Klartext
ÖFB: Schöttel schießt gegen die Kritiker
14.11.2017
Sportdirektor lässt ersten Wochen Revue passieren - und schlägt zurück.
Peter Schöttel hat turbulente Wochen hinter sich. Nach seiner von Kritik begleiteten Bestellung zum ÖFB-Sportdirektor am 7. Oktober machte er sich auf Teamchef-Suche, war einige Tage beim Trainingscamp in Marbella dabei, erwartet am Dienstag gegen Uruguay (ab 20:45 Uhr im oe24-LIVE-TICKER) sein erstes Länderspiel und plant die weitere Zukunft als wichtigster sportlicher Leiter des Landes.
Im Interview gab der 50-Jährige Auskunft über seine Visionen, die Zusammenarbeit mit Franco Foda, den Vorwurf der Freunderlwirtschaft und verunglückte öffentliche Auftritte.
Wie fällt Ihr erstes Resümee knapp fünf Wochen nach Amtsantritt aus?
Peter Schöttel: Mit der Teamchef-Suche hat es gleich mit Vollgas begonnen, danach ging es gleich um die Abwicklung des Team-Trainingslagers in Spanien. Jetzt widme ich mich anderen Themen wie den Nachwuchs-Nationalmannschaften, der Trainer-Aus- und Fortbildung und der Suche nach einem Nachfolger für mich als U19-Teamchef.
Ist es denkbar, dass Sie wie Ihr Vorgänger Willi Ruttensteiner als Chef der Trainerausbildung fungieren?
Schöttel: Nein. Das war mein Wunsch und jener des Präsidiums. Selbstverständlich schaue ich drauf und trage die Verantwortung, aber ich werde selbst kein Training leiten. Jetzt geht es darum, mit Dominik Thalhammer (Anm.: sportlicher Leiter Trainer-Aus- und -Fortbildung) und Walter Konir (administrativer Leiter Trainer-Aus-und -Fortbildung) zu besprechen, wie wir das strukturieren. Es gibt ein paar Bereiche, in denen wir uns Änderungen vorstellen können.
Was meinen Sie damit konkret?
Schöttel: Wir wollen wie etwa in Deutschland sehr talentierten Trainern die Möglichkeit geben, schneller nach oben zu kommen, auch wenn sie vielleicht nicht die ganz große Karriere als Aktiver hatten. Darüber ist schon vor meiner Zeit nachgedacht worden, und da werden wir uns intensiver damit beschäftigen.
Bei Ihrer Präsentation wurde verkündet, dass bei Ihrer Arbeit auf den Konzepten von Ruttensteiner aufgebaut wird. Was ist darunter zu verstehen?
Schöttel: Er hat in 18 Jahren etwas aufgebaut, da ist - im positiven Sinne - sehr viel vorhanden. Meine Aufgabe ist es jetzt, so rasch wie möglich zu schauen, ob das alles noch zeitgemäß ist oder ob man etwas verbessern oder anpassen kann.
Wie beurteilen Sie rückblickend generell ihre Antritts-Pressekonferenz als neuer Sportdirektor?
Schöttel: Zugegeben: Wir hätten uns ein bisschen mehr Zeit nehmen müssen, dann hätten wir auch eine bessere Figur abgegeben. Aber das ist Geschichte, was mich vorrangig interessiert: Wir arbeiten jetzt mit Hochdruck. Jetzt geht es darum, mit Leistungen auf sachlicher Ebene zu überzeugen.
Auch die Pressekonferenz anlässlich der Bestellung von Franco Foda sorgte für negative Reaktionen. Es gab den Vorwurf, dass vermittelt wurde, Foda sei nur zweite Wahl gewesen.
Schöttel: Das war eine andere Geschichte. Es war einfach der Versuch von uns, den Prozess der Teamchef-Suche möglichst transparent darzustellen. Dass dir daraus dann manche einen Strick drehen, nehme ich zur Kenntnis. Aber Foda hat sich in den internen Gesprächen sehr gut präsentiert, hat dann eine klare Mehrheit gefunden und ist deshalb in diesem Moment sicher eine ausgezeichnete Wahl.
