Teamchef steht schwer unter Beschuss. Vor allem die Landesfürsten fordern seine Ablöse. Nur Präsident Stickler steht hinter ihm.
Die mächtigen Landesfürsten sind noch ruhig, proben noch nicht den Aufstand. Präsident Friedrich Stickler konnte bei der ÖFB-Präsidiumssitzung im Wiener Penta-Hotel noch einmal Teamchef Josef Hickersberger stützen. Die Negativserie von acht nicht gewonnen Länderspielen hat vorerst keine Konsequenzen.
Ablöse
ÖSTERREICH erfuhr: Hicke bekam noch zwei Spiele
Schonfrist. Nach den beiden nächsten Begegnungen gegen die Schweiz in Zürich
(13. Oktober) und die Elfenbeinküste in Innsbruck (17. Oktober) tagt wieder
das ÖFB-Präsidium. Sollte beim Team auch dann noch keine deutliche
Steigerung sichtbar sein, dann muss der Teamchef gehen.
Zahnloses Ultimatum
Schon nach den beiden Pleiten gegen Japan
und Chile hatten sich die Landesfürsten für eine sofortige Ablöse des
Teamchefs ausgesprochen, sind auch verärgert aus Wien abgereist. Sie hätten
von Stickler statt Durchhalteparolen deutlichere Signale erwartet.
Hickersberger wurde zwar ein Ultimatum gesetzt – er soll eine umfangreiche
Analyse der Situation liefern – doch gibt es dafür kein Datum und auch keine
angekündigten Konsequenzen. Stickler: „Es gibt momentan keine Überlegungen,
Hickersberger abzulösen.“
Alternative
Stimmt nicht ganz, denn der mächtige
oberösterreichische Wirtschaftskapitän Leo Windtner hatte schon mal einen
Nachfolger für Hickersberger vorgeschlagen. Er brachte den Engländer Roy
Hodgson ins Gespräch, der die Schweiz 1994 zur WM geführt hatte. Er
trainiert zurzeit Finnland (Platz zwei in Gruppe A).
Aussprache
Hickersberger selbst tagte gestern im ÖFB-Headquarter
im Happel-Stadion mit seinem Assistenten Andreas Herzog und besprach die
Marschroute für die nächsten Wochen. Herzog: „Es wird sich einiges tun, auch
am Personalsektor. Es wird zu einigen Änderungen kommen.“ Den Gemütszustand
seines Chefs bezeichnet der Rekord-Nationalspieler als gut: „Hicke ist voll
motiviert und wird sein Ding durchziehen.“ Mit Thomas Prager, der nach
seiner Auswechslung wortlos in die Kabine stapfte, hat der Teamchef bereits
gesprochen. Der Holland-Legionär hat sich entschuldigt. Hicke macht reinen
Tisch.
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Trap: "Lasst Hicke in Ruhe"
ÖSTERREICH: Österreichs
Team liegt am Boden. Wie beurteilen Sie den Niedergang des heimischen
Fußballs?
GIOVANNI TRAPATTONI: Testspiele sind für einen
Trainer dazu da, um auch einmal Spieler auf Positionen zu testen, auf denen
sie nicht beheimatet sind. Man muss in solchen Spielen als Trainer
probieren. Nur auf das Ergebnis zu achten, wäre falsch. Aber sicher hat man
auch nicht gut gespielt.
ÖSTERREICH: Kann ein Trainerwechsel helfen?
TRAPATTONI: Das
ist eine ganz gefährliche Sache. Ich erachte einen Trainerwechsel für
absolut falsch. Hickersberger ist ein erfahrener Mann. Er hat viele
internationale Spiele hinter sich. Er hat die Mannschaft zusammengestellt.
Lasst Hickersberger in Ruhe arbeiten.
ÖSTERREICH: Viele fordern die Rückkehr erfahrener Spieler. Der Ausweg für
Hicke?
TRAPATTONI: Mir steht es nicht zu, darüber zu urteilen. Ob
jetzt ein Vastic, Mayrleb oder ein Kühbauer zurückkehren sollten oder nicht.
Aber sicherlich kann es einer Mannschaft helfen, einen oder zwei erfahrenere
Spieler in ihren Reihen zu haben. Das ist immer gut für die jungen Spieler.
ÖSTERREICH: Wie das Team steht auch Ihre Mannschaft unter Siegzwang.
TRAPATTONI:
Ausreden zählen jetzt nicht mehr. Wir müssen besser spielen als zuletzt. Wir
müssen wieder die Mentalität vom letzten Jahr zeigen. Wir sind ein starkes
Team. Wir haben generell eine gute Kondition. Gegen Mattersburg ist ein
Sieg, vor allem vor eigenem Publikum, Pflicht.
ÖSTERREICH: Red Bull ist Vierter, hat wieder die Champions League
verpasst. Dabei sagten Sie, das Team sei 30 Prozent stärker als zuletzt.
TRAPATTONI:
Keine Frage, wir sind noch nicht so weit wie im letzten Jahr. Auch wenn ich
die Ausreden mit den Verletzten und dem Pech in Donezk nicht zählen lassen
möchte. Wir werden im zweiten Saison-Viertel viel besser spielen. Wir wollen
so schnell wie möglich dahin zurückkehren, wo wir hingehören. Auf
Rang eins.
Interview: Christian Ortlepp/ÖSTERREICH