CL-Sieg

Robben beendete Bayerns Finaltrauma

26.05.2013

Heynckes krönte sich zum Abschied vom FC Bayern.

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2012 der Buhmann, 2013 der Matchwinner. Ausgerechnet Arjen Robben ist im Fußball-Champions-League-Finale zum "Helden" von Wembley avanciert. Der Niederländer sorgte am Samstagabend mit seinem Last-Minute-Tor beim 2:1-Sieg des FC Bayern München gegen Borussia Dortmund für die Entscheidung und rehabilitierte sich damit auch für den verschossenen Elfmeter in der Verlängerung im Königsklassen-Endspiel der vergangenen Saison in München gegen Chelsea.

Der Offensivspieler beendete damit auch ein persönliches Finaltrauma, hatte er doch nicht nur in den Champions-League-Endspielen 2010 und 2012, sondern auch im WM-Endspiel 2010 mit den Niederlanden gegen Spanien den Kürzeren gezogen. "Das vergisst man nicht, was letztes Jahr passiert ist. Das kommt alles hoch", schilderte Robben seine ihn übermannenden Gefühle. "Das ist ein Traum nach vielen großen Enttäuschungen. Du willst am Ende nicht der Loser sein, du willst mal was gewinnen."

Im Vorjahr hatten dem Matchwinner 2013 im entscheidenden Moment noch die Nerven versagt. Beim "Finale dahoam" in der Münchner Allianz-Arena war Robben in der 95. Minute beim Stand von 1:1 zu einem Elfmeter angetreten - und an Torhüter Cech gescheitert.

Nach dem verlorenen Elfmeterschießen kauerte der Niederländer damals am Boden. Doch der Glatzkopf mit dem ausgeprägten Ego, der auch so oft Pech mit Verletzungen hat, ist wieder aufgestanden. "Ich habe vieles vorgehabt heute, ich hatte in den Wochen vor dem Finale so oft gehört, Arjen, du schießt das Tor. Dann gebe ich die wichtige 1:0-Vorlage und schieße ein Tor, das ist ein Traum. Das sind so viele Emotionen, unglaublich", erzählte der 29-Jährige freudestrahlend. "Der Champions-League-Sieg ist das Größte, was du auf Clubebene erreichen kannst, wir haben lange darauf gewartet."

Nach dem Siegestor in Minute 89, bei dem er Mats Hummels stehen ließ und BVB-Keeper Roman Weidenfeller verlud, jubelte Robben ausgiebig, schrie sich die Seele aus dem Leib. Aus der Bayern-Fankurve hallten ihm "Arjen Robben"-Rufe entgegen. Nach der Pokalübergabe gab der Star den Einpeitscher auf der Bande, er setzte sich den Pokal auf den Kopf, küsste ihn, ließ sich feiern und nahm als Erinnerung ein Stück des Netzes jenes Tores mit, in das er zuvor getroffen hatte.

Der davor mehrmals an BVB-Goalie Weidenfeller gescheiterte Robben wurde völlig zurecht als "Mann des Spiels" ausgezeichnet und dafür von Manchester Uniteds scheidendem Erfolgstrainer Alex Ferguson geehrt. "Es ist eine große Ehre von einer Legende diesen Preis überreicht zu bekommen", sagte Robben.

Coach Jupp Heynckes hatte nach dem großen Erfolg nichts mehr zu melden. "Das ganze Jahr haben wir unserem Trainer sehr gut zugehört, jetzt dürfen wir entscheiden", verkündete der Niederländer forsch und setzte kurzerhand alle Party-Vorgaben seines Chefs Richtung DFB-Cupfinale gegen den VfB Stuttgart am Samstag außer Kraft. "Wenn wir jetzt zwei, drei Tage feiern, glauben Sie, dann werden wir in Berlin nicht gut sein?", fragte der Offensivspieler und gab die Antwort breit grinsend gleich selbst: "Ich glaube das nicht!"

Bei der Siegerparty der Münchner war Robben nicht zu bremsen. Völlig losgelöst stand er im Festsaal des "Grosvenor House" auf einem Stuhl, schwenkte tanzend eine Vase mit roten Rosen in der einen und eine Bierflasche in der anderen Hand. Innig umarmte und küsste er danach seine Frau Bernadien. Alles nach einem Spiel, das dem polarisierenden Star auf ewig einen Ehrenplatz in den Geschichtsbüchern des deutschen Rekordmeisters sichern wird.

