Fußball
WM in Katar: "Jeden Tag stirbt ein Arbeiter"
07.10.2013
Arbeiter schuften 16 Stunden bei 50 Grad - ohne Wasser.
Die Fußball-WM 2022 in Katar kommt momentan aus den negativen Schlagzeilen nicht heraus. "Jeder Tag ohne Veränderung bedeutet, dass jeden Tag ein Arbeiter in Katar stirbt", sagte Tim Noonan, der Kommunikationschef des Internationalen Gewerkschaftsbundes (ITUC) am Montag auf einer ÖGB-Veranstaltung in Wien anlässlich des "Welttages für menschenwürdige Arbeit".
Der "Guardian" hatte in der vergangenen Woche einen alarmierenden Bericht
über die Arbeitsbedingungen in Katar veröffentlicht. Rund 44 nepalesische Gastarbeiter seien demnach in nur zwei Monaten wegen Herzinfarkten oder Arbeitsunfällen gestorben. Von Zwangsarbeit und unmenschlichen Bedingungen war die Rede.
"Moderne Sklaverei"
Das untermauerte nun Ramesh Badal, ein Anwalt, der für die nepalesische Gewerkschaft (GEFONT) tätig ist. "Es gibt keine gewerkschaftlichen Rechte in Katar, keine Tarifverhandlungen und schreckliche Arbeits- und Lebensbedingungen für die Arbeiter", sagte Badal.
Für ein weiteres großes Problem sorgt das angewendete Kafala-System, laut dem ausländische Arbeitskräfte ohne einheimischen Bürgen in Katar nicht ein- oder ausreisen dürfen, das heißt, sie werden praktisch zum Eigentum der Arbeitgeber. Das beschränkt sich nicht nur auf die Arbeiter, sondern etwa auch auf Hausangestellte oder zum Teil auch Fußballer. "Es handelt sich um moderne Sklaverei", betonte Badal.
16 Stunden Arbeit ohne Wasser
Im laufenden Jahr seien bereits mehr als 400 Arbeiter, die 16 Stunden am Tag bei zum Teil 50 Grad schuften müssen, und das ohne Trinkwasser, ums Leben gekommen. Todesursachen gebe es viele. Arbeitsunfälle aufgrund fehlender Sicherheitsvorkehrungen, sind genauso darunter wie Verkehrsunfälle oder Selbstmord. "Die Leute können nicht in ihr Land zurückkehren, es macht ihnen keine Freude mehr zu arbeiten, deshalb bringen sie sich um", sagte Badal.
Er machte sich im vergangenen Jahr vor Ort in den Behausungen der Gastarbeiter selbst ein Bild. "Viele Arbeiter teilen sich einen kleinen Raum, ohne Fenster und mit nur einer kleinen Belüftungsanlage. Zudem gibt es nur eine Toilette für 40 Personen", wies er auf die Missstände hin.
190 Euro Lohn
Ein weiteres Problem betrifft den Arbeitsvertrag. Die nepalesischen Arbeiter unterschreiben vor ihrer Reise nach Katar einen Vertrag, der ihnen einen Mindestlohn von umgerechnet 243 Euro zusichert, sie müssen dann allerdings in Katar noch einen Vertrag unterschreiben, der mehr zählt und den Lohn auf 180 oder 190 Euro sinken lässt.
Initiative zur Neuvergabe der WM
Aufgrund der zahlreichen Missstände wurde eine Initiative zur Neuvergabe der WM 2022 gestartet, unter dem Titel "Neu abstimmen - Keine Fußball-WM ohne Arbeitnehmerrechte", die auf www.rerunthevote.org unterstützt werden kann. "Die FIFA muss sich jetzt bewegen und das mit Bestimmtheit", forderte Noonan.
Der Internationale Gewerkschaftsbund (ITUC) brachte das Thema erstmals im November 2011 bei der FIFA zur Sprache. "Seitdem sind 600 Tage vergangen, es wird im Schnitt an jedem dieser Tage ein Arbeiter ums Leben gekommen sein, und es hat sich bisher nichts getan", erklärte Noonan.
"Der Weltfußballverband muss an Katar die Botschaft senden, dass dieses Land nur dann Gastgeber der WM 2022 sein darf, wenn das Land diese fundamentalen Rechte respektiert." Sollte sich nichts ändern, werden bis zum Turnierbeginn rund 4.000 Menschen in Vorbereitung auf die WM ihr Leben verloren haben, rechneten die Organisatoren der Aktion vor.