Kampfansage
Niederlande "wollen jetzt alles"
04.07.2010
Oranjes sind aber auch vor Halbfinalgegner Uruguay gewarnt.
Das niederländische Fußball-Nationalteam hat den Triumph gegen Brasilien nach einem bunten Abend abgehakt und fiebert schon dem WM-Halbfinal-Gegner Uruguay entgegen. "Natürlich bin ich glücklich. Aber wir laufen jetzt nicht den ganzen Tag stolz herum und machen eine Polonaise. Wir sind noch nicht am Ziel", erklärte Bondscoach Bert van Marwijk, der allerdings noch um den Einsatz von Robin van Persie und Joris Mathijsen bangt, nach dem 24. Spiel in Serie ohne Niederlage.
"Wollen den Titel"
"In Holland ist eine unglaubliche
Stimmung. Genau so soll es sein. Es ist gut, dass wir hier sind und das
alles nicht so richtig mitbekommen", meinte Van Marwijk. Sein Team hat Blut
geleckt. "Jetzt wollen wir den Titel", sagte Van Persie nach dem
denkwürdigen 2:1 gegen den Rekordweltmeister, mit dem die "Elftal" ihren Ruf
des ewig Gescheiterten vorerst ablegte und den Traum Brasiliens vom sechsten
WM-Titel zerstörte. Gegen Uruguay kann die Niederlande am Dienstag in
Kapstadt den vielleicht vorletzten Schritt zum ersten WM-Titel machen.
Mission Weltmeister
"Ich habe vom ersten Tag an gesagt, wir haben
eine Mission: Weltmeister werden", betonte van Marwijk. "Ich bin oft
ausgelacht worden, aber heute haben wir einen wichtigen Schritt in Richtung
Erfüllung unserer Mission gemacht." Seit der 58-Jährige 2008 die Auswahl von
seinem glücklosen Vorgänger Marco van Basten übernommen hat, machte das mit
Stars gespickte Team eine erstaunliche Entwicklung. Die bisherige
Jahresbilanz 2010: Neun Siege in neun Spielen.
Neue Stärke
Früher als glücklose Ballzauberer verspottet,
zeigen die Niederländer Tugenden, die einen Weltmeister ausmachen:
spielstark, widerstandsfähig, gut organisiert und mit festem Glauben in die
eigene Stärke. "In dieser Gruppe steckt so viel. Wir wollen mehr. Wir wollen
alles", tönte Angreifer Dirk Kuyt. "Das Wunder von Port Elizabeth", titelte
die Tageszeitung "De Telegraaf". "Dies ist die WM von Oranje, die WM der
Niederlande", jubelte "De Volkskrant". Im Fokus der Lobeshymnen stand
besonders jener Mann, der sich in Südafrika drei Wochen lang Tag für Tag
anhören musste, seine Mannschaft spiele keinen schönen Fußball - Coach Van
Marwijk.
Sneijder mit Chance auf Torjäger-Titel
Nun ist seine
Mannschaft bereit für den ganz großen Coup. Und Wesley Sneijder greift nach
seinen zwei Treffern gegen Brasilien in den Kampf um die "Goldenen Schuh"
für den besten Torschützen ein. Der 26-Jährige von Inter Mailand hat wie die
deutschen Goalgetter Miroslav Klose und Thomas Müller sowie die bereits
ausgeschiedenen Robert Vittek (Slowakei) und Gonzalo Higuain (Argentinien)
vier Tore auf dem Konto. Nur der Spanier David Villa liegt einen Treffer
vorn. Das Eigentor von Felipe Melo zum 1:1 gegen Brasilien schrieb die FIFA
einen Tag später Sneijder zu.
Vor Urus gewarnt
Gegen Uruguay ist Sneijder nun gefordert, von
Anfang an Gas zu geben und sich nicht erst wie am Freitag in der Pause an
seine Stärken erinnern zu lassen. "Der Gegner ist gefährlich. Sie sind
Kämpfer. Sie sind Überlebenskünstler. Ich mag die Art, wie sie spielen",
sagte Van Marwijk, der auf die gelb-gesperrten Gregory van der Wiel und
Nigel de Jong verzichten muss.
Suarez für Halbfinale gesperrt
Bei den Südamerikanern fehlt
unter anderen Goalgetter Luis Suarez, der wegen seines Handspiels kurz vor
dem Ende der Verlängerung gegen Ghana die Rote Karte sah und dafür ein Spiel
Sperre erhielt. Der Ajax-Star leistete daher einen wesentlichen Beitrag zum
Aufstieg der "Celeste", schließlich versiebte Asamoah Gyan den dafür
verhängten Strafstoß, wenig später setzte sich Uruguay im Elferschießen
durch.
Sein Teamchef Oscar Tabarez wehrte sich gegen Kritiker, die Suarez als Betrüger bezeichneten. "Meiner Meinung nach war es eine instinktive Bewegung zum Ball. Und man kann ihn nicht dafür verantwortlich machen, dass Ghana den Penalty vergeben und danach das Elferschießen verloren hat", betonte der Coach, dessen Mannschaft im Gegensatz zu den großen Nachbarn Brasilien und Argentinien als einziger Vertreter Südamerikas noch im Turnier ist.