Sie stellten zwar die Kandidatenliste zusammen, das Vorschlagsrecht lag aber bei ÖFB-Präsident Leo Windtner. Hätten Sie sich mehr Mitspracherecht erwartet?
Schöttel: Für mich war es von Start weg klar, dass ich mich um die Kandidatenliste kümmere. Die vier Kandidaten, die nach den Einzelgesprächen übriggeblieben sind, wären für mich alle als Teamchef-Lösung vorstellbar gewesen. Ich bin mit Franco sehr zufrieden, er macht den Job sehr gut. Ich verstehe aber auch, dass der eine oder andere Kandidat, der es nicht geworden ist, darüber nicht sehr glücklich ist.
Bei einem Club schlägt normalerweise der Sportdirektor den Trainer vor. Sollte das bei einem Nationalverband auch der Fall sein?
Schöttel: Der Entscheidungsprozess stand bereits vor meiner Bestellung fest. In diesem Fall kannte ich alle vier Kandidaten sehr gut und war mir bei allen sicher, dass es funktioniert hätte. Am Ende ist es darum gegangen, wem trauen diejenigen, die es bestimmen (Anm.: das ÖFB-Präsidium), diese Aufgabe vollinhaltlich zu, und für Franco hat in diesem Moment viel gesprochen.
Was sagen Sie zu den Vorwürfen der Freunderlwirtschaft, weil auch Andreas Herzog auf der Short List stand?
Schöttel: Mittlerweile nehme ich zur Kenntnis, dass manche immer versuchen, irgendwo irgendetwas zu finden. Ich kann nicht jemanden, von dem ich fachlich überzeugt bin und mit dem ich mich menschlich gut verstehe, automatisch aus einem Verfahren ausschließen. Herzog kann keinen Nachteil daraus haben, dass ich Sportdirektor bin.
Aber war es für ihn vielleicht doch ein Nachteil?
Schöttel: Möglicherweise war es das für ihn in dieser Kombination, dass manche gedacht haben, um Gottes Willen, da sind zwei Wiener, die miteinander Fußball gespielt haben, das können wir nicht erlauben. Das war eine Konstellation, die ihm nicht geholfen hat. Ich kann das aber nicht verstehen. Jeder sucht sich Mitarbeiter, denen er vertraut, von denen er weiß, dass er gut mit ihnen arbeitet. Ich werde ja niemanden als Trainer holen, von dem ich nicht überzeugt bin, dass wir Erfolg haben werden. Ich werde doch selbst am Erfolg gemessen. Mir kommt es schon so vor, dass es eine extreme Geschichte war, weil es zwei Wiener betroffen hat. Bei zwei Kärntnern oder Burgenländern wäre das in der Öffentlichkeit nicht so diskutiert worden.
Am Ende hat Foda das Rennen gemacht - wie verlief bisher die Kooperation mit ihm?
Schöttel: Die Zusammenarbeit ist unproblematisch. Wir haben uns in Spanien täglich ausgetauscht und als ich wieder in Wien war täglich telefoniert. Mit Franco ist es für mich sehr einfach, weil wir Fußball ziemlich gleich sehen. So wie er denkt, wie er seine Mannschaften spielen lassen will, wie er trainiert, wie er in seiner Ansprache ist, denke ich, dass wir uns sehr ähnlich sind und dass es gut funktionieren wird.
Ein ÖFB-Teamchef wird an Ergebnissen gemessen. Wie ist der Erfolg für einen ÖFB-Sportdirektor definiert?
Schöttel: Wir wollen so viele Endrunden wie möglich mit allen Nationalmannschaften erreichen. Bei den Frauen ist etwas im Entstehen, nicht nur beim A-Team, auch bei der U17- und U19-Auswahl. Es wäre sicher ein Erfolg, mehr Mädchen zum Fußball zu bringen. Im Breitenfußball gibt es gute Veranstaltungen wie die Schülerliga oder den Coca-Cola-Cup, deren Weiterentwicklung ein Erfolg wäre. In der Trainerausbildung wäre es ein Erfolg, wenn die nächsten Trainer den Sprung in Top-Ligen schaffen würden.