Fenerbahce im Zentrum der Ermittlungen der Manipulationsvorwürfe.
Eine Fußballnation gerät ins Wanken: Auf die Festnahme
von insgesamt mehr als 80 Spielern, Managern und Trainern wegen Manipulationsvorwürfen reagieren türkische Fans mit Wut und Zweifeln. Dass der türkische Fußballverband (TFF) den Saisonstart der Süper Lig nun auf den 9. September verschoben hat, ist ein neuer Höhepunkt im Chaos. Mit der Maßnahme ist allerdings die Hoffnung verbunden, dass reiner Tisch gemacht wird. "Für die Liga ist nicht wichtig, wann es losgeht. Wichtig ist, wie wir aus diesem Dreck herauskommen", sagt Gökmen Özdenak, Sportkommentator des Senders Kanaltürk.
Krise
Der türkische Fußball steckt in der wohl schwersten Krise der vergangenen Jahrzehnte: Bei mindestens 19 Spielen der vergangenen Saison soll es Schiebung gegeben haben, ein Gericht hat etwa 30 Verdächtige in Untersuchungshaft nehmen lassen.
Hoffen auf totalen Neubeginn
Kommentatoren hoffen, dass die Aufklärung einen sauberen Neubeginn möglich macht. Im Zentrum der Ermittlungen steht Fenerbahce Istanbul. Der Verein soll sich seine Meisterschaft unter Präsident Aziz Yildrim mit Manipulationen gekauft haben - so der Vorwurf, den der Club bestreitet. Dabei handle es sich aber nur um die Spitze eines Eisberges, sagt der frühere Manager von Samsunspor, Ismail Uyanik. Er will Politiker und die Ethikkommission des TFF schon in den 90er Jahren bei einer Anhörung auf das Bestechungssystem im türkischen Fußball hingewiesen haben. Alle hätten den Kopf in den Sand gesteckt.
Wenn die Ermittlungen auf die vergangenen 20 Jahre ausgeweitet würden, gerieten praktisch alle Fußballmanager unter Verdacht, sagte Uyanik der Zeitung "Radikal". "An Fenerbahces Stelle hätte sich jede Mannschaft so verhalten, weil das System so ist", sagte er. "Es gab ein Unglück und die Passagiere im ersten Waggon sind verletzt. Dass die Leute im hinteren Teil des Zuges unverletzt sind, bedeutet nicht, dass sie unschuldig sind." Selbst bei Partien der türkischen Nationalmannschaft habe es Schiebung gegeben.
Fans protestieren
Die Fenerbahce-Fans haben in den vergangenen Tagen mit wütenden Protesten reagiert, weil sie die Vorwürfe nicht wahrhaben wollen oder meinen, ihr Verein sei ungerecht herausgepickt worden. Türkische Medien berichten, Fenerbahce-Chef Yildirim habe Vertrauten erklärt, wenn er auspacke, seien alle in Schwierigkeiten. Seinem Verein drohen die Aberkennung des Titels und ein Zwangsabstieg.
Wie auf rohen Eiern bewegen sich Vereinssprecher in diesen Tagen. Der TFF will sich auf Anfrage nicht weiter äußern. Einige Vereine sind verdächtig still. Der Club Fenerbahce, dessen Wert an der Istanbuler Börse sich seit dem Höchststand im Mai halbiert hat, äußerte offiziell "Respekt" für die Entscheidung des Fußballverbandes, den Saisonstart zu verschieben. Ein Sprecher verwies auf Anfrage am Dienstag nur auf eine schriftliche Erklärung. Demnach hofft der Verein, dass die Ermittlungen Vorwürfe gegen das Management entkräften und den Verein und den türkischen Fußball nicht beschädigen.
Auch Besiktas involviert
Auch der "Österreicher-Club" Besiktas Istanbul ist vom Manipulationsskandal betroffen. Während der Verein der drei ÖFB-Legionäre Ekrem Dag, Veli Kavlak und Tanju Kayhan vor zwei Wochen auf Trainingslager in Österreich (Salzburg) weilte, war Trainer Tayfur Havutcu ebenso vorläufig festgenommen worden wie Vizepräsident Serdal Adali.