holen, wäre für alle wohl das schönste Präsent.
"Die Salzburger werden wieder aufrüsten, daher wird es für uns schwieriger
als leichter", betonte Daxbacher. Man habe sich die Latte sehr hoch gelegt,
doch könne sich jeder Einzelne noch verbessern.
Starker Nachwuchs macht Druck
Jetzt, vor dem Urlaub bis 6. Juni,
genoss er vielmehr das Erreichte. Dass die Jungen wie Dragovic, Liendl oder
Lindner, aber auch ein Leovac, der sofort dagewesen wäre, so stark seien,
das habe keiner erwarten dürfen. "Denn bei der Austria ist der Druck viel
größer als in Kapfenberg, Kärnten oder beim LASK, wo diese jungen Spieler
vorher gespielt haben. Als Austrianer kann man sich kein schlechtes Spiel
leisten, diesem Druck muss man standhalten, wenn man hier ist", sagte
Daxbacher.
In den vergangenen Wochen waren stets zehn Österreicher und mit dem Tschechen Tomas Jun nur ein Ausländer in seiner Startelf gestanden. "Die haben aber alle nur gespielt, weil ich mich auf sie verlassen kann. Ich möchte nochmals betonen, dass ich ein Förderer von Leistung, nicht der Jugend bin. Bei mir spielt auf einer Position immer nur der Beste, und nicht weil einer jung ist oder 20 Millionen gekostet hat. Das ist für mich egal, für mich zählt nur die Leistung", nannte der Austria-Feldherr die Gründe seiner erfolgreichen Arbeit.
"Zurecht Nummer 1 von Wien"
Diese wurde auch von den
AG-Vorständen gelobt. "Wir haben unsere Aufgabe erfüllt, alles andere lag
nicht mehr in unserer Macht. Im letzten Drittel der Saison haben wir eine
tolle Serie hingelegt. Die Mannschaft hat gezeigt, dass sie topfit und
zurecht die Nummer eins von Wien ist", freute sich der für den Sportbereich
zuständige Thomas Parits, sein "wirtschaftlicher" Kollege Markus Kraetschmer
richtete ebenfalls Gratulationen an die Salzburger, die ein würdiger Meister
seien. "Wir haben unsere Prüfung bestanden. Danke an Spieler, Trainer und
Fans für eine unglaubliche Saison", sagte der Manager, der mit 13.500
Besuchern gegen Ried eine weitere Bestätigung für die Richtigkeit des
Stadionausbaus erhalten hat.
Verabschiedung für Okotie & Co.
Vor dem letzten
Saisonspiel waren Rubin Okotie, Jacek Bak, Michael Madl, Eldar Topic,
Matthias Hattenberger, Emin Sulimani und Mamadou Diabang, die den Verein
verlassen, mit Blumen und Geschenken offiziell verabschiedet worden. Neu
geholt wurden bisher Georg Magreitter (LASK), Patrick Salomon (Austria
Lustenau) und Peter Hlinka (Sturm Graz). "Dazu kommen noch zwei bis drei
Neue, mit denen verhandelt wird. Vielleicht ist ein Ausländer dabei",
verriet Parits.