"Chancenlos"

Matthäus: Abrechnung mit dem ÖFB

01.06.2011

Am Freitag steigt das Spiel des Jahres: Österreich trifft auf Deutschland.

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© ÖSTERREICH/ Juvan
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Den Fußball in Österreich beobachtet Lothar Matthäus zumeist aus der Ferne. Doch der ehemalige Welt-Fußballer ist nach wie vor ein Kenner des rot-weiß-roten Kicks. ÖFB-Stars wie Roman Wallner oder Christoph Leitgeb gingen durch seine Trainerschule. Das Kräftemessen zwischen Österreich und Deutschland ist auch für Matthäus ein ganz besonderes Match.
Matthäus, der 1986 beim letzten ÖFB-Sieg über den DFB (4:1) am Platz stand, wird das Match am Fernseher verfolgen. Für ihn ist Deutschland klarer Favorit. Dem österreichischen Fußball sagt der deutsche Rekord-Teamspieler schwierige Zeiten voraus:
„Es fehlen die Idole.“

ÖSTERREICH: Können Sie sich noch an den letzten Österreich-Sieg über Deutschland erinnern?
Lothar Matthäus: Ja, das war 1986. Das war ein Festtag für Österreich und der Schiedsrichter hat die rot-weiß-rote Flagge im Herzen getragen. Er war euer zwölfter Mann, hat mich ausgeschlossen. Noch heute weiß ich nicht warum.
ÖSTERREICH: Warum sind die Österreicher den Deutschen so unterlegen?
Matthäus: Die Deutschen haben andere Voraussetzungen als die Österreicher. Beim Skifahren ist das umgekehrt, da sind die Österreicher stark, haben Idole, denen man nacheifern kann. Die gibt es im Fußball nicht mehr. Die österreichischen Fußballidole sind verloren gegangen, Früher hatte man einen Krankl, Prohaska, Pezzey oder Herzog, heute keine Stars mehr, dementsprechend fehlen die Erfolge.
ÖSTERREICH: Aber Österreich hat doch jede Menge Legionäre in Deutschland?
Matthäus: Das mag wohl sein. Aber es sind nur Mitläufer. Pogatetz ist ein guter Innenverteidiger, aber er ist nicht der herausragende Spieler von Hannover, der den Unterschied ausmacht. Auch Fuchs ist ein guter Fußballer. Aber das sind doch keine Persönlichkeiten wie Krankl, Prohaska, Pezzey oder Herzog, die bei großen Vereinen wie Barcelona, Roma, Frankfurt oder Bremen zu den dominanten Spielern gezählt haben. Diese Typen fehlen jetzt dem österreichischen Fußball.
ÖSTERREICH: Kleine Nationen wie Uruguay überraschen doch auch?
Matthäus: In Österreich hat der Fußball einen anderen Stellenwert. Das sieht man an der schwachen Liga und den fehlenden internationalen Erfolgen der Klubmannschaften. Da kann man nicht erwarten, dass die Nationalmannschaft Weltmeister wird. Man muss die Kirche im Dorf lassen. Österreich kann sich nicht messen mit Deutschland, Spanien, Italien oder England, sondern eher mit Bulgarien.
ÖSTERREICH: Dennoch wollen wir am Freitag die Deutschen schlagen.
Matthäus: Sensationen sind ab und zu möglich, aber zum jetzigen Zeitpunkt sehe ich einen Sieg der Österreicher gegen Deutschland als unmöglich an. Da kann nicht mal ein Heimschiedsrichter helfen. Die deutsche Mannschaft ist im Aufschwung, sie spielt einen sehr attraktiven Fußball, hat junge Talente im Übermaß, sodass Jogi Löw die Qual der Wahl hat, aus Qualität eine qualitativ starke Mannschaft aufzustellen. Dazu kommt der Konkurrenzkampf, der das Niveau der Mannschaft hebt.

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