Teamkapitän Janko
"Twente wie eine andere Fußball-Welt"
01.09.2010
ÖFB-Kapitän freut sich über neue Erfahrungen im Ausland.
Nach einer Odyssee hofft Marc Janko auf eine triumphale Heimkehr. Die Anreise des österreichischen Fußball-Teamkapitäns ins ÖFB-Camp in Flachau verzögerte sich wegen diverser Staus und Flugverspätungen um einige Stunden, umso mehr freut sich der Niederösterreicher auf die Rückkehr an seine alte Wirkungsstätte. Nur drei Monate nach seinem Abschied aus Salzburg geht Janko wieder in Wals-Siezenheim auf Torjagd, diesmal jedoch im rot-weiß-roten Trikot zum Auftakt der EM-Qualifikation gegen Kasachstan.
Im Interview schwärmte der Twente-Legionär von seiner neuen Wahlheimat, machte sich Gedanken über eine Attraktivitätssteigerung der österreichischen Liga und hob die Bedeutung internationaler Erfahrung hervor.
Frage: Wie froh sind Sie, dass Sie die hochgesteckten Erwartungen bei
Twente zumindest vorerst erfüllten?
Janko: "Ich habe mich
sehr über meine Tore in den letzten Spielen gefreut. Aber man kann es auch
so sehen: Die ersten Partien habe ich wegen einer Muskelverhärtung, die ich
mittlerweile in den Griff bekommen habe, verpasst. Es gab kleine
Anlaufschwierigkeiten wegen körperlicher Problemchen, doch im letzten
Heimspiel hätte ich schon locker durchspielen können, und es wird noch
besser werden."
Frage: Inwieweit unterscheidet sich die niederländische Liga von der
österreichischen?
Janko: "Am Anfang habe ich gedacht, dass
das Niveau ziemlich gleich ist. Aber mittlerweile habe ich schon gemerkt,
dass das Tempo höher ist. Die niederländische Liga hat mehr Qualität,
angefangen von der Infrastruktur bis zur Stärke der Mannschaften. Auch die
kleinen Clubs können gut Fußball spielen. Irgendwie ist das für mich eine
neue Fußball-Welt."
Frage: Wie wichtig sind diese Erfahrungen für Ihre persönliche
Entwicklung?
Janko: "Ich war immer schon ein Freund der These, je
mehr man gefordert wird, desto besser. Außerdem ist es generell eine
Horizont-Erweiterung, eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Wir
werden noch sehen, wo die Reise hingeht."
Frage: Kann man als österreichischer Kicker sein Potenzial nur im
Ausland ausreizen?
Janko: "Ich möchte nicht über jemanden
richten, der nicht den Sprung ins Ausland wagt und auch nicht jenen Kickern
die Qualität absprechen, die in Österreich spielen. Auf der anderen Seite
bin ich der Meinung, dass man sich im Ausland besser weiterentwickeln kann.
Es ist besser für einen Fußballer, ins Ausland zu gehen, und wenn die
Qualität des Einzelnen steigt, steigt die Qualität der Gruppe, in diesem
Fall die Qualität des Nationalteams."
Frage: Können Spiele in internationalen Bewerben wie in der
Europa-League-Gruppenphase fehlende regelmäßige Einsätze in einer Top-Liga
kompensieren?
Janko: "Es ist besser, als wenn man nur national
spielt. Jede internationale Erfahrung bringt einen weiter. Aber die
österreichische Liga ist ausbaufähig, und daran wird sich schwer etwas
ändern. Es mangelt an Geld und Sponsoren, was wiederum an der Attraktivität
liegt."
Frage: Wie könnte man die österreichische Liga attraktiver machen?
Janko:
"Dafür habe ich auch keine Lösung parat. Ich bin für eine Aufstockung der
Liga, vor allem aber für ein Überdenken des Terminplans. Das setzt aber
voraus, dass man in Österreich Strukturen wie eine Rasenheizung bei jedem
Profi-Club installiert. Es ist Wahnsinn, so wie derzeit in Österreich im
Sommer nur zwei Wochen Urlaub zu haben."
Frage: Wie sehr trifft Ihrer Meinung nach Red Bull Salzburg das
neuerliche Verpassen der Champions League?
Janko: "Das trifft
nicht nur die Salzburger, sondern auch mich persönlich hat es frustriert.
Ich habe mich sehr geärgert, dass sie es in Tel Aviv nicht geschafft haben,
zumal sie einen Elfer hätten bekommen müssen. Ich habe meinen Ex-Kollegen
die Daumen gedrückt, immerhin haben sie als Trostpflaster sehr gute Vereine
in der Europa League zugelost bekommen."
Frage: Könnte Mateschitz nach dem neuerlichen Champions-League-Out
die Lust an Salzburg verlieren?
Janko: "Das glaube ich nicht.
Außerdem ist es ein offenes Geheimnis, dass sein langfristiges Ziel nicht
Österreich sein kann, sondern das Hauptaugenmerk in Leipzig liegt. Deswegen
wird seine langfristige Strategie mit den jetzigen Ergebnissen wenig zu tun
haben."
Frage: Was halten Sie von seinem Plan, Salzburg in mittlerer Zukunft
gleichsam als verstärkte U21 zu führen und sich voll auf Leipzig zu
konzentrieren?
Janko: "Die Philosophie, einen Plan zu schaffen
und an einem langfristigen Ziel zu arbeiten, ist sehr überlegt und clever.
Sollte Leipzig in die Bundesliga kommen, halte ich es für eine gute Idee,
Talente in Salzburg zwischenzuparken und dann weiterzugeben."
Frage: Wie sehr würde es schmerzen, wenn Salzburg aufgrund der
UEFA-Sponsoren-Regelung nicht mehr im Europacup spielen könnte, sobald sich
Leipzig für einen internationalen Bewerb qualifiziert?
Janko:
"Das wäre bitter. Vielleicht findet sich noch ein Weg, um das zu übergehen."
Frage: Mit welchen Gefühlen werden Sie am Dienstag in Salzburg
einlaufen?
Janko: "Ich hatte hier eine wunderschöne Zeit, bin
hier quasi großgeworden und habe den Sprung ins Team geschafft. Die Leute
sind mir ans Herz gewachsen, es ist ein Gefühl des Nach-Hause-Kommens."