Die Schweiz ist nach einem wilden Schlagabtausch mit Serbien zum dritten Mal nacheinander ins Achtelfinale einer Fußball-WM eingezogen. 2014 und 2018 war dort allerdings Endstation, heuer seien die Eidgenossen aber ''noch nicht fertig'', betonte Teamchef Murat Yakin.
Das Team träumt groß. "Die Spieler haben das Ziel Geschichte zu schreiben", ergänzte Yakin nach dem politisch aufgeladenen und brisanten Duell mit Serbien, das auch dieses Mal Diskussionsstoff brachte. Sportlich gesehen hatte es das Spiel durchaus in sich. Die über 41.000 Zuschauer in Doha bekamen eine äußerst intensive und höchst unterhaltsame Partie mit zwei Führungswechseln, elf gelben Karten und am Ende jubelnden Schweizern und bitterenttäuschten Serben zu sehen. Das Spiel war aber nicht nur sportlich, sondern auch wegen seiner Vorgeschichte brisant. Beim WM-Duell in Russland vor viereinhalb Jahren hatten die Schweizer Torschützen Granit Xhaka und Shaqiri mit ihrem Doppeladler-Jubel für einen Skandal gesorgt.
Auch diesmal gab es dank zweier Aktionen von Xhaka Diskussionsstoff. Der Arsenal-Profi zeigte eine obszöne Geste in Richtung serbischer Bank und eine doppeldeutige Trikot-Aktion, die auch als Botschaft für die Unabhängigkeit des Kosovo verstanden werden kann. Xhaka zog noch auf dem Rasen das Trikot seines jungen Teamkollegen Ardon Jashari über.
Für Brisanz sorgte die Aktion, da Jashari auch der Name eines Unabhängigkeitskämpfers ist, der als Symbolfigur des militärischen Widerstands gegen die Serben gilt. Bei einer Operation serbischer Polizisten und Spezialkräfte kamen Adem Jashari und ein Großteil seiner Familie 1998 ums Leben. Laut Xhaka handelte es sich aber definitiv um keine politische Botschaft: "Ich habe ihm vor dem Spiel gesagt, dass ich sein Trikot anziehe, wenn ich ein Tor schieße oder wir gewinnen."
Drittes Vorrunden-Aus für Serbien
Nach dem Abpfiff gab es aber faire Glückwünsche, diese nahm Nati-Teamchef Yakin freudig entgegen, die Erleichterung sah man ihm deutlich an. "Wir haben uns diesen Sieg absolut verdient", sagte er. Jetzt müsse man den Moment auskosten, denn im Fußball lebe man genau für diese Momente. Zum Feiern bleibt den Eidgenossen allerdings nicht viel Zeit, bereits am Dienstag warten im Achtelfinale die Portugiesen um Cristiano Ronaldo. "Portugal wird nicht gerne gegen uns spielen. Ich glaube mein Team ist bereit für dieses Battle", betonte Yakin selbstbewusst.
Serbien scheiterte als eigenständiger Staat auch bei der dritten WM-Teilnahme in der Vorrunde - und das trotz hoher Erwartungen. Diese konnten auch aufgrund von mangelnder Fitness und einer löchrigen Verteidigung nicht erfüllt werden. "Wir kamen mit vielen Problemen und Verletzungen unserer Schlüsselspieler zur WM, dann war es schwierig, ein hohes Leistungsniveau an den Tag zu legen", bedauerte Serbiens Teamchef Dragan Stojkovic.
Die Südosteuropäer treten mit nur einem Punkt als Gruppenletzter die Heimreise an. Die Auftaktniederlage gegen den fünfmaligen Weltmeister Brasilien war erwart- und verkraftbar. Der Knackpunkt dürfte im Nachhinein wohl die Kamerun-Partie gewesen sein, als man einen Zwei-Tore-Vorsprung nicht über die Ziellinie brachte. Einen Vorwurf wollte Stojkovic seinen Spielern dennoch nicht machen. "Sie haben wirklich ihr Maximum gegeben", sagte er.
Schiedsrichter mit unangenehmer roten Karte
Aufgrund des Erfolges der Schweizer blieb auch das völlig überraschende 1:0 von Kamerun über Brasilien unbelohnt. Im Mittelpunkt stand dabei Vincent Aboubakar. Der Kapitän sorgte durch seinen Treffer in der Nachspielzeit für einen historischen Sieg, war über das Siegtor aber derart glücklich, dass er vergaß, verwarnt zu sein und wegen Trikot-Ausziehens Gelb-Rot sah.
Schiedsrichter Ismail Elfath war die Situation sichtlich unangenehm. Er gratulierte Aboubakar erst per Handschlag zum Tor, ehe er ihn vom Platz stellte. Doch Kameruns Kapitän war die Laune auch so nicht verdorben. "Es ist schade, dass wir ausgeschieden sind", sagte der 30-Jährige: "Aber das ist trotzdem ein besonderer Sieg." Es war schließlich der erste Erfolg einer afrikanischen Mannschaft bei einer WM-Endrunde gegen den Rekordweltmeister, und der erste WM-Sieg für Kamerun seit 20 Jahren.