Mit zwei emotionalen Spielen geht für das deutsche Nationalteam das Länderspieljahr zu Ende. Doch bevor die DFB-Auswahl zum Abschluss am Dienstag (20.45 Uhr/live ORF1) in Wien auf die Rangnick-Elf trifft, steht am Samstag (20.45 Uhr/ live RTL) das Heimspiel gegen Türkei auf dem Programm.
Ein besonderes Duell wird es vor allem für Julian Nagelsmann. Der 36-Jährige feiert im Berliner Olympiastadion, wo am 14. Juli auch das EM-Finale über die Bühne gehen wird, nämlich sein Heim-Debüt als DFB-Coach. Ebenfalls im Mittelpunkt steht aber auch Kapitän Ilkay Gündoğan, der erstmals gegen das Heimatland seiner Eltern spielt(ab 20.45 Uhr, im Sport24-Liveticker).
Nagelsmann will vor Heim-Publikum glänzen
Nagelsmann hat im September den erfolglosen Hansi Flick als deutscher Teamchef übernommen und in seinen ersten beiden Spielen während einer USA-Reise ein 3:1 gegen das US-Team und ein 2:2 gegen Mexiko geholt. Sieben Monate vor der Heim-EM will er mit seinem Team den Aufschwung fortsetzen. Der Ex-Bayern-Trainer hat angekündigt, vor allem an der Stabilisierung der Defensive arbeiten zu wollen. Offen ist, ob der 34-jährige Abwehrroutinier Mats Hummels nach seinen Rückenproblemen schon wieder fit für die Startelf ist. "Es sind zwei Tests, die wir nutzen wollen und die unter dem Vorzeichen Emotionalität stehen. Das wird sicherlich gut", erklärte Nagelsmann.
Mehr Emotionen wie am Samstag im mit über 70.000 Fans ausverkauften Berliner Olympiastadion, sind kaum möglich. Zehntausende Zuschauer, und möglicherweise eine Mehrheit, wird nicht für Deutschland jubeln. Wie die Fans der türkischen Mannschaft Gündoğan behandeln, ist schwer vorauszusehen.
Emotionales Doppel-Heimspiel für Gündoğan
In politisch schwierigen Zeiten spielt der 33-Jährige erstmals gegen die Türkei. "Es wird ein sehr besonderes Spiel für mich - gar keine Frage", sagte der in Gelsenkirchen geborene Profi des FC Barcelona. Gündoğan, der die DFB-Auswahl als Kapitän aufs Feld führt, spürt große Vorfreude auf sein erstes Länderspiel gegen die Türkei - und eine tiefe Verbundenheit mit dem Heimatland seiner Eltern. "Meine Großeltern, Eltern und weitere Verwandte leben nach wie vor in der Türkei in Izmir, und ich habe natürlich auch viele Freunde dort."
Im Gegensatz zu Mesut Özil, der 2010 in einem Länderspiel in Berlin von den türkischen Fans ausgepfiffen worden ist, hatte sich Gündoğan nach dem Eklat-Foto mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan vor fünfeinhalb Jahren ausführlich erklärt, er ordnete den Auftritt ein. Anfeindungen deutscher Fans hatte er dennoch erleben müssen.
Testspiel wird zu Politik-Debatte
Die politische Dimension der Partie geht ohnehin über den Zwiespalt der in der Türkei oder Deutschland geborenen Fans hinaus. Am Freitag war Erdoğan zu Gast bei Bundeskanzler Olaf Scholz, der türkische Staatspräsident hatte zuletzt Israel im Gaza-Krieg "Staatsterror" vorgeworfen und auch die Legitimität des Landes infrage gestellt. Dass ein Besuch des Türkei-Spiels nicht auf Erdoğans Agenda steht, hat der Deutsche Fußball-Bund mit Erleichterung zur Kenntnis genommen. Der Konflikt könnte dennoch ins Stadion getragen werden.
"Der Sport kann sich da nicht verstecken", sagte Völler grundsätzlich zur Debatte über Fußball und Politik. "Es wird immer versucht, dass man eine gewisse Haltung zeigt." Bedeutend sei für ihn, sagte der Weltmeister von 1990, sich in "die Dinge ein bisschen einzulesen", um zu verstehen, worum es geht. Gündoğan ist kein Fußball-Profi, der sich vorschnell, unüberlegt äußert. Vor dem für ihn emotionalen Spiel hielt er sich in politischen Fragen zurück. "Ich hoffe auf ein großartiges Fußballfest", sagte er, auf eines, das er auch genießen kann.