Auf Seite 2 Heynckes krönte sich zum Abschied

Schöne Grüße an Guardiola und auch Löw - Heynckes übergibt "perfekt funktionierende Mannschaft"

Man soll aufhören, wenn es am Schönsten ist, lautet ein Sprichwort. Auf Jupp Heynckes trifft das zu, wenngleich wohl nicht ganz freiwillig. Seit 16. Jänner weiß der Trainer-Routinier, dass er mit Saisonende den FC Bayern München verlassen muss und durch Barcelonas Josep Guardiola ersetzt wird. Die Erfolgsgeschichte schrieb der Trainer mit Ablaufdatum trotzdem, nach dem überlegenen Meistertitel führte Heynckes die Bayern am Samstag zum Triumph in der Champions League.

Er übergibt eine "perfekt funktionierende Mannschaft" und hat am kommenden Samstag (20.00) mit dem Finale im DFB-Pokal in Berlin gegen den VfB Stuttgart sogar die Chance auf das historische Triple.

Für einen kurzen Moment musste man sich um Heynckes am Samstagabend ein wenig Sorgen machen. Dreimal warfen die Münchner Profis ihren immerhin schon 68-jährigen Trainer in die Luft, die wilden Jubelarien mit dem Champions-League-Pokal auf dem Rasen des Wembleystadions gingen nicht ohne kleinere Schrammen ab. "Es brechen alle Dämme, Emotionen werden freigemacht, die Spieler herzen einen. Man muss aufpassen - Shaqiri hat mir einen mitgegeben auf die Wange", schilderte Heynckes das ausgelassene Treiben nach dem Last-Minute-Sieg gegen Borussia Dortmund.

15 Jahre nach dem Triumph mit Real Madrid gewann er kurz vor seinem erwarteten Karriereende noch einmal die Champions League. Heynckes ist erst der vierte Trainer, der die Königsklasse im europäischen Fußball mit zwei Vereinen gewann. Den Anfang machte Österreichs Trainerlegende Ernst Happel (1970 Feyenoord Rotterdam, 1983 Hamburger SV), danach folgten Ottmar Hitzfeld (1997 Dortmund, 2001 Bayern) und Jose Mourinho (2004 FC Porto, 2010 Inter Mailand).

"Das ist natürlich ein Höhepunkt in einer Trainerlaufbahn, wenn man die Champions League zum zweiten Mal gewinnt oder dreimal teilnimmt und dreimal ins Endspiel einzieht und zweimal gewinnt", resümierte er stolz. Übrigens musste Heynckes auch nach dem Triumph mit Real 1998 die "Königlichen" verlassen.

Auf der Siegesfeier tanzte der väterliche Coach sogar in der Nacht zum Sonntag kurz mit auf der Bühne im Kreise seiner Spieler, mit denen er nun in seinem allerletzten Spiel als ihr Chef unbedingt Historisches schaffen möchte, nämlich das Titel-Triple. "Unser Weg ist noch nicht zu Ende", mahnte er darum umgehend. Ab Dienstag müsse wieder trainiert werden für das Pokalfinale gegen Stuttgart. "Wir wollen gewinnen. Danach können die Spieler alles machen", erklärte Heynckes.

Er will als historischer Triumphator die Bayern verlassen und seinem Nachfolger das größtmögliche Erbe hinterlassen. Die Messlatte hat Heynckes hochgelegt für Guardiola, der mit dem FC Barcelona Titel an Titel reihen und Europas Fußball dominieren konnte.

"Pep Guardiola übernimmt eine perfekt funktionierende Mannschaft, die das neue Barcelona werden könnte", sagte Heynckes: "Es ist gut möglich, dass man mit gezielten Einkäufen eine neue Ära in Europa schaffen kann." Mario Götze kommt bekanntlich aus Dortmund, und als zweiter BVB-Star werde auch Robert Lewandowski "nicht mehr lange auf sich warten lassen", verriet Heynckes.

Besonders freute ihn, dass die Generation um seine Kapitäne Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger endlich den so lange ersehnten internationalen Titel erringen konnte. "Das ist die Krönung einer Laufbahn, wenn man nicht gerade Weltmeister wird", bemerkte Heynckes in seiner Ansprache auf der Siegerbühne beim Bankett und fügte augenzwinkernd hinzu: "Das steht uns ja noch bevor..."

