Randale nach Rapid-Match
U-Haft für Ex-Ultras-Chef aufgehoben
09.04.2014
Wiener OLG ordnete bereits Ende März sofortige Enthaftung von Oliver P. an.
Bemerkenswerte Entwicklungen gibt es bei den Ermittlungen der Justiz nach den Ausschreitungen im Hanappi-Stadion vom 7. September 2013. Das Wiener Oberlandesgericht (OLG) hat - wie am Mittwoch bekannt wurde - am 31. März die sofortige Enthaftung von Oliver P.
, dem Ex-Chef der Rapid-"Ultras", angeordnet, da bei diesem "keine ausreichenden Anhaltspunkte" für ein strafbares Verhalten vorliegen.
Der 32-jährige P. war Anfang Februar gemeinsam mit vier weiteren Rapid-Fans in U-Haft genommen worden. Die Staatsanwaltschaft Wien, die im Zusammenhang mit den Randalen nach einem Match zwischen Rapid und dem 1. FC Nürnberg gegen insgesamt 46 Personen wegen Landfriedensbruchs, Körperverletzung, gefährlicher Drohung, Widerstands gegen die Staatsgewalt und schwerer Sachbeschädigung ermittelt, ging bei den fünf von einer führenden Beteiligung aus. Während die übrigen mutmaßlichen Rädelsführer nach einiger Zeit gegen gelindere Mittel enthaftet wurden, blieb Oliver P. in U-Haft, durfte diese ab Mitte März aber wenigstens in Form des elektronisch überwachten Hausarrests
zu Hause absitzen.
Einspruch der Staatsanwaltschaft als "Eigentor"
Die zuständige Staatsanwältin schoss sich ein Eigentor, als sie die Entscheidung des Wiener Straflandesgerichts bekämpfte, das Oliver P. die Fußfessel genehmigt hatte. Nun hatte nämlich das OLG die Beweislage zu prüfen, und ein Drei-Richter-Senat unter Vorsitz von Richter Dietmar Krenn machte sich - offensichtlich im Unterschied zu sämtlichen zuvor mit der Sache betrauten Justizvertretern - die Mühe, nicht nur die Standbilder aus den Überwachungskameras zu betrachten, die den Ex-"Ultras"-Chef belasten sollten.
Das OLG sichtete die gesamte DVD mit dem Videomaterial und gelangte zum Schluss, die Videosequenzen ließen keine Rückschlüsse "auf ein von der Staatsanwaltschaft angenommenes gewaltsames bzw. tätliches Vorgehen des Beschuldigten" zu. Zwar spreche Oliver P. "mit einer gewissen Bestimmtheit" mit einem Ordner, "ein 'Stoßen' oder ein im Sinn einer Körperverletzung interpretierbares 'Attackieren' findet jedoch nicht statt", heißt es in dem mit 31. März datierten OLG-Beschluss.
"Provokation kein strafrechtlicher Tatbestand"
Dieser Beschluss kritisiert auch in recht deutlichen Worten das Erstgericht, das die U-Haft - wenn zuletzt auch in Form der Fußfessel - verlängert und Oliver P. ein "Wegstoßen" bzw. "Provozieren" des Ordners unterstellt hatte. Eine Provokation sei noch kein strafrechtlicher Tatbestand, das angebliche Wegstoßen habe nicht einmal der betroffene Ordner selbst behauptet, bemerkt das OLG. Ein Zusammenhang zwischen Oliver P. und einer Verletzung des besagten Ordners, der später von einer Glasflasche getroffen wurde, sei "weder ersichtlich noch behauptet" worden.
Wollte Oliver P. Situation deeskalieren?
"Zu keinem Zeitpunkt des Videoverlaufs entsteht der Eindruck gewaltbereiter Aggressivität des Beschuldigten", hält das OLG fest. Die DVD vermittle vielmehr "den Eindruck der vom Beschuldigten behaupteten deeskalierenden Haltung". Fazit des OLG: "Insgesamt liegen daher ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme einer von Oliver P. begangenen Körperverletzung, für seine Rädelsführerschaft und damit dringenden Tatverdachts in Ansehung der möglichen Annahme der Qualifikation des Landfriedensbruchs nicht vor".
Die Entscheidung des OLG hat bei Verteidiger Marcus Januschke, der Oliver P. vertritt, Genugtuung ausgelöst. Januschke hatte stets darauf hingewiesen, sein Mandant habe sich in diesem Fall nichts zuschulden kommen lassen, sondern die Situation beruhigen wollen, indem er sich gerade einmal drei Minuten lang in der Menschenmenge aufhielt. Danach habe er sich zurückgezogen.
Wie Januschke am Mittwoch betonte, hält sich Oliver P. von der Fan-Szene bewusst fern, seit ihm in der Vorwoche auf Basis des OLG-Beschlusses die Fußfessel abgenommen wurde. Das Derby am vergangenen Wochenende habe Oliver P. daheim vor dem Fernseher verfolgt.