Fußball-EM

Ukrainer trotzen Krieg: "Jeder wird Flagge sehen"

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Die Osteuropäer sind unter strengen Sicherheitsvorkehrungen in Hessen einquartiert. Mit dem Linzer Talowjerow ist sogar ein Österreich-Legionär mit dabei.

Für die Ukraine ist das Antreten bei der EM auch ein symbolischer Sieg. "Jeder wird unsere Flagge sehen. Die Ukraine strebt danach, der europäischen Familie beizutreten. Deshalb ist es wichtig, hier zu sein mit den besten Teams des Kontinents", sagte der Trainer des Nationalteams, Serhij Rebrow. Beim Turnier in Deutschland ist Russlands Angriffskrieg für die ukrainischen Spieler zwar einige Hundert Kilometer Luftlinie entfernt. Auswirkungen auf das Drumherum hat er trotzdem.

So hatte Deutschlands Bundesinnenministerin Nancy Faeser angekündigt, das ukrainische Team besonders zu schützen. Das EM-Quartier der Osteuropäer befindet sich in der hessischen Stadt Taunusstein. Aufgrund der verschärften Sicherheitslage und der Fokussierung auf die sportlichen Aspekte sind keine gemeinsamen Aktionen möglich. Es wird versucht, den Gästen den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen. Der Krieg lässt die Profis aber nicht los. "Das Härteste ist, in der Früh die Nachrichten zur Lage in der Heimat zu lesen", berichtete Mittelfeldspieler Taras Stepanenko vor dem Testspiel gegen Deutschland (0:0) am vergangenen Montag.

Zerstörung und Leid haben die Bedeutung des Fußballs für die ukrainische Bevölkerung verblassen lassen. "Leider ist Fußball nicht mehr die Nummer eins", meinte Rebrow. Bis vor etwa 28 Monaten war dies noch der Fall. "Jetzt müssen wir uns mit anderen Dingen beschäftigen", so der ehemalige Stürmer von Dynamo Kiew, Tottenham oder West Ham. Ein baldiges Ende ist nicht in Sicht. Die EM sehen die Ukrainer als Möglichkeit, ihr Land zu repräsentieren. Und "unseren Verteidigern" willkommene Ablenkung zu liefern, meint Rebrow mit Blick auf den ukrainischen Abwehrkampf.

Gruppengegner: Belgien, Rumänien und Slowakei

Sportlich treffen die "Gelb-Blauen" (Schowto-blakytni) in der Gruppenphase auf Belgien, Rumänien und die Slowakei - ein zweiter Platz und der damit verbundene sichere Einzug in die K.o.-Phase sind angesichts der Konstellation machbar. Der Startschuss ins Turnier fällt am 17. Juni gegen die Rumänen.

Die Hoffnungen ruhen auf den Premier-League-Stars Mychajlo Mudryk von Chelsea und Oleksandr Sintschenko von Arsenal. Girona-Stürmer Artem Dowbyk wurde in Spanien Torschützenkönig, beim Überraschungsdritten steht auch Flügelspieler Viktor Zygankow unter Vertrag. Mit Andriy Lunin von Champions-League-Sieger Real Madrid hat die Ukraine einen starken Keeper, auch Anatoliy Trubin ist bei Benfica Lissabon im Tor gesetzt. Aus Österreichs Bundesliga schaffte es Verteidiger Maksym Talowjerow vom LASK ins Aufgebot. Noch immer dabei ist Ex-Starspieler Andriy Jarmolenko (34), der nun bei Dynamo Kiew spielt.

Offen ist, ob die Spieler die Situation in ihrer Heimat während der EM ausblenden können. Für die Ukrainer ist es das erste Großturnier seit dem russischen Einmarsch. Das 0:0 gegen Deutschland in Nürnberg wertete Rebrow als Beleg für den Willen seiner Mannschaft. "Es ist sehr wichtig, dass die Ukrainer gesehen haben, wie wir auf dem Fußballplatz kämpfen." Er zeigte sich "dankbar, dass die Spieler den Geist unserer Nation vermittelt haben".

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