Während die meisten am Mittwochmorgen noch mit dem Silvesterkater zu kämpfen haben, startet Jürgen Klopp offiziell und voller Elan in seinen neuen Arbeitsalltag als Fußball-Chef bei Red Bull.
Ob Skispaß in Vorarlberg oder die Geburtstagsparty eines bekannten Bierbrauers in München: Jürgen Klopp genoss die letzten Tage seiner Auszeit vom Fußball. Vor allem weil er während seiner Amtszeit als Liverpool das Wort Winterpause nicht kannte. Doch ab Mittwoch ist Schluss mit lustig und der 57-jährige Deutsche tritt offiziell seinen neuen Job als globaler Fußballchef bei Red Bull an. Auf den einstigen Erfolgscoach warten zahlreiche Baustellen - angefangen von den sportlichen Krisen in Salzburg und Leipzig, der Weiterentwicklung des Talentepools bis hin zu den regelmäßigen Fan-Protesten.
Was dabei auf Klopp zukommt, weiß auch ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick. "Ich hatte ja eineinhalb Jahre das Amt inne. Ich weiß, dass es eine sehr spannende, anspruchsvolle und komplexe Aufgabe sein kann, die aber auch sehr zeitintensiv ist", sagte der Architekt des RB-Fußballs. Er habe damals die Kaderplanung der Klubs in Brasilien, New York und Leipzig begleitet.
Klopp als Rangnick 2.0?
Doch Klopps Aufgabe wird noch intensiver. Er soll das strauchelnde Erfolgsmodell auf eine neue Stufe heben, soll als eine Art Rangnick 2.0 der Mastermind hinter der RB-DNA werden. Klopp soll seine Fußball-Philosophie in den RB-Kosmos implementieren. Das globale Netz mit Klubs in Leipzig, Salzburg, Brasilien, New York und Japan muss enger und besser verwoben, Talente müssen besser gefördert werden. Noch hat sich kein Spieler aus Brasilien oder New York langfristig in Leipzig durchsetzen können. Und auch die bisher verlässliche Talentschmiede in Salzburg stockte zuletzt.
Hinzu kommt die sportliche Situation. Die Mozartstädter wurde im Sommer als Serienmeister entthront, ist aktuell sogar nur Fünfter. Leipzig ist chancenlos im deutschen Meister-Rennen, in der Champions League sogar schon ausgeschieden. Der Job von Marco Rose soll aber nicht wackeln, Klopp stärkte Leipzigs Coach den Rücken. "Von Jürgen gab es absoluten Support in Sachen Marco Rose", sagte Red Bulls Geschäftsführer Oliver Mintzlaff.
Red Bull hofft auf Klopp-Effekt
Klopp wurde zudem nicht als Feuerwehrmann geholt, wenn es beim Premium-Klub des Netzwerks mal brennt. Er soll sich explizit um die großen Zusammenhänge kümmern, beratend und steuernd agieren, statt selbst an der Seitenlinie zu stehen. Dass New York im Finale der Major League Soccer stand, war indes nicht mehr als ein "nice to have". Spannend wird die Entwicklung der Beteiligungen an Leeds United und dem Paris FC.
Die Verpflichtung von Klopp gilt derweil als strategisches Meisterstück des Getränkekonzerns. Red Bull verkauft etwa zwölf Milliarden Dosen pro Jahr und damit auch immer ein Lebensgefühl. Da passt Klopp als Über-Sympathieträger bestens hinein. Der Marketing-Effekt ist dennoch eher Beifang des Deals. Zeit zum Skifahren wird Klopp jedoch künftig wohl selten haben. Sein Terminkalender wird voll und zunächst von Antrittsbesuchen geprägt sein. Am 14. Jänner soll nach aktuellem Stand die Vorstellung im Salzburger Hangar 7 vor Hunderten Journalisten stattfinden.
»Es ist eine Fußballidee und keine Geldidee«
Bleiben werden wohl aber die Anti-RB-Proteste. Der jüngste Aufreger ist nicht einmal einen Monat her. In Kiel hielten es einige Fans für eine gute Idee, unter anderem Klopps Konterfei mit einem Fadenkreuz zu versehen und ihn als Totengräber des Fußballs zu bezeichnen. In der Vergangenheit zeigte Klopp Verständnis für das Modell Red Bull und äußerte sich ausdrücklich lobend über Leipzig. "Die ganze Idee ist eine Fußballidee und keine Geldidee. Ich mag das, ehrlich gesagt", meinte der Coach.
In Fußballkreisen wird das Modell von Red Bull ohnehin weniger kritisch gesehen als von Fans. "Wir können mal die Menschen in Leipzig fragen, wie sie das finden. Ich glaube, dass da wirklich was Großes aufgebaut wurde und RB für die Region sehr wichtig ist", sagte der deutsche Ex-Weltmeister Philipp Lahm dem "Kicker". "Leipzig hat sich etabliert, aber macht nicht den nächsten Schritt. Dann jemanden wie Jürgen Klopp zu holen, der den Weg zum nächsten Schritt kennt - das kann funktionieren!"