Auf Seite 3: Bayerns CL-Sieg für Rummenigge "Sport-Comeback des Jahres"

Münchner haben Triple fest im Visier - Rummenigge: "Haben auch mit 1,8 Promille Chance gegen Stuttgart"

Der FC Bayern München hat nach dem Fußball-Champions-League-Triumph in London die Nacht zum Tag gemacht. "Was wir heute erlebt haben, war das Sport-Comeback des Jahres", schwärmte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge bei seiner Rede auf der Siegesfeier der nun besten Fußball-Vereinsmannschaft in Europa. Zwölf Monate nach der dramatischen Finalniederlage im Elfmeterschießen gegen Chelsea hatten die Münchner zuvor am Samstagabend mit dem 2:1-(0:0)-Sieg gegen Borussia Dortmund nach der Meisterschaft den zweiten Titel in dieser Saison geholt.

Im Festsaal des "Grosvenor House" wurde mit fast 2.000 Gästen gefeiert. Die Spieler um Kapitän Philipp Lahm setzten ihre Party später im kleineren Kreis an einem anderen Ort fort. An Schlaf vor der Rückreise nach München dachte erst einmal keiner. Auf das nationale Pokalendspiel in Berlin gegen den VfB Stuttgart müsse keiner Rücksicht nehmen, sagte Rummenigge: "Wir haben in sechs Tagen wieder ein Finale, aber ich glaube, mit 1,8 Promille haben wir trotzdem eine Chance." Mit dem Pokalgewinn würden die Bayern als erster Verein in Deutschland das Triple schaffen.

Schon im Stadion hatten es die Titeljäger des Rekordmeisters nach der Pokal-Übergabe, der nach zwölf Jahren nach München zurückkehrt, krachen lassen. Bastian Schweinsteiger tanzte mit dem Pokal eine Art Walzer über den Rasen. Trainer Jupp Heynckes wurde von seinen Spielern in die Luft geworfen. Nur die in Deutschland nach Titelgewinnen üblichen Bierduschen fehlten im englischen Fußball-Heiligtum Wembley.

86.289 Zuschauer sahen ein intensives Spiel, in der die beiden Tormänner Roman Weidenfeller (Dortmund) und Manuel Neuer (Bayern) oftmals im Mittelpunkt standen. "Manuel Neuer war in der ersten Hälfte der beste Spieler", fasste Heynckes die Großtaten seines Keepers knapp zusammen. Besonders gegen Jakub Blaszczykowski (15.) und Robert Lewandowski (35.) zeigte er grandiose Paraden.

Die größere Effizienz der Bayern gab am Ende den Ausschlag. Mario Mandzukic brachte die Münchner in Führung (60.). Ilkay Gündogan (74.) glich per Foulelfmeter aus. Als alles auf eine Verlängerung hindeutete, schlug Arjen Robben (89.) noch zu und versetzte sein Team in einen Freudentaumel. "Man hat gesehen, dass meine Mannschaft das Spiel unbedingt gewinnen wollte, weil es für die Generation Lahm/Schweinsteiger - meine zwei Kapitäne - an der Zeit ist, einen internationalen Titel zu gewinnen", kommentierte Heynckes.

Das unterstrich auch Kapitän Philipp Lahm, der den Pokal aus den Händen von UEFA-Präsident Michel Platini entgegennahm. "Wenn man eine goldene Generation werden will, muss man einen internationalen Titel gewinnen." Der Weg dorthin sei ein weiter gewesen. "Es ist unglaublich, was sich die Mannschaft in den letzten Jahren erarbeitet hat. Wir haben viele Rückschläge wegstecken müssen und sind jetzt endlich belohnt worden", sagte der Außenverteidiger.

Warum seine Mannschaft ausgerechnet im Endspiel nicht die beste Leistung abrufen konnte, war für Lahm schnell erklärt: "Der Druck war einfach enorm hoch." Eine weitere Finalpleite in der Champions League nach jenen 2010 gegen Inter Mailand und 2012 gegen Chelsea wäre nur sehr schwer zu verkraften gewesen. "Wir haben aus dem letzten Jahr gelernt und das Tor so spät gemacht, dass der Gegner nicht mehr zurückschlagen konnte", meinte Thomas Müller.

Der Titelhunger ist aber noch nicht gestillt, mit einem Sieg gegen Stuttgart am Samstag soll das historische Triple fixiert werden. "Unser Weg ist noch nicht zu Ende", betonte Heynckes. Deshalb hatte der Trainer-Routinier sogar die Planung einer großen Feier mit den Fans nach der Rückkehr am Sonntagnachmittag nach München abgesagt.

 

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